Slavisches Seminar

Über KOSME

Motivation

Die Osteuropaforschung hat in den letzten Zeiten starke Verwerfungen durchlebt. Bereits anlässlich der Annexion der Krim im Jahr 2014 und der 2020er Protestbewegung in Belarus stellte sich heraus, dass Sprach- und Regionalkompetenzen jenseits von Russland lange vernachlässigt worden waren. Der vollumfängliche russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat dieses Problem weiter zugespitzt, indem er aufzeigte, dass viele Wissenschaftler:innen im Bereich der Slavistik und der Osteuropäischen Geschichte durch ihre Ausbildung und ihre Arbeit in Bezug auf Russland sozialisiert sind. Seit einiger Zeit arbeitet die Osteuropaforschung deshalb daran, die Situation zu verbessern. In den Bereichen Forschung, Lehre und Öffentlichkeitsarbeit wird ‚dekolonisiert‘; der Forschungsschwerpunkt wird also von Russland, das lange als politisches Zentrum des osteuropäischen und slavischen Raumes galt, hin zu den Peripherien verlagert. Insgesamt betrachtet erlebt die Osteuropaforschung derzeit also eine überfällige Diversifizierung ihrer Forschungsbereiche, was auch eine interdisziplinäre Erweiterung notwendig macht.

Die Situation an der Universität Tübingen hat sich in diesem Kontext als besonders günstig erwiesen, da hier bereits an den verschiedensten Bereichen des ost-, südost-, und mitteleuropäischen Raums geforscht wird. Diese Forschung und Lehre ist in verschiedenen Fakultäten, Instituten und Fachbereichen angesiedelt: 

Darüber hinaus beheimatet das durch einen Kooperationsvertrag verbundene außeruniversitäre Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde nennenswertes Expertise für Südosteuropäische Geschichte, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaft und Germanistik. 

Das Kompetenzzentrum für Ost-, Südost- und Mitteleuropa (KOSME) möchte diesem breit gefächerten Spektrum an Wissenschaftlern mit Interesse am ost-, südost- und mitteleuropäischen Raum sowie den Regionen des Baltikums, des Kaukasus und Zentralasiens eine interdisziplinäre Anlaufstelle geben, um Sprach- und Raumkompetenzen zu bündeln, Expertise über den zu erforschenden Raum zu vermitteln und neue wie bestehende Netzwerke gewinnbringend zu erweitern. Einen Vorreiter für diesen interdisziplinären Ansatz in der Tübinger Osteuropaforschung stellt die vom Slavischen Institut und dem Institut für Osteuropäische Geschichte 2022 ins Leben gerufene Vortragsreihe Brennpunkt Ukraine dar.