Die Beobachtung vieler astronomischer Objekte im Röntgenbereich ist dadurch erschwert, dass die Detektion der wenigen Quellphotonen in Gegenwart eines die Messungen dominierenden Detektorhintergrundes stattfindet. Dieser Hintergrund entsteht u.a. durch die Wechselwirkung von hochenergetischer kosmischer Strahlung mit dem Detektor und die dadurch hervorgerufene Sekundärstrahlung.
Neben den jeweiligen Charakteristika des verwendeten Detektortyps hat vor allem der Detektorhintergrund entscheidenden Einfluss auf die letztendlich erreichbare Empfindlichkeit des Instrumentes: Quellen, die Photonenflüsse unterhalb eines aus dieser zentralen Größe ab- leitbaren, für das Experiment limitierenden, minimalen noch detektierbaren Flusses aufweisen, können nicht entdeckt bzw. beobachtet werden.
Um die Sensitivität eines Experimentes also zu optimieren, werden bei der Konzeption zukünftiger Instrumente große Anstrengungen unternommen, den Detektorhintergrund möglichst gering zu halten. Auch die Analyse des Hintergrundes bereits im Orbit befindlicher Detektoren trägt viel zum Verständnis der jeweiligen Ursachen bei.
Monte-Carlo Simulationen physikalischer Prozesse haben in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt durch die den Anwendern heute zur Verfügung stehende Rechenkapazität. Dabei wird die zu simulierende Physik jeder modellierten Wechselwirkung in Form einer Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung repräsentiert, die die möglichen Ausgänge des Vorganges wiedergibt. Ein Zufallszahlengenerator entscheidet dann im konkreten Fall über das Ergebnis. Mit zahlreichen Durchläufen lässt sich so die kombinierte Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung aller beteiligten Vorgänge, z.B. die des Ergebnisses einer Messung ’errechnen’.
Der im Moment umfassendste derartige Monte-Carlo Simulations-’Toolkit’ für physikalische Vorgänge trägt den Namen Geant4 und wird in Zusammenarbeit mit dem japanischen Beschleunigerkonsorti- um KEK am europäischen Kernforschungszentrum CERN seit den 70er Jahren entwickelt.
Geant4 umfasst den derzeit aktuellsten Stand der Kern- und Teilchenphysik und wird vor allem im Hochenergiebereich der Beschleunigerphysik ständigen Vergleichen mit Experimentdaten und theoretischen Vorhersagen unterzogen. Seit dem Jahr 2000 existiert auch eine kontinuierlich erweiterte Funktionsbibliothek für Wechselwirkungen bei niedrigeren Energien, bis hin zu wenigen eV. Damit sind nun auch Anwendungen in der Astrophysik sowie in der Medizin möglich.
Die Anzahl, Art und Intensität der Wechselwirkungen zwischen kosmischen Teilchen und Detektor ist stark von den Parametern des gewählten Orbits und dem Missionszeitraum abhängig. Durch die Neigung und leichte Exzentrizität der magnetischen Achse der Erde gegenüber der geometrischen kommen die Van-Allen Strahlungsgürtel in der ‘Südatlantik-Anomalie’ der Erdoberfläche sehr nahe. Auf einem niederen Orbit wie dem der Internationalen Raumstation ISS, kommt es beim Durchflug der Strahlungsgürtel zu einer vielfachen Überhöhung des gemessenen Teilchenflusses.
Während eine erhöhte Sonnenaktivität im Laufe des elfjährigen Sonnenzyklusses zu einem intensiveren solaren Teilchenwind führt, nimmt gleichzeitig die Abschirmwirkung gegenüber der kosmischen Strahlung durch die ebenfalls erhöhte magnetische Aktivität der Sonne zu. Der Fluß an höherenergetischen Teilchen nimmt insgesamt dadurch ab.
Um den Detektorhintergrund zu reduzieren, wird beim Design des Instrumentes darauf geachtet, dass die Innenseiten des Detektorgehäuses sowie alle Flächen, von denen Teilchen oder Strahlung auf den Detektor reflektiert werden könnten, mit so genanntem Graded-Z-Shield ausgekleidet werden. Dabei handelt es sich um eine etwa 5 mm dicke Sandwichverbindung aus Materialien, die von außen nach innen eine geringere Kernladungszahl Z und eine geringere Dichte aufweisen. Erzeugte Sekundärteilchen werden in den äußeren Lagen früh gestoppt und dadurch eventuell ausgelöste Fluoreszenzphotonen dann in den darauf folgenden Schichten. Dabei ist die Abfolge der Materialien so gewählt, dass die Photonen der vorigen Schichten in der nächsten zu 95% gestoppt werden und die Photonen der innersten Schicht bereits unterhalb des Arbeitsbereiches des Detektors liegen.
Um das Detektorgehäuse herum wird meist ein Antikoinzidenz-Detektor (AC) aufgebaut. Er besteht z.B. aus Plastik-Szintillatoren, in denen ein Lichtblitz er- zeugt wird, wenn er von Hochenergetischen Teilchen durchquert wird. Nur das gewünschte Gesichtsfeld des Detektors bleibt offen.Tritt gleichzeitig ein Ereignis im Detektor und in der AC auf, so kann das Detektorereignis dem Strahlungshintergrund zugeordnet und verworfen werden.
Bei der Planung zukünftiger Röntgenobservatorien wird ein möglichst geringer Detektorhintergrund angestrebt. Am IAAT verwenden wir Monte-Carlo Simulationen zur Abschätzung und Optimierung des Detektorhintergrundes. Die Simulation physikalischer Prozesse und Wechselwirkungen wird dabei vom Geant4-toolkit übernommen.
Seit 2005 wird am IAAT der Detektorhintergrund für zukünftige Missionen simuliert und die Detektorgeometrie optimiert. Dabei haben wir an den folgenden Missionen mitgearbeitet:
Letztes Update 08/2017: Chris Tenzer
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