Sommersemester 2017

Mittwochs, 18 c.t. Seminarraum 165, Schloss Hohentübingen

26.04.2017 PD Dr. Jochen Griesbach (Würzburg)

Römische 'Staatsreliefs' und die Macht der Bilder im Osten

Angesichts der Frage "Was ist eigentlich römisch an der antiken Kunst?" wird gerne auf die sog. Staatsreliefs und ikonographisch affine Medien verwiesen, in denen ein Kanon genuin römischer (Herrscher-) Tugenden bzw. Wertbegriffe im Zentrum der Inhalte und Botschaften steht. Entsprechend würde man erwarten, dass der römische Staat solche Bilder bevorzugt als Mittel der Propaganda eingesetzt hätte, um die Provinzen des Reiches auf die Sichtweise der Machtzentrale einzuschwören. Ein Blick auf Denkmäler im hellenistisch geprägten Osten, die konventionell als 'Staatsreliefs' eingestuft werden, weckt allerdings Zweifel daran. In auffälliger Weise wird hier in der Darstellung des römischen Kaiserhauses griechischen Sehgewohnheiten Rechnung getragen. Eine Analyse der Gemeinsamkeiten und Differenzen dieser Denkmäler im Osten soll einen Beitrag dazu leisten, die Funktionsweise der verschiedenen Medien römischer Kaiserverherrlichung aus einer veränderten Perspektive wahrzunehmen und zu überdenken.

03.05.2017 Prof. Dr. Stefan Feuser (Kiel)

Überlegungen zur baulichen Gestaltung und Ästhetik von Hafenstädten

In allen Epochen der Menschheitsgeschichte waren die Küstenabschnitte Orte intensiver Siedlungstätigkeit. Vor allem die großen, architektonisch aufwändig gestalteten Hafenstädte waren die entscheidenden Schnittstellen zwischen den Lebensräumen Land und Wasser. Während die wirtschaftliche Bedeutung von Hafenstädten als Teil der mittelmeerweiten Austauschsysteme aktuell im Fokus der Forschung steht, wird die städtebauliche Gestaltung nur am Rande betrachtet. In welcher Form prägten aber die geographische Lage und die Funktion als wichtige verkehrsgeographische Schnittstelle die städtische Physiognomie? Wie wurde die Küstenlinie architektonisch und ästhetisch in den Stadtraum integriert? Diesen und weiteren Fragen wird der Vortrag exemplarisch nachgehen.

10.05.2017 Dr. Matthias Grawehr (Basel)

Fassaden-Hokuspokus. Bossenstil in der Architektur des Hellenismus

Architektur wird heute mit der Kamera für den Werbeprospekt ins rechte Licht gerückt: Weitwinkel, strenge Geometrie, ausgeglichene Belichtung. Diesen Blick für das Bildhafte in der Architektur gab es schon in der Antike. In der Baukunst des Hellenismus wurden Fassaden mit optischen Tricks perfekt auf den idealen Betrachterstandpunkt abgestimmt – die klassische Ordnung von Tragen und Lasten war obsolet. Neu ist, dass zu diesem bildnerischen Zweck auch unterschiedliche Fertigungsstadien von Bauelementen eingesetzt wurden, denn allzu lange verstellte das geschönte Postulat von der perfekten Antike den Blick auf solche 'Unfertigkeiten'. Im Vortrag werden verschiedene Aspekte des Bossenstils erläutert und in Beziehung zur zeitgenössischen Wahrnehmung von Architektur gesetzt.

24.05.2017 Dr. des. Camilla Colombi (Rom)

Auf der Suche nach den ‚Fürsten‘. Die etruskische Nekropole von Vetulonia in der orientalisierenden Periode.

