Seminar für Sprachwissenschaft

GermaNet - Verbfelder

Überblick über die semantische Felder für Verben in GermaNet

Derzeit entspricht die GermaNet-Verbklassifikation im Wesentlichen den Verbklassen in WordNet. Innerhalb einer Klasse weicht die Struktur des deutschen Wortnetzes jedoch stark von WordNet ab. Die Klassifikation folgt, wo immer möglich, Levin (1993).

  • Besitz
  • Lokation
  • Gefuehl
  • Gesellschaft
  • Koerperfunktion
  • Kognition
  • Kommunikation
  • Konkurrenz
  • Kontakt
  • natPhaenomen
  • Schoepfung
  • Veraenderung
  • Verbrauch
  • Perzeption
  • Allgemein

Im Folgenden wird exemplarisch die Klasse der Lokationsverben (Lokation) beschrieben.

Lokationsverben

Die Basisverben der Bewegung und der Position sind in GermaNet wie folgt hierarchisch modelliert, wobei die Strukturierung teilweise Maienborn (1990) entspricht. Zu beachten ist, dass diese Klassifikation nur die Verben selbst klassifiziert und keine Angaben über den Status des lokalen Arguments macht, weder in Bezug auf seine Fakultativität noch auf seinen semantischen Beitrag. Diese Frage ist in der Literatur ausführlich diskutiert worden (außer Maienborn (1990) siehe z.B. Wunderlich (1991)), auf die der Leser für weitere Informationen verwiesen wird. Es genügt der Hinweis, dass beide Sichtweisen mit der in GermaNet dargestellten Hierarchie kompatibel sind.

Auf der obersten Ebene haben Lokationsverben die Hyponyme Bewegungsverben und Positionsverben, eine Terminologie aus Maienborn (1990). Die beiden Klassen werden folgendermaßen unterschieden: Positionsverben spezifizieren den Positionsmodus weiter, während Bewegungsverben den Weg spezifizieren, entweder in Bezug auf die Richtung, den Modus oder beides.

  • Die Hyponyme der Positionsverben können kausative oder intransitive Positionsverben sein. Beachten Sie, dass viele kausative und intransitive Positionsverben semantisch verwandt sind, z.B. bewirkt stellen, dass etwas, jmd. steht und legen bewirkt, dass etwas, jmd. liegt. Dies wird in GermaNet durch eine zusätzliche Kausalrelation zwischen beiden Verben kodiert.
    • Kausative Positionsverben sind transitive Verben, die sich auf eine Handlung beziehen, die ein Agens bei der Positionierung von etwas oder jmd. vornimmt. Agens und Objekt können sich bei reflexiver Verwendung auf die gleiche Person beziehen. Beispiele sind Verben wie stellen, setzen, legen.
    • Intransitive Positionsverben geben die Art und Weise an, in der etwas, jmd. positioniert wird. Beispiele hierfür sind Verben wie sitzen, stehen, liegen.
  • Bewegungsverben haben folgende Hyponyme in GermaNet:  Bewegung auf der Stelle (bewegen auf Stelle), Ortsveränderung (fortbewegen) und Transportverben (transportieren).
    • Bewegung auf der Stelle (bewegen auf Stelle) umfasst Verben wie zucken, zappeln und wackeln, wobei die Bewegung nur einen Teil des Objekts betrifft und das Objekt selbst nicht bewegt wird sowie Verben mit einer iterativen Bewegung, d.h. Verben, die eine Bewegung als repetitiv klassifizieren, wie z.B. pendeln, flattern. (Diese Klasse ist relativ klein.)
    • Verben der Ortsveränderung sind intransitive Verben der Richtungsänderung, Beispiele sind gehen, rennen, tippeln, radeln.
    • Transportverben sind entweder Verben, die sich auf die Bewegung des Patiens beziehen, Beispiele sind Verben wie werfen, schaufeln oder Verben, die  zusätzlich eine optionale Bewegung des Subjekts beinhalten, Beispiele sind Verben wie schieben, rollen.

Neben der Klasse, der ein Verb angehört, gibt es weitere semantische Komponenten von Lokationsverben, die zusätzlich spezifiziert werden können, z.B.:

  • Geräuschemission (Geräusch einer Bewegung): Diese Angabe bezieht sich auf Verben, bei denen die Bewegung mit einer bestimmten Geräuschemission verbunden ist. Typischerweise handelt es sich dabei um Wahrnehmungsverben, die genutzt werden, um eine Bewegung auszudrücken. Beispiele sind donnern, knattern.
     
  • Art der Bewegung (Manner spez): Dieses Merkmal gibt an, welche der beiden ausgedrückten Bewegungen, die des Subjekts oder die des Objekts, genauer spezifiziert ist. Um möglichst allgemein und kompatibel mit anderen Theorien zu sein, bezieht sich diese Art der Spezifizierung nicht auf die thematischen Rollen verbaler Argumente, sondern auf deren syntaktische Realisierung.
     
    • Bewegungsart des Subjekts (Subj Manner): Dieser Modus ist typisch für "Verben der Bewegung" und für alle intransitiven Verben. Da wir uns auf die syntaktische Oberflächenposition des Komplements und nicht auf das semantische Argument beziehen, können sowohl Unakkusative als auch Unergative unter dieser Klasse subsumiert werden. Sie gilt auch für viele Verben des Transports. Beispiele sind schubsen, jagen, stürzen, schleppen.
    • Bewegungsart des Objekts (Obj Manner): Dieser Modus gilt für alle kausativen Verben des Ortes und einige Verben des Transports. Beispiele sind stapeln, schichten, legen.
    • Bewegungsart  einer Gruppe (Gruppen spez): Einige Verben können nur mit Bezug auf eine Gruppe in Bewegung angemessen verwendet werden. Beispiele sind stieben, schwärmen, tummeln.
       
  • Geschwindigkeit (Geschwindigkeit spez): Dieser Modus gilt für Verben, die eine bestimmte Bewegungsgeschwindigkeit angeben. Es kann unterschieden werden zwischen Verben, die eine schnelle Bewegung beinhalten, z.B. eilen und seine Hyponyme, und Verben, die eine langsame Bewegung beinhalten, z.B. trödeln und seine Hyponyme.
     
  • Spezifizierte Richtung: Dieses Merkmal unterscheidet Verben, die eine deiktische Bewegung oder eine Bewegung in vertikaler Richtung beinhalten. Bei der deiktischen Bewegung können die Verben Hyponyme von kommen sein, das eine Bewegung zum deiktischen Zentrum hin beinhaltet, z.B. ankommen, herkommen oder von gehen, wenn sie eine Bewegung weg vom deiktischen Zentrum beinhalten, z.B. losgehen, zugehen. In vertikaler Richtung können Verben eine Bewegung nach unten beinhalten, z.B. sinken, rieseln oder nach oben, z.B. hochheben, aufheben.
     
  • Instrument spezifiziert: Diese Verben spezifizieren das für die Bewegung verwendete Instrument.
     
    • Instrument als Vehikel: Beispiele sind karren, kutschen, kutschieren
    • Instrument zum Anstoß: Beispiele sind schippen, harken, hebeln