Institut für Politikwissenschaft

“Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser“ - Überlegungen zu einem anspruchsvollen Vertrauensbegriff in den IB

Vertrauen gilt in den weiteren Sozialwissenschaften als eine Grundbedingung robuster Kooperation unter den Bedingungen von Unsicherheit. Umso überraschender ist es, dass Vertrauen innerhalb der Internationalen Beziehungen bislang theoretisch unterspezifiziert blieb, und kaum Zeit und Mühen in die Entwicklung robuster Indikatoren zur Erfassung von Vertrauen investiert worden sind. Das Forschungsprojekt zu „Vertrauensbildung zwischen Staaten“ will einen doppelten Beitrag zur Behebung dieses Missstandes leisten. Zum einen wollen wir ein anspruchsvolles Konzept von Vertrauen zwischen Staaten formulieren und so operationalisieren, dass es für die empirische Forschung tauglich ist. Zum anderen wollen wir erste Bausteine zu einer Theorie der Vertrauensbildung in der internationalen Politik entwerfen und plausibilisieren.


Hierzu greifen wir auf das theoretisch anspruchsvolle Konzept des „starken Vertrauens“, das Vertrauen jenseits von reinen Kostenkalkülen als eigenständiges soziales Phänomen begreift zurück. In der ersten Projektphase wird ein theoretisches Phasenmodell dyadischer Vertrauensbildungsprozesse entworfen. Die Rolle von Vertrauensbildenden Maßnahmen (VBM), die in einem Vorprojekt des Projektleiters konzeptualisiert worden sind, soll dabei besondere Berücksichtigung finden. Zur Konstruktion geeigneter Indikatoren zur Erfassung von zwischenstaatlichen Vertrauen schlagen wir erstens vor, mittels einer automatisierten Analyse von offiziellen Stellungnahmen Ereignisdaten zu generieren und die Vertrauenserwartungen der Akteure direkt zu messen. Zweitens bietet sich eine indirekte Erfassung über Veränderungen in der Ausgestaltung kooperativer Arrangements an. Zur Validierung und Weiterentwicklung der Indikatoren soll ein strukturierter, fokussierter Vergleich der deutsch-französischen, der deutsch-polnischen und der deutsch-russischen Beziehungen dienen. In der zweiten Projektphase konstruieren wir ein theoretisches Modell über die Wirkungsweise vertrauensbildender Maßnahmen innerhalb von Transformationsprozessen von schwachen zu starken Vertrauensbeziehungen. Das Modell werden wir im Rahmen komparativer Fallanalysen auf empirische Plausibilität überprüfen.