„Interkulturelle Philosophie und pädagogische Welt-Erfahrung“
Interkulturelle Fragestellungen sind gegenwärtig von bedrängender Aktualität: Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Religions- und Kulturgemeinschaften prägen den politischen Diskurs sowohl international als auch innerhalb einzelner Nationen. Entsprechend gefragt sind wissenschaftliche Kenntnisse über andere Kulturen, ihre Glaubensvorstellungen, Sitten und Traditionen. Aber was kann die Philosophie dazu beitragen?
Aufgabe einer Philosophie der Interkulturalität ist es zuallererst, die Dimension der Interkulturalität auszuweisen. Was ist vorausgesetzt, damit sich Kulturen überhaupt in ihrer je eigenen Wirklichkeit begegnen und erfahren können? Neben einer kritischen Diskussion des Kulturbegriffs rückt die Analyse der Dimension der Interkulturalität dabei vor allem den Begriff der „Welt“ ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Der griechisch-abendländischen Tradition zufolge leistet gerade die Philosophie den Schritt über die Partikularität kultureller Lebenswelten hinaus zur Universalität der einen Welt. Findet die interkulturelle Begegnung also auf dem Boden der Philosophie griechisch-abendländischer Provenienz statt? Oder gibt es eine Dimension, in der auch die Entdeckung von Welt nur einen Beitrag zum Gespräch verschiedener Traditionen darstellt? Wenn die Dimension der Interkulturalität den durch die Philosophie eröffneten Weltbezug aber noch unterfangen soll, dann kann sie das nur tun, indem die Philosophie selber interkulturell wird.
Im Vortrag soll gezeigt werden, welche Implikationen die philosophische Reflexion auf Interkulturalität für die tagtägliche Begegnung der Kulturen hat.
Niels Weidtmann hat Philosophie, Politik und Biologie in Würzburg und an der Duke-University in den USA studiert. Promotion zur Philosophie der Interkulturalität bei Heinrich Rombach. Anschließend war er einige Jahre Mitarbeiter der Studienstiftung des deutschen Volkes und Wissenschaftlicher Referent im Bundespräsidialamt. Seit 2006 ist er Wissenschaftlicher Leiter des Forum Scientiarum der Universität Tübingen. Forschungsschwerpunkte: Interkulturelle Philosophie, Phänomenologie und Hermeneutik, Strukturphilosophie und Wissenschaftsphilosophie. Autor des Buches Interkulturelle Philosophie. Aufgaben – Wege – Dimensionen (Tübingen 2016). Zahlreiche Publikationen in den Gebieten der Interkulturellen Philosophie und Phänomenologie. Herausgeber dreier Publikationsreihen (Tübinger Zeitdiagnosen, Antike Studien und Interdisziplinäre Forschungsarbeiten am Forum Scientiarum).