20.10.2015
Bürgergesellschaft ohne Bürger. Wie zivil ist die russische Gesellschaft?
Tübinger Wissenschaftler und Heinrich Böll-Stiftung laden zum Podiumsgespräch mit der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial
Seit seinem Amtsantritt hat der russische Präsident Wladimir Putin mit seinem Konzept eines „starken Staates“ Anerkennung und Rückhalt in Russland gefunden. Die Annexion der Krim ließ 2014 seine Beliebtheitswerte noch einmal steigen, ungeachtet wachsender wirtschaftlicher und sozialer Probleme. Das offizielle politische Leben in Russland ist weiter auf die autoritäre Herrschaft Putins zugeschnitten, selbst vom Kreml unterstützte „Bewegungen“ wie der „Antimajdan“ und der Motorradclub „Nachtwölfe“ können mit ihren Mobilisierungspraktiken die Massen kaum begeistern.
Einem „starken Staat“ sollte eigentlich eine mündige Gesellschaft zur Seite stehen, die Politik nach ihren Bedürfnissen gestaltet, reformiert, kritisiert und kontrolliert. Die von den Polittechnokraten des Kremls gelenkte Propaganda, die unentwegt den „Überlebenskampf der russischen Welt“ heraufbeschwört, spaltet die russische Bevölkerung aber in „Patrioten“ und „Volksfeinde“. Die den Widerspruch wagenden zivilgesellschaftlichen Organisationen, die den sichtbaren, weil institutionalisierten Teil einer Bürgergesellschaft darstellen, werden als Bedrohung Russlands dämonisiert und immer wieder unterdrückt.
Bei einem Podiumsgespräch am Mittwoch, den 28. Oktober, um 19 Uhr Hörsaal 23 des Kupferbaus (Hölderlinstraße 5) berichten Jens Siegert, langjähriger Leiter des Moskauer Büros der Heinrich Böll Stiftung, und Arsenij Roginskij, der Vorstandsvorsitzende der bekannten russischen Menschenrechtsorganisation MEMORIAL, darüber, wie es angesichts des autoritären Politikstils um die „Zivilität“ des russischen Gemeinwesens heute bestellt ist. Die Öffentlichkeit und Medienvertreter sind dazu herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei, es ist keine Anmeldung nötig.
Das Podiumsgespräch wird von der Heinrich Böll Stiftung Baden-Württemberg in Kooperation mit dem Institut für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde und dem Sonderforschungsbereich 923 „Bedrohte Ordnungen“ der Universität Tübingen organisiert.
Kontakt:
Prof. Dr. Klaus Gestwa
Universität Tübingen
Institut für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde
Telefon + 49 7071 29- 72388
klaus.gestwa[at]uni-tuebingen.de
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