Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW)

Pressemitteilungen

23.12.2020

Dietmar Mieth, Gründungsdirektor des Ethikzentrums, vollendet sein 80. Lebensjahr

Prof. Dr. Dietmar Mieth, Gründungsdirektor des Internationalen Zentrums für Ethik in den Wissenschaften und von 1990 bis 2000 dessen Leiter, vollendet am 23. Dezember 2020 sein 80. Lebensjahr. Alle Mitglieder des Ethikzentrums gratulieren sehr herzlich, danken Dietmar Mieth für seinen inzwischen jahrzehntelangen Einsatz für das Ethikzentrum und wünschen dem Jubilar alles Beste!

Prof. Dr. Dietmar Mieth, Gründungsdirektor und von 1990 bis 2000 Leiter des Internationalen Zentrums für Ethik in den Wissenschaften (IZEW), vollendet am 23. Dezember 2020 sein 80. Lebensjahr. Dietmar Mieth wurde am 23.12.1940 in Berlin geboren. Nach Studium der Theologie, Germanistik und Philosophie in Freiburg, Trier, München und Würzburg wurde er 1968 promoviert und habilitierte sich 1974 in Tübingen. Er übernahm 1974 eine Professur für Moraltheologie in Fribourg/Schweiz. 1981 wurde er nach Tübingen auf den Lehrstuhl für Theologische Ethik unter besonderer Berücksichtigung der Gesellschaftswissenschaften berufen. Die rasanten wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen mit ihren neuen Gestaltungsoptionen und Gefahren warfen vor allem seit den 1980er Jahren ethische Probleme auf, die eine fächerübergreifende Reflexion in den Wissenschaften selbst und zugleich eine gesellschaftliche Debatte erforderten. Dietmar Mieth war einer der entscheidenden Impulsgeber dieser Diskussion und trug mit seinem Engagement maßgeblich dazu bei, dass 1985 an der Universität Tübingen der Gesprächskreis „Ethik in den Wissenschaften“ gegründet wurde und der Aufbau eines Ethikzentrums beginnen konnte (erst Forschungsstelle, dann „Interfakultäres“ jetzt „Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften“). Dietmar Mieth leitete das Zentrum seit seiner Eröffnung 1990 bis ins Jahr 2000. In dieser Zeit wurden wichtige Elemente zur Nachwuchsförderung und zur Vermittlung ethischer Kompetenzen entwickelt, etwa das erste DFG-Graduiertenkolleg „Ethik in den Wissenschaften“ (1991-200) sowie das Ethisch-Philosophische Grundlagenstudium (EPG) für Lehramtsstudierende in Baden-Württemberg. Von 1994 bis 2000 war Dietmar Mieth berufenes deutsches Mitglied der interdisziplinären Beratergruppe der Europäischen Kommission (European Group on Ethics, EGE): „Ethik in den Wissenschaften und in den neuen Technologien“, ebenso Mitglied der der Enquete-Kommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages (2003 bis 2005). 2007 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Doch es sind nicht die Erfolge, Ehrungen und Öffentlichkeiten, die Dietmar Mieth ausmachen. Das Besondere an Dietmar Mieth ist seine akademische Persona:

  • Fächergrenzen – egal ob zu den Literatur- oder den Lebenswissenschaften – waren für ihn Herausforderungen. In vieler Hinsicht hat er hier Grenzen respektiert und dann ignoriert und Wege für im eigentlichen Sinn interdisziplinäres Denken gebahnt. Dabei zeigt sich das Denken über Ethik immer als Zeitgenossenschaft, die sich nicht fein säuberlich disziplinär disziplinieren lässt.

  • Diese Art Wissenschaft zu praktizieren („doing science“) ist offen und kritisch zu vielen Seiten hin: Dietmar Mieth war nie zu wichtig, um nicht auch in einer kleinen Kirchengemeinde Vorträge zu halten; und er war sich selbst nie zu unwichtig, um nicht auch Autoritäten unterschiedlichster Art sichtbar entgegen zu treten.

  • Diese kritische Offenheit hat auch ihr Fundament in einer lebenslangen Wertschätzung und Kenntnis mittelalterlicher Mystik – insbesondere Meister Eckhardts und seiner Zeit. Dietmar Mieth ist Gründungsmitglied der Meister-Eckhart-Gesellschaft (2004), deren früherer Präsident und jetzt Vizepräsident und Fellow am Max-Weber-Kolleg in Erfurt. Dabei schlägt er einen großen Bogen: Die „Einheit von vita activa und vita contemplativa“, die ihn schon in der Dissertation beschäftigte, sind nun wieder in den Vordergrund gerückt als Fragen von (religiöser) Selbstbestimmung und Individualisierung, der Differenzierung von Lebensformen und Fragen von Freiheit und Liebe.

Alle Mitglieder des Ethikzentrums gratulieren Dietmar Mieth sehr herzlich. Wir sind dankbar dafür, dass Fachgrenzen ihn nie gehindert haben, Sach- und Wertfragen umfassend zu erkunden und dass das Ethikzentrum eine solche Tradition aufnehmen konnte und weiterführen kann.

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