Prof. Dr. Bettina Kluge
Stiftung Universität Hildesheim, Fachbereich III – Sprach- und Informationswissenschaften, Institut für Übersetzungswissenschaft und Fachkommunikation
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Projekt: Ludische Reflexionen und Inszenierungen von Sprachkontakt in Auswandererblogs nach Québec
Das Projekt untersucht am Beispiel von Blogs hispano- und frankophoner MigrantInnen nach Québec, wie MigrantInnen in den verschiedenen Stadien des Migrationsprozesses die kommunikativen Netzwerke des Social Web gezielt zum interaktiven Aufbau neuer identitärer Kategorien nutzen. In dieser prekären biographischen Situation erfolgt eine Umorientierung auf neue politische, soziale und kulturelle Identitäten und der Aufbau neuer kommunikativer Netzwerke. Die eigene und die fremde Sprache bzw. die involvierten Varietäten werden zum Objekt verstärkter Reflexion, die sich auch in der interaktiven Bearbeitung sprachlicher Kontraste durch die BloggerInnen, ihre LeserInnen und KommentatorInnen spiegelt. Dabei bedienen sich die MigrantInnen des Kontrasts der eigenen Sprache gegenüber der Sprache des Einwanderungslands, um sich als Teil einer sozialen Gruppe zu inszenieren. Diese interaktiven Positionierungen konstruieren auf vielfältige Weises sprachliche Identitäten: in Abgrenzung der eigenen vs. der neuen Varietät, in deren sukzessiven Aneignung durch Vermischungsprozesse oder auch in der Überführung sprachlicher Verfahren des Ausgangsvarietät in die neue Zielsprache.
In diesem Kontext werden Sprachen bzw. Varietäten und sprachliche Kontraste spielerisch, ironisch und kritisch überzeichnet eingesetzt. Auf der Basis bereits erhobener Korpusdaten soll der identitäre Aushandlungsprozess im Hinblick auf seine ludische Komponente hin untersucht werden. Beispielhaft sei hier der Versuch einer argentinischen Bloggerin genannt, die Spezifika des français québécois gegenüber der hexagonalen Variante des Französischen mit den Unterschieden zwischen peninsularen und argentinischen Spanisch zu vergleichen und mit den Mitteln der spanischen Orthographie wiederzugeben (z.B. Look at that guy. - Chek moélédon.).
Biographie
Nach dem Studium der Spanien- und Lateinamerikastudien, Soziologie und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bielefeld und der Universidad de Chile promovierte Bettina Kluge 2002 an der Universität Bielefeld mit einer migrationslinguistischen Arbeit zur Identitätskonstitution von südchilenischen Hausangestellten in der Hauptstadt Santiago de Chile. 2002-2008 war sie als Universitätsassistentin an der Karl-Franzens-Universität Graz angestellt. Aus der 2006 organisierten Tagung zur Anredeforschung im Spanischen resultierte 2010 der Sammelband Formas y fórmulas de tratamiento en el mundo hispánico (gemeinsam mit Martin Hummel und María Eugenia Vázquez Laslop). 2013 habilitierte sie an der Universität Bielefeld (an der sie von 2008 bis 2013 als Akademische Rätin auf Zeit beschäftigt war) mit der Ende 2012 eingereichten Habilitationsschrift Referential ambiguity in interaction. Establishing generic reference with second person pronouns in the Romance languages. Nach einer einsemestrigen Vertretungsprofessur an der Universität Bremen ist sie seit dem WS 2013/14 Professorin für Angewandte Sprachwissenschaft (Schwerpunkt: Hispanistik) an der Universität Hildesheim.
Bettina Kluge ist Gründungsmitglied im International Network of Address Research (INAR), einem übereinzelsprachlichen internationalen Netzwerk der Anredeforschung. Gemeinsam mit Barbara Job erforscht sie im Rahmen des BMBF-Projekts Die Amerikas als Verflechtungsraum im Teilprojekt Virtuelle Kommunikationsräume von Migration und Diaspora die sprachlichen Verfahren der Identitätskonstruktion in den sozialen Medien.
Ihre Hauptforschungsgebiete sind die Pragmatik, Sozio- und Migrationslinguistik, Interaktionale Linguistik sowie Medienlinguistik. Spezielle Forschungsinteressen betreffen Phänomene der referentiellen Ambiguität, Anredeforschung, sprachliche Strategien der Identitätskonstitution, nicht-dominante Varietäten von plurizentrischen Sprachen und pragmatische Missverständnisse im migrationsbedingten Sprachkontakt.
Publikationen (Auswahl)
(2005a) Identitätskonstitution im Gespräch: südchilenische Migrantinnen in Santiago de Chile, Frankfurt: Vervuert.
(2005b) "Las fórmulas de tratamiento en un corpus chileno", in: Noll, Volker, Klaus Zimmermann und Ingrid Neumann-Holzschuh (Hg.): El español en América: Aspectos teóricos, particularidades, contactos. Frankfurt: Vervuert, 169-188.
(2007a) "Negotiating regional identity in conversation (a Chilean case study)", in: Meierkord, Christiane und Konstanze Jungbluth (Hg.): Identities in migration contexts. Tübingen: Narr, 129-156.
(2007b) "Algunos aspectos descuidados en la investigación sociolingüística del habla rural latinoamericano: la relación campo-ciudad y la dinámica migratoria", in: Schrader-Kniffki, Martina und Laura Morgenthaler García (Hg.): La Romania en interaccion. En homenaje a Klaus Zimmermann y ensayos. Madrid / Frankfurt: Iberoamericana / Vervuert, 73-98.
(2007c) "La acomodación lingüística en la migración: el nivel pragmático", in: RILI 10: 69-91.
(2010a) Formas y fórmulas de tratamiento en el mundo hispanohablante, Hg. zusammen mit Martin Hummel (Graz) und María Eugenia Vázquez Laslop (El Colegio de México), Editorial de El Colegio de México.
(2010b) "El uso de formas de tratamiento en las estrategias de generalización", in: Hummel, Martin, Bettina Kluge und María Eugenia Vázquez Laslop (Hg.): Formas y fórmulas de tratamiento en el mundo hispanohablante, México DF: Editorial de El Colegio de México, 1107-1136.
(2010c) "Das Ausbleichen der sozialen Deixis bei französischen deverbalen Interaktionsmarkern des Typs 'tu sais' ", in: Maaß, Christiane und Angela Schrott (Hg.): Wenn Deiktika nicht zeigen: zeigende und nichtzeigende Funktionen deiktischer Formen in den romanischen Sprachen. Münster: LIT Verlag, 245-260.
(2012) Referential ambiguity in interaction. Establishing generic reference with second person pronouns in the Romance languages, unveröffentlichte Habilitationsschrift, Universität Bielefeld [derzeit in Überarbeitung zur Publikation].