Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 4/2010: Forschung
Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
25 Jahre „Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität Tübingen in Reutlingen (NMI)“
Bereits seit 25 Jahren bildet das „Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut an der Universität Tübingen in Reutlingen“, kurz NMI, eine Brücke zwischen Wissenschaft und Technik. Als Stiftung gegründet soll das NMI dazu beitragen, Ergebnisse der Grundlagenforschung für die Wirtschaft nutzbar zu machen. Stifter des NMI waren 1985 die Stadt Reutlingen und zwölf größtenteils regionale Firmen.
Die auch durch den Namen des An-Instituts deutlich werdende Kooperation des NMI und der Universität Tübingen wurde erst im Jahr 2009 durch einen Kooperationsvertrag erneut unterstrichen. Besonders die Durchführung gemeinsamer Forschungsvorhaben und wissenschaftlicher Veranstaltungen, die Fort- und Weiterbildung für Mitarbeiter, aber auch die Einbindung von Mitarbeitern des NMI in die universitäre Lehre und die Möglichkeit zur Anfertigung von Abschluss- und Promotionsarbeiten am NMI waren Ziele des neuen Vertrages. „Damit setzen das NMI und die Universität Tübingen wichtige Akzente in innovativen Forschungsfeldern mit beachtlichen Zukunftschancen“, sagte Professor Dr. Bernd Engler, Rektor der Universität Tübingen, anlässlich der Unterzeichnung des Vertrages vor einem Jahr. Es solle ein weithin wahrnehmbares Signal für einen Aufbruch in eine neue Phase der Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft gesetzt werden, so Engler.
Heute zählt das NMI mit über 160 wissenschaftlichen und technischen Mitarbeitern aus verschiedensten naturwissenschaftlichen Disziplinen qualitativ zur internationalen Elite der angewandten Forschung. In den Bereichen Pharma- und Biotechnologie, Biomedizintechnik, Life Science und Materialwissenschaften entwickelt das NMI neue Techniken und transferiert diese in die Wirtschaft. „Wir können eine Brücke zwischen der Universität Tübingen und der Wirtschaft in unserem Land bilden. Die Universität und das NMI begegnen sich als Partner auf gleicher Augenhöhe zum beiderseitigen Vorteil“, lobte der Leiter des NMI, Professor Dr. Hugo Hämmerle die Kooperation bei der Vertragsunterzeichnung im vergangenen Jahr.
Das NMI setzt vor allem auf interdisziplinäre Forschung. Neben zahlreichen Veröffentlichungen, Patenten und Lizenzen zeigen auch die starken Gründingsaktivitäten den Erfolg des Instituts. Insgesamt zwölf Unternehmen wurden seit 1996 aus dem Institut heraus gegründet, standen technologisch in direktem Zusammenhang mit NMI-Entwicklungen oder nutzten das NMI und seine High-Tech-Labore als Inkubator für die Firmengründung.
Ein besonders erfolgreiches Beispiel für die angewandte Forschung am NMI stammt aus dem Jahr 1988: Das Institut präsentierte mit dem ersten Mikroelektroden-Array, kurz MEA, eine Eigenentwicklung, die weltweit zu einer der Schlüsseltechnologien der Neurowissenschaften avancierte. MEAs sind miniaturisierte Analysechips für Laboranwendungen. Auf den nur wenige Zentimeter großen Glasträgern können Zellen wachsen. Die im Glas eingebetteten Elektroden erfassen elektrische Signale einzelner Zellen, können diese aber auch elektrisch stimulieren. Die Ergebnisse dieser Forschung gingen beispielsweise in die Entwicklung elektronischer Retina-Implantate ein, die 2003 zusammen mit der Universitätsaugenklinik Tübingen zur Gründung der Retina Implant AG führte - dem heute weltweit führenden Unternehmen, das elektronische Netzhaut-Implantate anbietet. Die Implantate, die gegenwärtig erfolgreich an der Augenklinik getestet werden, erlauben blinden Menschen bis zu einem gewissen Umfang wieder eine optische Wahrnehmung.
Simona Steeger-Przytulla