Institut für Klassische Archäologie

Wintersemester 2016/17

26.10.2016 - Dr. Holger Baitinger (Mainz)

Vom Wert der Objekte: Zum Transfer und zur Weihung von Brucherz in Sizilien und Griechenland in archaischer Zeit.

Die Untersuchung umfangreicher Kleinfundbestände auf Sizilien hat in den letzten Jahren neue Erkenntnisse über die Kontakte griechischer Kolonisten zu indigenen Gruppen Innersiziliens, aber auch zu weit entfernten Regionen des Mittelmeerraums erbracht. Sie scheinen zu belegen, dass in archaischer Zeit im mediterranen Raum in großem Stil „Brucherz“ zirkulierte, intentional zerstückelte Buntmetallobjekte, die sowohl als Wertspeicher wie als Tauschmedium dienen konnten, aber auch in Heiligtümern geweiht und deponiert wurden. Die Ergebnisse auf Sizilien werfen auch neues Licht auf Votivgaben aus Heiligtümern des griechischen Mutterlands wie Olympia, wo Objekte aus Sizilien und Unteritalien in großer Zahl zutage gekommen sind.

09.11.2016 - Prof. Carrie Murray (St. Catharines)

Questioning Sanctuaries and Divinities: The Investigations at the Punic and Rome site at Lago di Venere, Pantelleria.

The new Brock University Archaeological Project at Pantelleria (BUAPP) began in the summer of 2014. The project now focuses on the Lago di Venere area at the site of the proposed Punic and Roman sanctuary. Dr. Carrie Ann Murray, Clive Vella, Thomas Urban, and Amanda Lahikainen conducted a Ground Penetrating Radar (GPR) survey. GPR successfully worked in the difficult conditions of the highly volcanic soil. The results of the survey demonstrated that substantial amounts of buried architecture and other anthropomorphic features exist in the fields surrounding the proposed sanctuary.

16.11.2016 - Dr. Birgit Öhlinger (Innsbruck)

Kult und Ritual im archaischen Sizilien aus indigener Sicht.

Im Zuge der sog. großen griechischen Kolonisation im 8. und 7. Jh. v. Chr. und den damit einhergehenden Migrationsbewegungen der Griechen entwickelte sich Sizilien als größte Insel des Mittelmeerraums zu einem zentralen Schauplatz von heterogenen interkulturellen Kontakten und Begegnungen. Diese hinterließen im Laufe der Zeit, spätestens aber ab dem fortgeschrittenen 6. Jh. v. Chr., in unterschiedlichsten Lebensräumen und Aktionsfeldern der indigenen Bevölkerungsgruppen ihre Spuren und setzten vielschichtige Transformationsprozesse in Gang, die nicht zuletzt auf das soziale Feld der Religion innerhalb der lokalen Gemeinschaften einwirkten. Eben diese Entwicklungsprozesse an binnenländischen Kultorten sollen im Vortrag beleuchtet werden, wodurch neue Einblicke in das Spannungsfeld zwischen Kulturkontakt, Konsum, Religion und lokaler Machtbildung ermöglicht werden.

23.11.2016 - Dr. Nina Willburger (Stuttgart)

Bedeutung und Wirkung römischer Objekte aus der Kunstkammer der Herzöge von Württemberg

Im Rahmen des von der DFG geförderten Projekts „Die Kunstkammer der Herzöge von Württemberg. Erforschung von Bestand, Geschichte und Kontext“ wurden auch die römischen Zeugnisse eingehend untersucht, die ab dem 16. Jahrhundert in die Kunstkammer Eingang gefunden haben. Beim Gros der Objekte handelt es sich um Steindenkmäler aus dem Württemberger Gebiet. Im Vortrag werden die Geschichte, die Bedeutung und der Kontext der Antiken und deren Rezeption vorgestellt.

30.11.2016 - Dr. Rudolf Känel (Augst)

Am Ursprung der Campanareliefs: Etruskisch-italische Wohnhäuser des 2. und 1. Jhs. v. Chr. und ihr Bauschmuck aus Terrakotta

Erst in den 1980er-Jahren erbrachten archäologische Ausgrabungen den Nachweis, dass die Ausstattung etruskisch-italischer Wohnhäuser mit Verkleidungselementen aus Terrakotta seit dem frühen 2. Jh. v. Chr. eine geläufige Praxis war. Die reliefverzierten, meist aus Matrizen gefertigten Bauteile, die hauptsächlich die Dachöffnung im Atrium einfassten, sind von speziellem Interesse: Zum einen veranschaulichen sie einen wichtigen Aspekt der privaten Baudekoration im spätrepublikanischen Italien, zum anderen werfen sie ein neues Licht auf den Ursprung der Campanareliefs, die bezüglich Thematik und Stil einen Entwicklungssprung markieren, in funktionaler und technischer Hinsicht jedoch direkt an die lokale Tradition anknüpfen.

