Tübinger Forum für Wissenschaftskulturen

Studienkolleg 2017/18: Thema

DISEMBODIED COGNITION?

Forschungen im Spannungsfeld von menschlicher und künstlicher Intelligenz

Die Forschungen zu Künstlicher Intelligenz konzentrierten sich zunächst ganz auf die symbolische Repräsentation von Wirklichkeit und die Regeln und Operationen, mit denen diese Symbole verknüpft werden. Dahinter steht die Annahme, dass sich Kognition vom Körper getrennt nachbilden und dann allein schon durch die Fortentwicklung der Rechnerleistungen und die Optimierung von Netzwerken steigern lässt. Auch die neuen Entwicklungen im Bereich des so genannten "Deep Learning" folgen zumeist dieser Logik. In der Philosophie gibt es ebenfalls eine lange Tradition, die das menschliche Denken unabhängig vom Körper versteht. Aus biologischer Sicht scheint die Vorstellung einer "disembodied cognition" dagegen unsinnig zu sein. Die Gegenposition betont deshalb die Bedeutung, die der körperlichen Interaktion mit der Umwelt bei der Ausbildung von Intelligenz zukommt. Dabei wird der menschliche Körper nicht als bloßer Mittler zwischen Denken und Welt verstanden, sondern zunehmend in seiner das Denken und die Welt wesentlich mitgestaltenden Kraft gesehen. Evidenz dafür findet sich unter anderem in Kunst und Literatur, zunehmend aber auch in der kognitionswissenschaftlichen und der psychologischen Forschung. Dadurch wird die Frage aufgeworfen, ob sich auch eine leiblich verankerte Intelligenz künstlich nachbauen lässt?

Im Studienkolleg werden aktuelle Forschungen aus verschiedenen Fachgebieten vorgestellt und gemeinsam erarbeitet, unter ihnen die Neurowissenschaften, die Psychologie, die Kognitionswissenschaft, die Informatik, die Philosophie, die Literaturwissenschaften und andere. Es wird nach ihrer Zusammengehörigkeit und möglichen wechselseitigen Beeinflussung gefragt.