Was Kinder konsumieren. Das Konsumverhalten von Kindern und Jugendlichen im Württemberg des 18. Jahrhunderts
Mein Dissertationsprojekt befasst sich mit dem bisher in der historischen Forschung unterrepräsentierten Thema des Konsumverhaltens von Kindern und Jugendlichen. Das Projekt schließt an aktuelle Forschungsdebatten zu Konsum und Materieller Kultur an, indem es durch die Analyse von Pflegschaftsakten des 18. Jahrhunderts einen praxeologischen Zugang zum Kaufen und Erwerben von Waren durch Heranwachsende findet. Hier stehen Fragen nach den Räumen des Erwerbs ebenso im Fokus wie Fragen nach den Händlern, welche die Waren verkauften. Durch die Betrachtung des Konsums von Individuen soll gerade bei den Heranwachsenden auch die habitus- und identitätsstiftende Wirkung von Konsumartikeln gezeigt werden, die statusanzeigende und statusbewahrende Eigenschaften in sich vereinten. Damit schließe ich an die aktuellen Forschungen der Materiellen Kultur an, welche die ökonomischen Fragestellungen zum Konsumieren von Gütern aller Art um die kulturgeschichtlichen Ansätze der Materiellen Kultur erweitert.
Im Zentrum der Arbeit stehen die in allen Orten und Städten Württembergs angelegten Pflegschaftsakten, die sich vor allem mit der Verwaltung der Erbschaft von teil- oder vollverwaisten Kindern befassen. Die bisher vor allem für genealogische oder auswanderergeschichtliche Fragestellungen herangezogene Quellengruppe bietet für das Nachvollziehen von Kaufprozessen außergewöhnliches Potential, da sie meist über einen langen Zeitraum hinweg jeden Kauf oftmals auch durch Quittung dokumentieren und so fassbar machen, bei welchem Händler und an welchem Ort, welche Produkte und – für den habituierenden Prozess besonders wichtig – in welchem Alter der Konsumenten die Waren gekauft wurden. Es können nicht nur Aussagen über die Konsumenten selbst, sondern auch über die im 18. Jahrhundert verfügbaren Produktpaletten getroffen werden, sodass die Arbeit auch einen Beitrag zur Debatte um die Verbreitung von Globalen Gütern in den sogenannten ‚Hinterlands‘ möglich macht.