Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 4/2010: Forum

Die Sammlungen des Museums der Universität Tübingen MUT (2)

Die ethnologische Lehrsammlung und ihre Ausstellung

Die im Schloss Hohentübingen beheimatete Sammlung der Abteilung Ethnologie des Asien-Orient-Instituts der Universität Tübingen umfasst etwa 4.000 Zeugnisse materieller Kultur aus Asien, Afrika, Nord- und Südamerika, Australien und Ozeanien. Beinahe die Hälfte der Objekte stammt von den Pazifik-Inseln - bedingt durch den regionalen Forschungsschwerpunkt des Sammlungsgründers Augustin Krämer (1865–1941). Als Krämer 1919 den Aufbau des Instituts für Ethnologie begann, stellte er der Universität Tübingen seine private Sammlung zur Verfügung, die er im Zeitraum von 1893 bis 1910 auf fünf Forschungsreisen zu den damaligen Südsee-Kolonien erworben hatte. Begleitet wurde er dabei ab 1906 von seiner Frau Elisabeth Krämer-Bannow (1874–1945). Ihre dokumentarische Arbeit in Form von Zeichnungen, Aquarellen und Fotografien bereichert die heutige Sammlung enorm. Zudem wurde die Lehrsammlung durch Objekte ergänzt, die das Geographische Institut zu Beginn des 20. Jahrhunderts beherbergte. Verantwortlich für die Sammlung in der Nachkriegszeit war die Ethnologin Dr. Elisabeth Gerdts-Rupp (1888–1972).

Mit dem Antritt des Sammlungskustos Dr. Volker Harms konnten ab den 1980er-Jahren wichtige Neuzugänge erworben werden. Durch Feldforschungsaufenthalte wurde die Sammlung im Bereich Südamerika und Ozeanien mit nennenswerten Stücken ergänzt, die im öffentlich zugänglichen Teil der Sammlung zu sehen sind. Die 1998 eröffnete Dauerausstellung im Südost-Turm des Museums zeigt insgesamt 100 Objekte. Neben einer Einführung in die Geschichte der Sammlung ist sie in drei thematische Bereiche gegliedert: Im ersten Teil wird die Auseinandersetzung von vier Künstlern der klassischen Moderne mit der Südseekunst dargestellt. Die elaborierte Formensprache der Malanggan-Figuren (Abbildung) aus Neuirland faszinierte beispielsweise sowohl Paul Gauguin als auch Henry Moore. In einem weiteren Themenkomplex wird die Europäisierung der Südseekulturen ab dem 18. Jahrhundert anhand der Veränderungen im Gebrauch von Rindenbaststoff, „Tapa“, betrachtet. Mit der Ornamentik von Keramiken und Textilien der Shipibo-Conibo-Indianer aus dem Amazonas-Tiefland von Peru beschäftigt sich der dritte Teil. In allen Ausstellungseinheiten werden kritische Aspekte der Kolonialgeschichte und der Begegnung mit außereuropäischen Gesellschaften thematisiert. Die Dauerausstellung kann als eine Momentaufnahme betrachtet werden, die auf den Wandel der hier repräsentierten Kulturen verweist.


In der Begegnung mit den Originalobjekten eröffnet sich dem Besucher ein Einblick auch in den immateriellen Reichtum außereuropäischer Gesellschaften. Im universitären Kontext bietet die Sammlung den Studierenden die Möglichkeit, praxisbezogene Bereiche der Ethnologie kennenzulernen.

Stefanie Hildebrand

Museum der Universität Tübingen (MUT) im Schloss Hohentübingen
Abteilung Völkerkunde
Burgsteige 11
72070 Tübingen

Öffnungszeiten: 1.05.–30.09. Mi–So 10–18 Uhr / 1.10.–30.04. Mi–So 10–17 Uhr
Erwachsene 4 Euro
Kinder, Schüler, Studenten, Rentner, Schwerbehinderte 3 Euro
Tübinger Studenten freier Eintritt

http://www.uni-tuebingen.de/museum-schloss/ethnologie.html

Begleitpublikation
Volker Harms: Völkerkunde. Fremde Kulturen verstehen. Eine Führung durch die völkerkundliche Sammlung der Universität Tübingen, Tübingen 2005.