Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW)

Jon Leefmann

Dissertationsprojekt

Moderne Tugend? – Authentizität als Deutungsmuster in der ethischen Debatte um Neuro-Enhancement (Arbeitstitel)

Der Begriff der Authentizität spielt sowohl in der philosophischen Debatte um das richtige Verständnis von personaler Autonomie als auch in der Debatte um das Neuroenhancement eine wichtige Rolle. Das durch das Graduiertenkolleg 889/2 geförderte Dissertationsprojekt untersuchte den Zusammenhang verschiedener Konzepte von Authentizität in beiden Debatten und überprüfte auf dieser Grundlage Argumentationsfiguren der bioethischen Debatte, die auf den Begriff „Authentizität“ rekurrieren, auf ihre logische Konsistenz und lebensweltliche Plausibilität.

Im ersten Schritt wurde zunächst der Phänomenbereich des Neuroenhancement beschrieben und für eine, wenn auch in Grenzfällen nicht immer eindeutige Abgrenzung zwischen Neuroenhancement und der therapeutischen Anwendung neuro-medizinischer Technologien argumentiert. Auf dieser Grundlage wurden die wichtigsten ethischen Aspekte der Praxis des Neuroenhancement herausgearbeitet und der Aspekt der Authentizität als bisher noch weitgehend ungeklärtes Thema ausgewiesen. Im zweiten Schritt erfolgte die Annäherung an das moralische Ideal der Authentizität zunächst in philosophiehistorischer Perspektive, um auf diese Weise ein erstes theoretisches Vorverständnis des Begriffes der Authentizität zu gewinnen und um einige zentrale Problem für die aktuellen Diskussionen in bioethischen Debatten herauszustellen. Auf dieser Grundlage wurde im dritten Schritt mithilfe sprachanalytischer Methoden der Begriff ‚Authentizität‘ entwickelt und anhand der Konzeptionen personaler Autonomie bzw. praktischer Identität von Jean-Paul Sartre, Harry Frankfurt, John Christman und Charles Taylor gezeigt, wie sich der Begriff für die Rede über Personen operationalisieren lässt. Dadurch konnte die These untermauert werden, dass sich im Rahmen der divergierenden Vorannahmen dieser Konzeptionen in der Debatte um Neuroenhancement weitere und engere Begriffe von Authentizität unterscheiden lassen. Im vierten Schritt wurde schließlich diskutiert welche Argumente in der bioethischen Debatte um das Neuroenhancement unter Rückgriff auf den Begriff der Authentizität plausibilisiert werden können. Darüber hinaus wurde gezeigt wie stark diese Argumentationen durch die im jeweiligen Authentizitätsbegriff implizierten Vorstellungen von personaler Autonomie bzw. praktischer Identität vorgeprägt sind. Es wurde argumentiert, dass die den jeweiligen Argumenten zugrunde gelegten Konzeptionen von personaler Autonomie und praktischer Identität in der bioethischen Diskussion stärker explizit gemacht werden sollten, da in ihnen divergierende Vorstellungen eines guten Lebens zum Ausdruck kommen, die innerhalb der Debatte um Neuroenhancement unterschiedliche ethische Standpunkte markieren.

Zur Person

Studium der Biologie (Diplom) und Philosophie in Heidelberg, Tübingen und Pavia (Italien). August 2008 Diplom an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Im Anschluss geprüfte wissenschaftliche Hilfskraft am Interdisziplinären Zentrum für Neurowissenschaften (IZN) in Heidelberg. Seit April 2009 DFG-Stipendiat und Mitglied des Graduiertenkolleg Bioethik am IZEW.

Kontakt

leefmannspam prevention@uni-mainz.de

Persönliche Website

http://www.blogs.uni-mainz.de/fb05philosophie/forschungsstellen-und-weitere-einrichtungen/fs_neuroethik_neurophilosophie/jleefmann/