Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2012: Forum

Historisches Gedächtnis der Universität Tübingen

Das Universitätsarchiv bewahrt alte Schriftstücke der Universität auf

Die Gründungsurkunden der Universität aus den Jahren 1476 und 1477 gehören zu den ältesten Stücken des Universitätsarchivs. Schon sei der Gründung der Universität wurden die Gründungsprivilegien und andere wichtige Dokumente in einem „Schatzarchiv“ sicher verwahrt, erst in der Sakristei der Stiftskirche, seit 1549 in einem Gewölbe unter der „Aula Nova“, der heutigen „Alten Aula“. Im Jahr 1865 wurde das Archiv der Universitätsbibliothek übergeben, um es für historische Forschungen zugänglich zu machen. Im Bonatzbau der UB ist es noch heute untergebracht, untersteht aber seit 1964 unmittelbar dem Rektor.


Der Gesamtumfang der Bestände beläuft sich mittlerweile auf 4600 laufende Meter. „Das Archiv ist das Langzeitgedächtnis der Universität Tübingen“, erklärt Archivdirektor Michael Wischnath, Leiter des Universitätsarchivs. Er ist Hüter über reiche Bestände an Urkunden, Matrikeln, Protokollen, Akten, Gelehrten-Nachlässen und universitätshistorischen Sammlungen. Nicht nur die Universitätsverwaltung und die Dekanate greifen immer wieder auf „alte Akten“ zurück. Auch der allgemeinen Öffentlichkeit steht das Archiv offen, denn vor allem dient es der historischen Forschung. „Von dort kommen die meisten Anfragen“, sagt Wischnath. „Da es zum Beispiel um die Biografien der Rabbiner in den deutschsprachigen Ländern, um Wissenschaftlerkarrieren oder die Geschichte einzelner Disziplinen und Institute.“ Stark nachgefragt war in den in den letzten Jahren die Geschichte der Universität in der Zeit des Nationalsozialismus.

„Unsere Bestände sind teilweise sehr intensiv erschlossen und zu den meisten Fragen können wir rasch eine vernünftige Antwort liefern“, sagt Michael Wischnath. Die kurioseste Anfrage etwa kam von einem Geologen: Vor der Verwendung von Löschpapier wurde Streusand benutzt, um Tinte aufzusaugen. Diluviale Flugsande oder Flußsande, das war die Frage. Wischnath löste das Problem, indem er aus der Gutachtensammlung der juristischen Fakultät den Sand von Jahrhunderten herausschüttelte und dem Geologen zur Untersuchung weitergab.


Die Tübinger Juristengutachten zählen übrigens zu den bedeutenden Beständen. Sie sind nicht nur für die Rechtsgeschichte sondern auch für die Sozialgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts interessant und eine wichtige Quelle zum Beispiel für die Hexenforschung. Zu den weiteren Schwerpunkten zählen umfangreiche medizinhistorische Bestände und Wissenschaftler-Nachlässe. Die Studentengeschichte findet ebenfalls besondere Beachtung. Archive einzelner Verbindungen und eine „Studentica“-Sammlung dokumentieren studentische Lebensformen seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts, sogar mit musealen Objekten. Auch eine Fotosammlung ist vorhanden. Für den Durchblick sorgt bereits seit 1997 eine umfassende Online-Beständeübersicht, der Ausbau der Online-Informationen ist ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt.


„Man muss über seine Vergangenheit Bescheid wissen – egal, ob es um die Glanz- oder die Schattenseiten geht, “sagt Wischnath. „Deshalb ist es wichtig, dass eine Universität ein eigenes Archiv hat.“

Simona Steeger-Przytulla

 

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