Dr. Roman Beck
Dissertationsprojekt
Transparenz in der biomedizinischen Forschung. Eine notwendige Voraussetzung für den ethischen Diskurs über die Selbstgestaltung des Menschen
Unter der Selbstgestaltung des Menschen versteht man biotechnische Veränderungen jenes Teils der menschlichen Natur, der dem Menschen bisher „naturwüchsig“ vorgegeben ist. Durch diese Verschiebung der natürlichen Grenzen werden Handlungsräume eröffnet, bei der der Einzelne seine Grenzziehungen selbstständig durchführen muss. Bei gesellschaftlichen und individuellen Entscheidungen über solche Grenzziehungen ist man auf Orientierung und sachliche Aufklärung angewiesen. Zwar können biomedizinische Wissenschaftler in ihrer Funktion keine Orientierung geben, sie liefern aber Informationen für die Entscheidungsfindung bei dieser Problemstellung. Die zugrunde liegende Kommunikation kann als „asymmetrisch“ bezeichnet werden, da der Wissenschaftler als Experte wahrgenommen wird, dem die Gesellschaft Vertrauen entgegen bringt. Die Vertrauenswürdigkeit wird maßgeblich durch die Transparenz seiner Aussagen geschaffen. Nun ist zu beobachten, dass das wissenschaftsethisch eingeforderte Transparenzgebot nicht durchgehend erfüllt wird.
Das Transparenzgebot wurde bisher nahezu ausschließlich im Rahmen des Wissenschaftsethos als interne Verantwortung gegenüber der scientific community, jedoch nicht in seiner externen Bedeutung erörtert: In ihrer Funktion als Experten kommen biomedizinischen Wissenschaftlern wichtige Einflussmöglichkeiten auf gesellschaftliche Normierungsprozesse und individuelle Urteilsbildungen zu. Mit ihren Aussagen und Prognosen erzeugen sie Realitäten, die andernfalls so nicht existierten. Werden folglich wissenschaftliche Aussagen im bioethischen Diskurs nicht transparent verfasst, kann dies für die Entscheidungsfindung hinsichtlich der Selbstgestaltung des Menschen gravierende Folgen haben.
Es ist daher erforderlich, (a) die Bedeutung des Transparenzgebots in ihrer Breite und Tiefe für den bioethischen Diskurs zu untersuchen. Dazu ist das vielschichtige Verhältnis zwischen Akteuren in der biowissenschaftlichen Forschung, Gesellschaft und Individuum zu bestimmen. Es ist (b) zu prüfen, wie Transparenz in dieser Hinsicht ethisch eingefordert und begründet werden kann. Ziel des Projektes ist es, ein Fundament für den ethischen Diskurs über die Selbstgestaltung des Menschen zu schaffen, in welchem die Gesellschaft und das Individuum auf transparente Informationen der Wissenschaft zurückgreifen und auf dieser Grundlage ethische Urteile bilden können.
Zur Person
Studium der Biologie (Diplom) und Katholischen Theologie (Diplom) in Tübingen und London. Seit April 2007 Mitglied am Graduiertenkolleg „Bioethik“. Das Dissertationsprojekt wird von Prof. Dr. Dietmar Mieth betreut.
Kontakt
E-Mail: roman.beck[at]izew.uni-tuebingen.de