Uni-Tübingen

Evangelische Theologie

Das Studium der Evangelischen Theologie bietet vielfältige Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit religiösen und philosophischen Fragen und bietet die Chance, mit Studierenden aus der ganzen Welt ins Gespräch zu kommen. Das Studium ist interdisziplinär, indem es historische, philosophische, empirische und theologische Perspektiven miteinander verbindet und ermöglicht darüber hinaus vielfältige Anschlüsse an andere Wissenschaften. Das Studium der Evangelischen Theologie bietet neben den beiden Berufsperspektiven als Pfarrerin bzw. Pfarrer oder Religionslehrerin bzw. Religionslehrer zu arbeiten, auch viele andere Möglichkeiten der Berufsausübung, in denen die Kompetenz gefragt ist, den christlichen Glauben in seinen diversen Dimensionen zu verstehen und seine Relevanz für die Gegenwart zu entfalten.

Veranstaltungen vor Ort im Sommersemester 2024

Die Veranstaltungen können während des ganzen Semesters besucht werden (Ende April bis Ende Juli 2024)

 

 Montag, 14.00 - 16.00 Uhr: Melanchthons Loci communes
 Die Veranstaltung im Vorlesungsverzeichnis

 Mittwoch, 14.00 - 16.00 Uhr: Einführung in die historisch-kritische Exegese des Alten Testaments (mit Hebräisch)
 Die Veranstaltung im Vorlesungsverzeichnis

 Mittwoch, 16.00 - 18.00 Uhr: Einführung in die Methodik kirchengeschichtlichen Arbeitens: Theologie und Praxis antiker Konzilien
 Die Veranstaltung im Vorlesungsverzeichnis

 Donnerstag, 14.00 - 16.00 Uhr: Einführung in die exegetischen Methoden des Neuen Testaments
 Die Veranstaltung im Vorlesungsverzeichnis

BW² – Beispielaufgaben aus dem Studium

Evangelische Theologie an der Eberhard Karls Universität Tübingen

Auf der Plattform BW² – Beispielaufgaben aus dem Studium finden Sie zahlreiche Aufgaben zu Studiengängen, in denen Sie Ihren ersten Hochschulabschluss erwerben können. Erproben Sie, wie gut Sie sich in der Evangelischen Theologie bereits auskennen und ob Sie sich für die Materie begeistern können.

Hier gelangen Sie zur Einstiegsseite mit grundlegenden Informationen. Im nächsten Schritt geht es zu den  Beispielaufgaben. Die Inhalte sind so ausgewählt, dass Sie einen Einblick in wesentliche Themenbereiche und Methoden des jeweiligen Studiengangs erhalten. Zur Lösung der einzelnen Aufgaben bekommen Sie ein Feedback oder weiterführende Erklärungen. Die Aufgaben können Sie so oft ausprobieren, wie Sie möchten. Es ist keine Registrierung erforderlich.


hochschulreif. Der Tübinger Podcast zur Studienwahl

Folge #02: Evangelische Theologie

Wie viele alte Sprachen muss ich im Theologiestudium lernen? Und wie wichtig ist mein Glaube für das Studium? Über diese und andere Fragen sprechen wir mit unserem Studiogast Professor Dr. Volker Leppin zum Studienfach Evangelische Theologie. Außerdem berichten Tübinger Studierende über ihre Beweggründe für ein Theologiestudium, was sie an ihrem Studium begeistert und wohin sie beruflich damit möchten.

Listen
Alexandra Becker (A. B.): Herzlich Willkommen bei „hochschulreif", dem Tübinger Podcast zur Studienwahl. Wir stellen Euch hier in jeder Folge ein Studienfach vor, damit Ihr Euch vorstellen könnt, was Euch im Studium etwa erwartet. Wir, das sind mein Kollege Christoph Jäckle und ich, Alexandra Becker. Hallo Christoph!

Christoph Jäckle (C. J.): Hallo Alex!

A. B.: Wir beide sind vom Team der Zentralen Studienberatung der Uni Tübingen und laden uns in jeder Folge einen Gast ein, mit dem wir über das jeweilige Fach sprechen. Heute dreht sich alles um das Fach Evangelische Theologie. Dazu haben wir uns Professor Volker Leppin eingeladen. Volker Leppin lehrt am Institut für Spätmittelalter und Reformation den Bereich Kirchengeschichte. Damit ist er also genau richtig hier bei uns. Hallo Herr Leppin!

Prof. Dr. Volker Leppin (V. L.): Hallo, vielen Dank für die Einladung!

A. B.: Schön, dass Sie heute da sind! Herr Leppin, wir sind schon wahnsinnig gespannt, warum Sie sich damals für Evangelische Theologie entschieden haben. Lassen Sie uns aber zunächst hören, was Studierende auf diese Frage geantwortet haben.

