Hector Research Institute of Education Sciences and Psychology

Wissenschaftliche Begleitung des Hochbegabtengymnasiums Bad Saulgau

Auswahlverfahren, Qualität der Förderelemente, langfristige Effekte

Das geplante Hochbegabtengymnasium in Bad Saulgau soll eine Reihe von Elementen der Begabtenförderung (Akzeleration, Enrichment, Gruppierung) implementieren. In Anlehnung an internationale Arbeiten, mit einer der bekanntesten Langzeitstudien, der Study of Precocious Mathematically Youth (SPMY, Lubinski, 2016), erscheint das geplante Hochbegabtengymnasium in Bad Saulgau sehr vielversprechend, da den hochleistenden und hochmotivierten Jugendlichen eine anspruchsvolle, interessante und passende Umwelt angeboten wird. Allerdings darf nicht von einem Automatismus positiver Effekte ausgegangen werden, sondern es müssen zentrale Voraussetzungen gegeben sein. Zunächst muss es gelingen, geeignete Schülerinnen und Schülern auszuwählen. Zudem können leistungsstarke Lerngruppen auch negative Effekte auf die Leistungsmotivation der einzelnen Schülerinnen und Schüler haben (Marsh & Hau, 2003). Im Sinne der Individualisierung ist es daher wichtig, dass hochbegabte Schülerinnen und Schüler passgenaue Angebote für ihre jeweiligen Begabungsschwerpunkte erhalten. Darüber hinaus ist es im Sinne einer guten Förderung auch wichtig, dass die im Rahmen der Akzeleration gebotenen Lernumwelten den Kriterien guten Unterrichts genügen. Gerade bei neu geschaffenen Angeboten kann im Sinne von Kalibrierungsmaßnahmen sowohl bei der Auswahl der SuS als auch bei der Optimierung des Lernangebots eine formative Evaluation von besonderer Bedeutung sein.

Ziel des Projekts ist es herauszufinden, inwieweit es mit dem vorgesehenen Auswahlverfahren gelingt, geeignete Schüler für das Hochbegabtengymnasium Bad Saulgau zu identifizieren und zu gewinnen und Aussagen darüber treffen zu können, welche Elemente des Auswahlverfahrens besonders prädiktiv für den späteren Schulerfolg sind. Zudem soll das Projekt Aufschluss darüber geben, welche Qualität die Angebotsblöcke des Hochbegabtengymnasiums im Hinblick auf klassische

Faktoren der Unterrichtsqualität haben und inwieweit sie Interesse und Anstrengungsbereitschaft fördern. Abschließend wird der Frage nachgegangen, welche Effekte der Besuch des Hochbegabtengymnasiums Bad Saulgau auf kurz-, mittel- und langfristige Erfolgskriterien wie Schulleistung (bzw. Leistung im Abitur), die Aufnahme eines Studiums im Bereich von MINT, die Wahl einer baden- württembergischen Hochschule, das erfolgreiche Durchlaufen eines Studiengangs und den Berufserfolg hat.

Welche Methoden werden angewandt?

Das Projekt basiert auf einer quasi-experimentellen Längsschnittstudie. Dabei werden Schülerinnen und Schüler über mehrere Jahre (mindestens 15 Jahre) begleitet, um langfristige Effekte des Angebots untersuchen zu können. Einbezogen werden sollen Schülerinnen und Schüler des Hochbegabtengymnasiums Bad Saulgau, Schülerinnen und Schüler, die am Auswahlverfahren für Bad Saulgau teilgenommen haben, aber entweder nicht ausgewählt wurden oder den angebotenen Platz nicht angenommen haben, sowie weitere hochbegabte Schülerinnen und Schüler anderer Gymnasien (z.B. Hochbegabtenklassen).

Zentrale Untersuchungskonstrukte sind auf individueller Ebene Leistung, berufliche Interessen, fachspezifische Motivation (Wert und Selbstkonzept), soziale Kompetenzen, Studienfachwahl, -passung, -zufriedenheit sowie Berufswahl, - passung, -zufriedenheit und kreative Ergebnisse. Darüber hinaus sollen Selektivitätseffekte kontrolliert und Erfolgsfaktoren identifiziert werden. Ferner soll die Qualität der unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Lernumgebung erfasst werden.

Den Rahmen bildet das Internat für Schülerinnen und Schüler im MINT-Bereich in Bad Saulgau. Die Auswahl der Schülerinnen und Schüler erfolgt über standardisierte Verfahren und Gespräche, insgesamt werden rund 64 Schülerinnen und Schüler pro Jahrgang aufgenommen.