Uni-Tübingen

A4: Bade- und Kurmusik im späten 17. und 18. Jahrhundert

Musik im Kommunikations- und Interaktionsraum des öffentlichen Bades wird gemacht und gehört, geachtet und geächtet. Das Teilprojekt A4 untersucht ein interdisziplinäres Quellenkorpus, in dem sich das Wechselspiel von curare und delectare, narratio und moralisatio spiegelt. Der balneomusikalische Interaktionsraum entsteht im dynamischen Zusammenspiel von angewandter Diätetik, künstlerischer Performanz, sozialer Kommunikation und theoretischer Reflektion. Anders als in der Medizin-, Kunst- und Literaturgeschichte ist die Balneologie in der musikologischen Forschung ein nahezu unbesetztes Feld.

Auf Grundlage der Ergebnisse der ersten Förderphase wird den gesellschaftlichen, institutionellen und musikgeschichtlichen Veränderungen im 17. und 18. Jh. Rechnung getragen: Im Bad als Anlass, Raum und Resultat künstlerischer Produktion, Ausführung und Rezeption treten neben allgemeiner Musikübung im Badekontext im neuen Untersuchungszeitraum auch (und zunehmend) konkrete Kompositionen als eigenständig artistische Beiträge zur Bade- und Kurmusik und es bilden sich vermehrt auch Institutionen aus. Ziel ist die Erfassung der Spezifik solcher Musik hinsichtlich Gattung, Form und Faktur, verbunden mit ihrer konkreten Performanz im Bad. Auch die Badepraxis selbst unterliegt dabei Veränderungen, da sich mit der Ausbreitung der Trinkkur das Leben in den Badeorten und die diätetische Praxis zunehmend wandeln.

Ziel ist die Untersuchung der musikalischen Aktivitäten und Erfahrungen im Bad aus autologischer und heterologischer Perspektive. In den Blick geraten dabei die Wechselwirkungen zwischen praktischer Diätetik, sozialer Konvention, artistischer Performanz und ästhetischer Reflexion. Über die Hinzunahme des Vergleichsschwerpunkts England erhält das Projekt in der zweiten Förderphase zudem eine geographische Erweiterung. Die vielfältigen Quellen finden weiterhin Eingang in eine multimediale Datenbank.


Team

Projektleitung:

Prof. Dr. Thomas Schipperges

Projektmitarbeitende:

Claudius Hille

Assoziierte:

Lorenz Adamer M.A., M.A.
Jun.-Prof. Dr. Matthew Gardner

Hilfskräfte:

Julia Pauler


Aktivitäten

Veranstaltungen

2023

Konzert: Adamer, L. / Hille, C. / Schipperges, T.: Gesundung mit Klängen. Bade und Kurmusik der Frühen Neuzeit, Science & Innovation-Days, Tübingen 08.11.2023.

 

2022

Lightning-Talks: Schipperges, T.: Norm und Diversität: Zur Kompositionsgeschichte des Ave verum nach KV 618, Forschungskolloquium (Prof. Dr. Stefan Morent), Universität Tübingen, 14.12.2022.

Internationale Tagung: Im Bad wöll wir recht fröhlich sein. Bade- und Kurmusik der frühen Neuzeit, Pfleghof, Universität Tübingen, 22.–24.09.2022.

Lightning-Talks: Schipperges, T.: Davids Ständchen vor Batseba, Forschungskolloquium von Prof. Dr. Stefan Morent, Universität Tübingen, 22.06.2022.

Vortrag: Schipperges, T.: Norm und Diversität: Zur Kompositionsgeschichte des Ave verum nach KV 618, Tagung: „Aktuelle Fragen der Mozart-Forschung IV. Prag“, Akademie der Wissenschaften, 12.–13.06.2022.

Vortrag: Schipperges, T.: Davids Ständchen vor Batseba im Bade, Tagung: Musikalische Bibelrezeption, Universität Mainz, 24.03.2022.

Präsentation: Adamer, L. / Hille, Claudius / Schipperges, T.: Projektvorstellung, 4. Retreat des SFB 1391, 16.02.2022. (digital)

Vortrag: Adamer, L.: Bade- und Kurmusik der Frühen Neuzeit. Tandemvortrag mit Prof. Dr. Nicole Schwindt (Musikhochschule Trossingen), Forschungskolloquium (Prof. Dr. Thomas Schipperges), Universität Tübingen, 01.02.2022.

 

2021

Vortrag: Adamer, L.: Musik und Medizin. Musikwissenschaftliche und Medizinhistorische Zugänge, Tagung „Bade- und Kurmusik der Frühen Neuzeit“, Universität Innsbruck 04.–06.11.2021. (digital)

Vortrag mit künstlerischer Intervention: Adamer, L. / Schipperges, T.: Im Bad wöl wir recht fröhlich sein. Bade- und Kurmusik in der Frühen Neuzeit, Verein Salz + Kunst, Frauenbad Eglisee Basel, 28.09.2021.

Vortrag: Adamer, L. / Schipperges, T.: Therapie, Ästhetik und mehr – Bade- und Kurmusik in der Frühen Neuzeit, Ringvorlesung des SFB 1391 Andere Ästhetik: „Aesthetic Turn. Perspektiven einer Anderen Ästhetik der Vormoderne, SoSe 21, Universität Tübingen, 24.06.2021. (digital). Weitere Informationen finden Sie hier.

