Musikwissenschaftliches Institut

Teilprojekt B3: Von der Ethnisierung der Musik zu Sacred Sound im Werk Aron Marko Rothmüllers

Abstract

Forschungsfragen
Welche Veränderungen lassen sich in einer entkontextualisierten, religionsbezogenen Musik im Vergleich mit der rein rituellen musikalischen Gestaltung eines Gottesdienstes feststellen?
Welches Verhältnis besteht zwischen der Komponistengeneration der Zwischenkriegszeit und den überlieferten jüdischen Traditionen?

Grundthese
In Anbetracht dessen, dass Musik ein Kommunikationssystem darstellt, wird angenommen, dass Komponisten ihre Zuhörer mit den mit Religion konnotierten Werken dazu anregen, über die Religion nachzudenken. Neben der streng rituellen Synagogenmusik kann der freie Zugang zu religiösen Inhalten, Zitaten sakraler Motive oder deren Nachahmung sowie die Verflechtung religiöser und nationaler Elemente geschaffen werden, um damit in der stark säkularisierten Gesellschaft die Erhaltung traditioneller Musikinhalte außerhalb der Synagoge zu fördern. Das Ziel einer solchen Musik ist die Wiederkehr des Interesses an religiösen Themen, nicht aber deren obligatorische Unterbringung in der Synagoge als traditioneller religiöser Institution.
Das erneuerte Interesse der Juden zwischen den beiden Weltkriegen an religiösen Themen in der Kunstmusik entstand aus dem Impetus, der in den Ideen des Zionismus verankert war, und aus dem Verhältnis der damaligen Gesellschaft zur Religion. Das Interesse der jüdischen Kulturakteure in Zagreb, dem zionistischen Zentrum der Region, widmete sich der Schaffung von Werken, in denen religiöse Themen verwendet wurden, um die nationale Identität bei den stark assimilierten Juden zu wecken.

Untersuchungsgegenstand
Mit den vom Autor selbst als „Jüdische Werke“ bezeichneten Kompositionen Aron Marko Rothmüllers (1908–1993), von denen der Großteil aus religiös konnotierten Kompositionen besteht, wendet sich der Komponist an seine Zuhörer, indem er musikalische Motive aus der kulturellen Tradition nimmt, um letzte in einer stark säkularisierten Gesellschaft vor Zerstörung zu bewahren. Einige davon sind mit einem jeweils konkreten biblischen Werk oder mit einem jüdischen Gebet betitelt; einige andere, die keinen programmatischen Titel tragen, wurden vom Komponisten ebenfalls der „jüdischen Musik“ zugeordnet. Bei dieser Musik handelt es sich um verschiedene Gattungen, die alle mit dem Oberbegriff „religionsbezogene Kunstmusik“ kategorisiert werden können, wobei als deren Aufführungsort nicht nur Synagogen, sondern auch öffentliche Konzertbühnen gewählt werden können. Rothmüllers früheste Kompositionen bestehen im Allgemeinen aus kurzen, stilisierten Arrangements für Gesang, Klavier sowie Streichern oder Chor. Im Laufe des kompositorischen Reifens wuchsen die Werke – darunter Stücke für große Kammerensembles und Symphonieorchester – sowohl hinblicklich Originalität und als auch in Hinblick auf formale und harmonische Komplexität.

Textquellen

  • Presseartikel, Musikrezensionen, Konzertkritiken in der zeitgenössischen Presse aus dem Archiv für jüdische Zeitgeschichte der ETH (Zürich) und der Zentralbibliothek Zürich, aus dem Music Department of National Library of Israel (Jerusalem) und dem Archiv der Jüdischen Gemeinde Zagreb
  • Briefverkehr und Aufsätze A. M. Rothmüllers

Musikalische Quellen

  • In Notenhandschriften und Autographenaufbewahrte Kompositionen
  • Publizierte Kompositionen

Arbeitsprogramm

  • Erschließung von Rothmüllers publizierten und nicht publizierten Musikhandschriften aus den Beständen des Jewish Theological Seminary in New York, der National Library of Israel in Jerusalem, der National- und Universitätsbibliothek in Zagreb und der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. Im Zuge der Arbeiten an einzelnen Beständen wird zusätzlich überprüft, ob noch weitere Quellen vorhanden sind (Handschriften, Notendrucke, musiktheoretische Drucke, etc.).
  • Edition der nicht veröffentlichten Musikhandschriften in Notendruck, Neueditierung der publizierten Kompositionen und Editierung von Instrumentenparts zum Zwecke einer Musikaufführung
  • Workshop

Personen

Dr. Jasmina Huber, Institut für Jüdische Studien, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Projektleitung)