Promotionsverbund "Die andere Ästhetik"

Promotionsverbund

Die andere Ästhetik. Reflexionsfiguren der Künste in der Vormoderne

Gefördert durch Landesmittel Baden-Württemberg (2014–2017).

Fragen der Ästhetik wurden in jüngster Zeit aus einem Grenzbereich heraus diskutiert, in dem sich Evolutionstheorie, Neurowissenschaften und literarische Anthropologie überlagern. Ästhetische Praktiken gehören, so das Forschungsresultat der methodischen Symbiose, zu den biologisch verankerten Grunddispositionen des Menschen. Kunst ist demnach immer schon eine evolutionäre Errungenschaft des Menschen. Dies jedoch widerspricht diametral dem Master-Narrativ ästhetischer Theoriebildung: der idealistischen Ästhetiktheorie. Diese versteht unter ,eigentlicher’ Kunst ,autonome’ Kunst und setzt deren Kulminationspunkt in der Sattelzeit um 1800 an.
Mit dem ästhetischen Autonomieanspruch ist somit ein teleologisches Denkmodell verbunden. Das Forschungsvorhaben knüpft an die evolutionstheoretisch begründete Alternative zu diesem Ansatz an, kritisiert jedoch doppelt: Wo der autonomieästhetischen Erfüllungserzählung alles Historische zur reinen Vorgeschichte bzw. Nachgeschichte werden muss, droht der evolutionstheoretische Ansatz in der Konzentration auf die Kunst als menschliches Grundvermögen die diachrone Varietät der Künste zu nivellieren. Gesucht wird damit eine ,andere’ Ästhetik, die zwischen anthropologischer Konstanz und historischer Varietät vermitteln kann, ohne sich dabei an den Vorgaben des idealistischen Master-Narrativs auszurichten.
Angesetzt wird dabei nicht bei einer gegenläufigen Theorie, sondern bei den ästhetischen Reflexionen, die der Kunst bzw. den Kunstwerken selbst eigen sind. Für die verschiedenen Formen, Typen und Topoi ästhetischer Selbstreflexion prägt das Projekt den Begriff der ,ästhetischen Reflexionsfigur’ und etabliert ihn als interdisziplinäres Forschungskonzept. Auf seiner Basis soll eine ,andere’ Ästhetik in ihren Erscheinungsformen, Funktionen und soziokulturellen Bedeutungen erschlossen werden.

Sprecherin:
Prof. Dr. Annette Gerok-Reiter

Universität Tübingen
Deutsches Seminar
Wilhelmstraße 50, Raum 411
D-72074 Tübingen

 +49 (0)7071 29-72403
a.gerok-reiterspam prevention@uni-tuebingen.de

Die im Promotionsverbund begonnene Arbeit an einer ‚Anderen Ästhetik' wird seit dem 01.07.2019 im SFB 1391 weitergeführt.