 

2020

Vortrag: Adamer, L. / Schipperges, T.: Kollektive Autorschaft in der Musik. Ansatzpunkte und Beobachtungen, Internationale Tagung / International Conference (SFB Querschnittsbereichstagung): Ästhetik(en) pluraler Autorschaft: Literatur – Kunst – Musik / (The) Aesthetics of Collaborative Authorship: Literature – Art – Music, Universität Tübingen, Alte Aula, 12.–14.11.2020. Weitere Informationen zur Veranstaltung finden sich hier.

Präsentation: Adamer, L.: Bade- und Kurmusik der frühen Neuzeit, Projektbereichstreffen des SFB 1391 Andere Ästhetik, Universität Tübingen, 26.10.2020. (digital)

Gastvortrag: Prof. Dr. Michele Calella (Wien): Entlehnen, Bearbeiten und Komponieren. Die Entstehung der Wiener Pasticci von 1750, Universität Tübingen, 15.06.2020. (digital)

Präsentation: Adamer, L. / Schipperges, T.: Projektvorstellung, 2. Retreat des SFB 1391 Andere Ästhetik, Heiligkreuztal, 20.02.2020. 

 

2019

Vortrag: Adamer, L. / Schipperges, T.: Im Bad wöll wir recht fröhlich sein. Die Bade- und Kurmusik der frühen Neuzeit, Vortrag im Rahmen des Forschungskolloquiums am Musikwissenschaftlichen Institut, Universität Mainz, 05.12.2019.

Publikationen

2023

Adamer, L: Überlegungen zum Autorschaftskonzept der Musikermotetten, in: Stefanie Gropper / Anna Pawlak / Anja Wolkenhauer / Angelika Zirker (Hgg.): Plurale Autorschaft. Ästhetik der Co-Kreativität in der Vormoderne, Berlin / Boston 2023 (Andere Ästhetik. Koordinaten 2), S. 185–202 [im Druck].

Adamer, L. / Schipperges, T. / Hille, Claudius (Hgg.): Bade- und Kurmusik der Frühen Neuzeit, Berlin / Boston 2023 (Andere Ästhetik. Studien) [im Druck].

Schipperges, T.: „Musica amorem allicit“. Davids Ständchen an Batseba im Bade (2 Sam 11,2), Teil I, in: Die Bibel in der Kunst / Bible in the Arts 7 (2023) [im Druck].

Schipperges, T.: Norm und Diversität: Zur Kompositionsgeschichte des Ave verum nach KV 618, in: Manfred Hermann Schmid / Milada Jonášová (Hgg.): Mozart Studien 29, Wien 2023 [zur Publikation angenommen].

 

2022

Adamer, L: Music for Bathing and Spa Therapy in the Early Modern Period, in: VIRUS. Beiträge zur Sozialgeschichte der Medizin 21 (2022), S. 69–83.

Adamer, L. / Schipperges, T.: Bade- und Kurmusik als Reflexionsraum einer Anderen Ästehtik, in: Annette Gerok-Reiter / Jörg Robert / Matthias Bauer / Anna Pawlak (Hgg.): Andere Ästhetik. Grundlagen – Fragen – Perspektiven, Berlin / Boston 2022 (Andere Ästhetik. Koordinaten 1), S. 125–159.

 

2020

Schipperges, T.: 1416. Unter den Klängen der Symphonien, der Trompeten, der Zithern. Bade- und Kurmusik, in: Frieder Reininghaus / Judith Kemp / Alexandra Ziane (Hgg.): Musik und Gesellschaft: Marktplätze, Kampfzonen, Elysium 1: 1000–1839: Von den Kreuzzügen bis zur Romantik, Würzburg 2020, S. 155–158.

Lehre

SoSe 2022

Adamer, L. / Schipperges, T.: Kur- und Bademusik (Vorbereitung einer Online-Ausstellung sowie der Tagung), (Hauptseminar, Do 10–12).

 

WiSe 2021/22

Adamer, L. / Schipperges, T.: Norm und Diversität. Kompositionen jenseits der Gattungszuweisungen (Hauptseminar, Mo 14–16).

 

SoSe 2020

Adamer, L. / Schipperges, T.: Kooperative Autorschaft in der Musik (Hauptseminar, Mo 14–16).

 

WiSe 2018/19

Schipperges, T.: Bade- und Kurmusik (Übung, Mi 14–16).

Ludwig Senfl - Im Bad woll wir recht fröhlich sein

Ludwig Senfl - Im Bad woll wir recht fröhlich sein

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Meliora Mucheim - Zu Baden underm heißen stein

Meliora Mucheim - Zu Baden underm heißen stein

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Michel Beheim - Ain gefress (Hofweise, Nr. 354, Strr. 1–4, 12–13)

Michel Beheim - Ain gefress (Hofweise, Nr. 354, Strr. 1–4, 12–13)

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1. Förderphase

Bade- und Kurmusik in der Frühen Neuzeit

Das Teilprojekt A4 untersucht Bade- und Kurmusik im Kommunikations- und Interaktionsraum ‚öffentliches Bad‘ der Frühen Neuzeit, wie sie sich in Bildern, Texten und Noten spiegelt. Anders als in der Medizin-, Kunst- und Literaturgeschichte ist die Balneologie in der musikologischen Forschung ein nahezu unbesetztes Feld. Musik wird im Badekontext gemacht und gehört, geachtet und geächtet. Der balneomusikalische Interaktionsraum entsteht im dynamischen Zusammenspiel von angewandter Diätetik, künstlerischer Performanz, sozialer Kommunikation und theoretischer Reflektion. Ziel ist die Aufdeckung der Quellen und das Verständnis ihres funktionalen wie ästhetischen Potentials im interdisziplinären Kontext.