Internationale Tagung am Institut für Ethik an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Eberhard Karls-Universität Tübingen vom 19.-21.09.2013
GEMEINSCHAFT: Ort der Krise, Ort der Chancen
Politisch-philosophische und sozialwissenschaftliche Perspektiven in Begegnung mit der Theologie und dem religiösen Diskurs
Die Tagung will sich als eine interdisziplinäre Begegnung zwischen Theologie, Philosophie und Sozialwissenschaften verstehen. Durch die Herausforderungen und Spannungen, die mit der Globalisierung und der damit einhergehenden Pluralisierung der Gesellschaft(en) gegeben sind, gewinnt die Frage nach dem Zusammenhalt der Gesellschaft an Brisanz. Dabei bezeichnet das Thema nicht nur ein Problemfeld in der Debatte der politischen und sozialwissenschaftlichen Disziplinen, sondern es ist nicht weniger relevant für eine Theologie, deren Anspruch es ist, den aktuellen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden und selbst wegweisende Impulse geben zu können. Eine Theologie, die sich als Reflexion der je gegenwärtigen Zeit verstehen will, muss sich ausdrücklich mit einem solchen Thema auseinandersetzen.
Gemeinschaft ist wieder in den Vordergrund politiktheoretischer Debatten gerückt. Dazu haben der Globalisierungsprozess und der daraus folgende Druck sowie die ökonomischen, sozialen demographischen und migrationspolitischen Spannungen geführt. Lokale Lebenszusammenhänge wurden geschwächt und der Sozialstaat in eine Krise gestürzt, in der sich das Band zwischen Staat und Gesellschaft aufgrund der Unsicherheit und Konflikthaftigkeit lockert. Gleichzeitig werden individualisierte Lebensformen verstärkt und die individuelle Entfremdung gesteigert.
Es besteht die Gefahr, dass Gesellschaften darauf mit reaktiv-nostalgischen und lokal-konservativen Strategien antworten, indem sie eine ursprüngliche Identitätsreinheit der Gemeinschaft als Ausgangspunkt voraussetzen. Diese soll durch Einschluss- und Ausschlussstrategien wiederhergestellt werden. Gefährliche Fremdbilder und Fremdenfeindlichkeit sind die Folge.
Daher müssen die reaktiv-nostalgischen und lokal-konservativen Diskurse aus politischer und sozialphilosophischer Sicht kritisch untersucht werden. Hieraus lässt sich ein neues Verständnis von Gemeinschaft gewinnen, welches Identitätsgefährdung nicht als Bedrohung wahrnimmt, sondern als Chance zu Beweglichkeit, Offenheit und möglicher Erneuerung willkommen heißt. Das Ergebnis könnte sogar sein, dass erst die gesellschaftsbildende plurale Interaktion diese hervorbringt. So müssten Konflikte nicht verdrängt sondern anerkannt und ausgesprochen werden.
Konzepte der Ekklesiologie, ekklesiologisch-theologische Bestimmungen von Gemeinschaft (deren Profil in der interdisziplinären Begegnung an Klarheit gewinnt) können theoretische Ressourcen bieten, die mythische Vorstellungen der Fundamente von Gemeinschaft infrage stellen und damit reaktionäre Gemeinschaftsauffassungen und Versuche der Selbstabschließung konstruktiv aufbrechen können. So lassen sich Leitlinien für pluralitätsfähige, tolerante Gesellschaften gewinnen, die nicht nach dem Freund-Feind-Schema sondern in zentraler Offenheit für die Freiheit des Fremden bzw. Anderen gestaltet sind.
Tagungsprogramm
Donnerstag 19. September 2013
Veranstaltungsort: Hörsaal Theologicum (Liebermeisterstr. 12, 72076 Tübingen)
14:15 Uhr | Begrüßung und Einführung |
14:30 Uhr | Vergemeinschaftung und Sozialer Tod Moderation: Juliane Baur |
15:30 Uhr | The Principle of Democratic People-Making Moderation: Ferdinando Menga |
Kaffeepause | |
16:45 Uhr | Das Unsichtbare der Gemeinschaft und die Verborgenheit der Kirche Moderation: Elisabeth Gräb-Schmidt |
17:45 Uhr | Kirche am Ende oder am Ende der Kirche? Auf welche Gemeinschaft dürfen wir hoffen? Moderation: Juliane Baur |
Kaffeepause | |
19:15 Uhr | Programmänderung!Öffentl. Abendvortrag im Hörsaal Theologicum |
Freitag, 20. September 2013
Veranstaltungsort: Hörsaal Theologicum (Liebermeisterstr. 12, 72076 Tübingen)
9:00 Uhr | How Much and What Kind of Radical Democracy Can a Community Withstand? Some Remarks on Moderation: Elisabeth Gräb-Schmidt |
10:00 Uhr | Welcoming the Future: Community, Hospitality and Future Generations Moderation: Ferdinando Menga |
Kaffeepause | |
11:15 Uhr | Community as Mediation. The Political Institution of Equality Moderation: Ferdinando Menga |
Mittagessen | |
Programmänderung: Der Vortrag von Wilfried Härle findet am Do, 19.09. um 19.15 Uhr im Hörsaal Theologicum statt. | |
15:00 Uhr | The Making of Popular Sovereignty: Resistance, Community, Constituent Power Moderation: Ferdinando Menga |
Kaffeepause | |
16:30 Uhr | Risiken (in) der Anerkennung Moderation: Juliane Baur |
17:30 Uhr | Community, Practices, and the Good: Reflections Moderation: Ferdinando Menga |
Abendessen | |
20:30 Uhr | Öffentl. Abendvortrag im Evangelischen Stift |
Samstag 21. September 2013
Veranstaltungsort: Evangelisches Stift (Klosterberg 2, 72070 Tübingen)
9:00 Uhr | Communio Sanctorum: Kirche als Ethos- Moderation: Vasile Hristea |
10:00 Uhr | Gemeinschaft und Transzendenzerfahrung. Zur Funktion von Religion und Religionsfreiheit für Recht und Toleranz Elisabeth Gräb-Schmidt (Tübingen) Moderation: Juliane Baur |
Kaffeepause | |
11:30 Uhr | Kirche als gestiftete Gemeinschaft durch das Wort Moderation: Elisabeth Gräb-Schmidt |