Neue Zeit- und Organisationsmodelle für den Religionsunterricht
Hintergrund
Die zeitliche Organisation von Unterricht in „Schulstunden“ ist eine zentrale didaktische Dimension. Für den BRU scheinen alternative Zeitmodelle bzw. neue Organisationsmodelle doppelt relevant: Zum einen stellt sich die Frage, ob BRU jenseits einer 45- bis 90-minütigen Taktung sinnvolleres und effektiveres Lernen ermöglichen kann; zum anderen verbindet sich damit die Hoffnung, dass eine veränderte Zeitstruktur zugleich eine Lösung für organisatorische Probleme bieten und damit die Stellung des BRU innerhalb der einzelnen Schulen stärken könnte.
Vorgehen
Ausgehend von den ersten Untersuchungen und Ergebnissen fanden ab 2010 Fortbildungsveranstaltungen für Lehrpersonen statt (insbesondere durch das EIBOR in Kooperation mit dem Pädagogisch-Theologischen Zentrum in Stuttgart). Außerdem schlossen EIBOR und KIBOR mehrere teilweise unabhängige, vertiefende Studien zu BRU in längeren Zeiteinheiten an:
Am EIBOR wurde ausgehend von der explorativen qualitativen Studie zum „Esslinger Modell“ (vierstündige, teilweise auch achtstündige, Unterrichtsblöcke in bestehenden Lerngruppen) eine quantitative Folgeerhebung an zehn Schulstandorten durchgeführt. Die Fragebogenstudie im Herbst/Winter 2016/2017 fokussierte auf die Rezeption des Unterrichts seitens der Schüler:innen. Begleitend wurden Lehrpersonen und Schulleitungen in Leitfadenzentrierten Interviews befragt.
Das KIBOR sammelte ab 2014 deutschlandweit bestehende Praxisbeispiele, in denen Lehrpersonen BRU bereits in alternativen Zeitmodellen abhalten. Ausgehend von dieser Recherche konnten an 13 Standorten Lehrpersonen in problemzentrierten Expert:innen-Interviews zu ihren Umsetzungen von BRU in alternativen Zeitmodellen befragt werden, die anschließend inhaltsanalytisch zu zusammenfassenden Protokollen der jeweiligen Umsetzung und Variationen verdichtet wurden.
Ergebnisse
Neben dem „Blockmodell“ (auch „Esslinger Modell“) konnten mit dem „Kursmodell“ und der „Seminarform“ insgesamt drei Modelle alternativer Organisationsformen identifiziert werden; darüber hinaus kann ein „Exkursionsmodell“ mit Fokus auf außerschulischen Lernorten unterschieden werden. Die vielschichtigen Ergebnisse der Studien können hier nur in Form zentraler Schlussfolgerungen skizziert werden: Alle dokumentierten Modelle sind kontextuell spezifisch geformt und insofern keine Alternative, sondern eine Ergänzung zum herkömmlichen BRU in Schulstunden. Bei längerer Unterrichtsdauer, aber geringerer Unterrichtsfrequenz wird eine Ambivalenz zwischen Beziehungsintensivierung und Beziehungsabbruch beobachtet, da Lehrkraft und Lerngruppe seltener, wenn auch intensiver Gelegen-
heit für Begegnungen haben. Hier gilt es eine Balance zu finden. Für die Schüler:innen sind die längeren Zeitfenster eine Chance für mehr Beziehungsqualität untereinander. Didaktisch erleichtern sie Kooperationen z.B. mit externen Partner:innen, an anderen Lernorten, intra- und interreligiös-kooperativ. Längere Zeiteinheiten brauchen eine spezifische Didaktik, die in Studium, Aus- und Fortbildungen vermittelt werden muss. BRU in längeren Zeiteinheiten ist ein Beitrag zur Schulentwicklung am jeweiligen Standort.