Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW)

14. Vilmer Sommerakademie

"Natur(schutz) und Literatur"

vom 12.-16. Juli 2015

Veranstalter:

Bundesamt für Naturschutz in Kooperation mit Christian-Albrechts Universität Kiel, Eberhard-Karls-Universität Tübingen

Leitung:

Dr. Norbert Wiersbinski, Porf. Dr. Konrad Ott (Universität Kiel), Prof. Dr. Thomas Potthast (Universität Tübingen), Dr. Reinhard Piechocki, Kasnevitz auf Rügen

Teilnehmer:

Vertreter von Naturschutzbehörden und Naturschutzver-bänden, Umweltpolitiker, ehrenamtliche Naturschützer, Naturwissenschaftler, Geisteswissenschaftler, allgemein Interessierte (Die verwendete männliche Form schließt die weibliche ein.)

Anmeldeschluss:

22.06.2015

"… Der Wald steht schwarz und schweiget

Und aus den Wiesen steiget

Der weiße Nebel wunderbar…"

Ob im "Abendlied" von Matthias Claudius (1778) oder in der Sprache der Märchen mit den einprägsamen Bildern von Natur, wir haben die Worte im Ohr und die Bilder dazu vor Augen: Der murmelnde Bach, das liebliche Tal und der schöne Wiesengrund aber auch der dunkle Wald, das schaurige Moor oder der böse Wolf. Welche Rolle spielte und spielt Literatur für unsere ganz persönlichen Bilder von Natur und bei der Entstehung und Popularisierung der Naturschutzidee?

Rückblickend war Literatur vom frühen 18. Jahrhundert bis weit ins 20. Jahrhundert hinein eines der wichtigsten Medien, in denen die sich entfaltende bürgerliche Gesellschaft ihre Leitideen, Einstellungen, Urteile, Wahrnehmungen, Wertvorstellungen und auch ihren ‚Gefühlshaushalt' artikulierte. Für die Begründung und Legitimation des Heimat- und Naturschutzes hat Literatur eine bedeutsame Rolle gespielt. Sie hat ganz wesentlich an der Grundlegung der ‚mentalen Dispositionen' mitgewirkt, auf denen der klassische Naturschutz basierte. Richten wir den Blick von der Spurensuche in der Vergangenheit auf die Gegenwart und Zukunft zeigt sich zunächst ein unübersichtliches Bild, weil sich Literatur im Wettbewerb mit anderen attraktiven Medien wie Film, Fernsehen, Radio und Internet befindet. Wir glauben dennoch, dass Literatur auch heute in der Lage ist, mittels der Sprache Bilder zu erzeugen und Geschichten zu erzählen, die uns prägen. Sie kann inspirieren, motivieren und faszinieren. Es gibt z.B. eine lange Tradition des "Nature Writing" in den USA, aber auch in Europa und Deutschland, die gerade eine Wiederentdeckung erlebt. Die Literatur könnte die Wahrnehmung und Wertschätzung von Natur, ihre Schutzbedürftigkeit mit dem Mittel der Sprache befördern und unterstützen. Der Nutzen für den Naturschutz wird sich nicht sofort messen lassen oder direkte politische Wirksamkeit entfalten. An der Beeinflussung von "mentalen Dispositionen" und Werthaltungen auch in der Gegenwart besteht aber kein Zweifel. So gilt z. B.Henry David Thoreau (1817-1862) als einer der wichtigsten Vertreter des "Nature Writing" zugleich als einer der geistigen Väter der heutigen Umweltbewegung.

Mit einem kleinen Gedicht - als Beleg für die Macht der Sprache und der durch sie erzeugten Bilder in Vergangenheit und Gegenwart - laden wir sie herzlich ein, sich an ihrer eigenen und unserer Spurensuche in Sachen Literatur und Naturschutz zu beteiligen.

Eduard Mörike "Septembermorgen" (1827)

Im Nebel ruhet noch die Welt,

Noch träumen Wald und Wiesen:

Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,

Den blauen Himmel unverstellt,

Herbstkräftig die gedämpfte Welt

In warmem Golde fließen.

Dies ist zweifellos ein stimmungsvolles Natur- und Landschaftsbild in Gedichtform. Hören wir nun die Reduktion des Textes auf seinen ökologisch-klimatischen Gehalt, in einer nichtliterarischen Sprache.

Zunächst noch verbreitet Morgennebel.

Besonders in den Niederungen;

Später aufklarend und sonnig

Bei warmen Herbsttemperaturen.

(zitiert nach Werner Nohl, Landschaftsarchitekt)

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