Das Institut für Ökumenische und Interreligiöse Forschung trauert um seinen Gründungsdirektor, Prof. Dr. Dr. mult. hc. Hans Küng.
Im Sommersemester 1960 beginnt Prof. Dr. Hans Küng an der Universität Tübingen zunächst als Ordinarius für Fundamentaltheologie. Im Wintersemester 1963/64 wird der Lehrstuhl für dogmatische und ökumenische Theologie und das Institut für ökumenische Forschung errichtet. Prof. Küng übernimmt als Direktor die Verantwortung für Lehre und Forschung in diesem Bereich der Theologie. Bis 1980 versieht das Institut seine Aufgaben der Lehre und Forschung innerhalb des theologischen Fachs Dogmatik. Im Vordergrund steht während dieser Zeit vor allem die innerchristliche ökumenische Forschung. Den Ertrag dokumentieren zahlreiche Publikationen von Hans Küng. 1980 entzieht Papst Johannes Paul II. Prof. Küng wegen dessen wissenschaftlich begründeten Anfragen an die Lehre von der Unfehlbarkeit des Papstes bei dogmatischen und moralischen Lehrentscheidungen die Erlaubnis als katholischer Theologe zu lehren. Nach langen Verhandlungen zwischen Universität, Ordinariat, Ministerium und Küng wird ein historischer »Tübinger Kompromiss« erzielt: Lehrstuhl und Institut für Ökumenische Forschung werden aus der Katholisch-Theologischen Fakultät ausgegliedert. Das Institut erhält den Status einer fakultätsunabhängigen Universitätseinrichtung und gewinnt dadurch für theologische und universitäre Forschungseinrichtungen einzigartige Möglichkeiten. So weitet sich die Arbeit verstärkt aus auf die Frage eines Paradigmenwechsels der christlichen Theologie zu einer Theologie des Dialogs der Religionen im umfassendsten Sinne ökumenischen Theologie. Im Sommersemester 1996 wird Prof. Küng emeritiert, bleibt aber dem Institut für Ökumenische und Interreligiöse Forschung – seither wieder Teil der Katholischtheologischen Fakultät – weiterhin aufs Engste verbunden.
In einer Würdigung von Person und Werk Hans Küngs schreibt Medard Kehl vor über 40 Jahren: „Für sehr viele Gläubige und nach dem Glauben Suchende und Fragende …, für solche, die dem Glauben interessiert oder kritisch oder zweifelnd gegenüberstehen, ist Küng zum Symbol einer offenen Kirche geworden, die fähig ist, ihre Grenzen immer wieder auf die Begegnung mit dem modernen Bewusstsein des Menschen hin zu überschreiten, ohne dabei ihre Identität zu verlieren“. Hans Küng hat auch nach dem Verlust der Lehrerlaubnis immer wieder betont, dass er sich selbst bleibend als katholischen Theologen verstand und seine Arbeit weiter als missionarischen Dienst für den Glauben und für eine Kirche gesehen hat, die ihre institutionellen Grenzen immer wieder als ‚Kirche für die anderen‘ überschreitet. Dafür gebührt ihm unser aller Dank.
Für das Institut für Ökumenische und Interreligiöse Forschung
Prof. Dr. Johanna Rahner