Das Gräberfeld der etruskischen Stadt Vetulonia wurde zwischen Ende des 19. und Anfang des 20. Jh. von dem Arzt Isidoro Falchi im Rahmen einer der ersten staatlich geförderten archäologischen Unternehmungen des jungen italienischen Staates erforscht. Die dort gefundenen, reich ausgestatteten sog. ‚Fürstengräber‘ des 8. bis 6. Jh. v. Chr. machten Vetulonia zu einer der bedeutendsten Fundstellen Etruriens. Trotzdem sind die meisten Fundkomplexe bis heute nur dank der Beschreibungen des Entdeckers bekannt. Die Analyse der originalen Dokumentation und des erhaltenen Fundmaterials hat eine Rekontextualisierung der einzelnen Grabinventare und eine Überprüfung ihrer Lage ermöglicht. Eine Reihe neuer Fragen kann nun an den Befund gestellt werden: wie entwickelt sich die Nekropole zwischen der Villanova- und der orientalisierenden Periode? Inwieweit ist das Aufkommen der sog. ‚Fürstengräber‘ und einer ‚gentilizischen‘ Gesellschaftsstruktur nachvollziehbar? Welche Grenzen hat die kontextuelle Analyse eines durch Altgrabungen bekannten Gräberfeldes?

21.06.2017 Dr. des. Johannes Fouquet (Heidelberg)

Das Eigene im Fremden. Beobachtungen zur Stadtentwicklung auf der kaiserzeitlichen Peloponnes

„Die Stadtlandschaft der Peloponnes sah sich mit ihrer endgültigen Inkorporation in das imperium Romanum am Anbruch der Kaiserzeit einem tiefgreifenden Wandel ausgesetzt. Nachhaltig griffen die neugegründeten römischen coloniae in die alten Siedlungsstrukturen ein. Dagegen wurde die traditionelle Rolle der griechischen poleis als maßgebliche Bezugs- und Identifikationsgröße zwar nicht grundsätzlich in Frage gestellt, aber doch neu justiert. Im Rahmen dieses Vortrages sollen grundlegende Beobachtungen zur Entwicklung dieser unterschiedlichen Formen von Urbanität auf der kaiserzeitlichen Peloponnes präsentiert und zur Diskussion gestellt werden.“

28.06.2017 Prof. Dr. Markus Trunk (Trier)

Segobriga und 'Los Bañales': römische Kleinstädte im spanischen Hinterland

Durch den 2. Punischen Krieg wurde die Iberische Halbinsel zum Teil des Imperium Romanum. Vorrömische Siedlungen der einheimischen Iberer und Keltiberer veränderten im Laufe der Zeit nachhaltig ihr Gesicht, viele erhielten römische Stadtrechte. Diese Entwicklung, die vor allem unter Augustus nachhaltig forciert wurde, soll anhand von Segobriga (Castilla-la Mancha) und ‚Los Bañales‘ (Aragón) beispielhaft aufgezeigt werden.

05.07.2017 Prof. Dr. Jean-Yves Marc (Strasbourg)
Neues aus Thasos

12.07.2017 Dr. Christoph Rummel

Mauern, Gräber und Tetrarchen - Neues zur ‚Palastanlage‘ von Felix Romuliana/Gamzigrad

Spätestens seit den 1990er Jahren wird die spätantike Befestigungsanlage bei Gamzigrad in Ostserbien allgemein als tetrarchischer Kaiserpalast interpretiert und dem Kaiser Galerius zugeschrieben. Die hier vorgestellten, im Rahmen eines deutsch-serbischen Kooperationsprogrammes durchgeführten, Forschungen ermöglichen ein deutlich differenzierteres (Un-)Verständnis der Anlage, ihres Umlands und deren Entwicklung.

19.07.2017 Dr. Katharina Meinecke (Wien)

Der Kalif als spätantiker Souverän. Herrscherrepräsentation in der Bildersprache der Umayyaden (7./8. Jh.)

Nur wenige Münzbilder und Darstellungen in Stuck und Malerei aus den sog. Wüstenschlössern in der Levante können als Bildnisse eines Kalifen der Umayyaden, der ersten Dynastie des Islamischen Reiches (661-750 n. Chr.), interpretiert werden. Diese Darstellungen entsprechen keiner uniformen, neuartigen Herrscherikonografie, sondern orientieren sich an römisch-byzantinischen und sasanidischen Vorbildern. In diesem Vortrag sollen die umayyadischen Herrscherbilder zum einen in Hinblick auf ihre möglichen Vorlagen untersucht werden, zum anderen in den weiteren Kontext der global betrachteten 'langen Spätantike' eingeordnet werden. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, was diese Motivauswahl über die Konstruktion einer umayyadischen Herrscheridentität aussagt.