07.12.2016 - Dr. des. Anne Kleineberg (Kiel)

Kaiserliche Bildnisbüsten römischer Zeit. Funktion - Kontext - medialer Charakter.

Die Bildnisse des römischen Kaisers und der Angehörigen des Kaiserhauses waren in verschiedenen Medien omnipräsent. Dabei ist die frei stehende, rundplastische Bildnisbüste in der römischen Kaiserzeit die zweithäufigste Darstellungsform nicht nur für die Kaiser und deren Angehörige, sondern auch für römische Bürger. Bis heute ist nicht untersucht, wie sie verwendet wurde und welches spezifische Repräsentationspotenzial ihr zukam

Durch die Dissertation liegt für die Büsten der männlichen Angehörigen des Kaiserhauses erstmals eine systematische Untersuchung vor. Sie nimmt durch eine typologisch-ikonographische, vor allem aber medienspezifische Analyse die Funktion und Bedeutung der frei stehenden Büste als neben der Bildnisstatue wichtigster, kaiserlicher Repräsentationsform in den Blick.

14.12.2016 - Prof. Dr. Christian Kunze (Regensburg)

Winckelmann-Vortrag

Original und Kopie. Zur Entstehung des Kopistenwesens in der späthellenistischen Skulptur.

Die Herstellung genauer Kopien nach älteren Bildwerken und – damit verbunden – eine serielle Produktionsweise von Skulpturen zählt zu den markantesten und folgenreichsten Neuerungen der späthellenistischen Kunst. Der Beginn dieses neuen Produktionsverfahrens wird in der Forschung üblicherweise – und sicher zu recht – in das spätere 2. Jahrhundert vor Christus datiert. Unklar bleibt jedoch, aus welchen Gründen und aufgrund welcher veränderten Interessen im damaligen Griechenland diese neue Herstellungsweise von Skulpturen entwickelt worden ist, die dann bis in die Spätantike gebräuchlich blieb. Eine genauere Betrachtung der ältesten uns erhaltenen Kopien und deren Verwendungskontexte kann hier neue und überraschende Antworten liefern.

11.01.2017 - Prof. Dr. Jonathan Prag (Oxford)

Sicily in the late Hellenistic period: historical challenges and epigraphic perspectives.

Writing the history of Sicily in the period of the last two centuries BC presents significant challenges, both because of the traditional historiographical narrative of subjection and decline under Roman rule, and because of the absence of strong historical narrative after the Roman conquest. The first part of this paper assesses the current state and direction of study of Sicily in the ‘late Hellenistic’, particularly in light of the increasing evidence of archaeology. The second part of this paper focuses upon the epigraphic evidence from the island of Sicily, in particular for the same period of Sicilian history, but also more broadly, presenting a new project – I.Sicily – which aims to publish online all the stone inscriptions from ancient Sicily.

25.01.2017 - Prof. Dr. Martin Guggisberg (Basel)

Einheimische und Griechen in Süditalien: Die eisenzeitliche Nekropole von Francavilla Marittima bei Sybaris, Kalbrien.

Das am Golf von Tarent gelegene Francavilla Marittima spielt als Etappenort und Anlaufstelle von Seefahrern, Händlern und Siedlern seit dem Beginn des 1. Jahrtausends v. Chr. eine wichtige Rolle im Rahmen der griechischen Expansion in den westlichen Mittelmeerraum. Anhand des reichen Fundmaterials aus der Siedlung, einem Heiligtum auf der Akropolis und der Nekropole lässt sich der Prozess der kulturellen Interaktion zwischen der einheimischen Bevölkerung und den Migranten aus der östlichen Mittelmeerwelt exemplarisch beleuchten, der mit der Gründung von Sybaris um 720 v. Chr. eine jähe Zäsur erfuhr. Ausgrabungen der Universität Basel in der Nekropole zeugen von der Vielfalt der individuellen Reaktion auf die Begegnung mit dem Fremden, die von traditionsbetonter Resistenz bis zur zukunftsorientierten Aneignung neuer kultureller Lebensformen reicht.

08.02.2017 - Prof. Dr. Torsten Mattern (Trier)

Kleonai (Peloponnes). Forschungen in einer Stadt des 'Dritten Griechenlands'.

Die antike Polis Kleonai liegt etwa 20 km südwestlich von Korinth auf der Peloponnes. Sie war die Begründerin und Ausrichterin der nemeischen Spiele, geriet aber seit der Klassik in die Abhängigkeit von Argos. Derartige Kleinstädte des sog. 'Dritten Griechenlands' (Gehrke) werden heute nur wenig wahrgenommen, weil sie in den Quellen kaum Niederschlag gefunden haben. Erstaunlicherweise konnten in Kleonai aber mehrere ungewöhnliche Bauten gefunden werden, welche die Innovationsfreude kleiner Orte zeigen, die unbelastet der Bürde einer großen Tradition eigene Wege gehen konnten. In dem Vortrag soll ein Überblick über die Forschungen der letzten Jahre gegeben werden.