Persönliche Motivation (01:05)

Studi 1: Ich habe mich schon immer für Philosophie, alte Kulturen und christliche Bräuche interessiert und ich habe mich gerne mit biblischen Texten beschäftigt.

Studi 2: Der Hauptgrund ist mein Glaube. Er macht einen großen Teil von meinem Leben aus. Das war für mich eine Motivation und ein Grund, dieses Fach zu studieren, dass ich einfach noch mehr darüber lernen kann.

Studi 3: Mein Religionslehrer hat mir damals eine Informationsbroschüre für die Abi-Info-Tagung des Evangelischen Stifts gegeben. Dort war ich absolut begeistert von dem Studiengang.

Studi 4: Ich war schon immer sehr engagiert, beispielsweise in der Kinderkirche bei uns in der Gemeinde. Auch in der Schule war Religion immer mein Lieblingsfach. Außerdem kam unser Pfarrer in der Gemeinde auf mich zu und hat nachgefragt, ob das nicht etwas für mich wäre.

C. J.: Das waren schon ein paar spannende, persönliche Beweggründe für das Studium. Herr Leppin, können Sie sich noch daran erinnern, was bei Ihnen den Ausschlag gegeben hat? Warum haben Sie sich für das Studienfach Evangelische Theologie entschieden?

V. L.: Das fängt erst einmal ganz langweilig an. Ich bin Pfarrerssohn. Es lag nahe, an die Theologie zu denken. Das war aber nicht der einzige Grund. Ich bin in Marburg aufgewachsen. In einer Stadt, die damals in den 80er Jahren eine sehr starke intellektuelle Präsenz von atheistisch denkenden Menschen hatte. Viele meiner Mitschüler und Mitschülerinnen waren selbst ausdrücklich Atheisten. Wir sind in sehr intensive, interessante Diskussionen gekommen. Dann dachte ich mir, ich will es jetzt genauer wissen. Ich will wissen, stimmt das: Wissenschaftlich kann man nicht glauben? Oder ist nicht vielleicht doch etwas dran? Nach ein paar Jahren Theologiestudium würde ich sagen, es ist etwas dran.

C. J.: Wären für Sie damals auch noch andere Fächer infrage gekommen? Denn man hätte auch sagen können, ich schaue mir diesen Gegenstand von einer anderen Perspektive aus an und studiere Philosophie.

V. L.: Tatsächlich wäre die andere Möglichkeit ganz weit weg gewesen. Ich habe viel über Mathematik nachgedacht. Ich hatte Mathe im Leistungskurs. Dann habe ich überlegt: In welchem Studiengang lerne ich Dinge oder beschäftige ich mich mit Dingen, die viel mit mir zu tun haben? Ich dachte, das ist in der Theologie eher der Fall als in Mathematik.

C. J.: Sie haben, wenn ich das richtig weiß, selbst während Ihres Studiums auch Zeit im Ausland verbracht. Ist das denn üblich bei einem Studium der Evangelischen Theologie?

V. L.: Gerade bei uns in Tübingen gibt es viele Studierende, die das machen. Wir haben auch sehr viele Austauschprogramme über unterschiedliche Institutionen. Die Fakultät, auch das vorhin genannte Evangelische Stift vermitteln Auslandsstudiengänge und das weitet den Horizont. Wir lernen dann in anderen Kontexten kennen, wie die Dinge, mit denen man sich hier beschäftigt, auch mal ganz anders angeschaut werden können.

A. B.: Da bin ich jetzt aber auch neugierig, wo Sie waren. Erzählen Sie doch mal!

V. L.: Ich war ein Jahr in Jerusalem. Das war dort eine Institution, ein Kloster, die Dormitio Abtei, das deutschsprachig besetzt ist, und einen Studiengang für deutsche Studierende ermöglicht hat. So hatten wir nicht den Aufwand, wie es bei anderen Studiengängen in Israel der Fall ist, modernes Hebräisch lernen zu müssen. Wir hatten aber viele Kontakte im Land und haben das Land durch viele Reisen erkundet. Es war ein unglaublich inspirierendes Jahr.

C. J.: Es wurde jetzt auch schon zweimal das Evangelische Stift genannt und ich kann mir vorstellen, dass viele unsere Zuhörerinnen und Zuhörer das gar nicht kennen. Können Sie uns kurz etwas dazu sagen?

V. L.: Das Evangelische Stift ist eine Einrichtung mit fast 500 jähriger Geschichte. In der Zeit der Reformation für den Nachwuchs, insbesondere von Theologen – damals noch nicht für Theologinnen, inzwischen aber auch für Theologinnen – im damaligen Herzogtum Württemberg gegründet. Diese Institution hat durchgehalten und wird heute von der Landeskirche Württemberg finanziert und getragen. Sie gibt Stipendien aus für Studierende, die in Württemberg Pfarrer/Pfarrerinnen oder Lehrer/Lehrerinnen werden wollen. Es ist nicht das einzige Wohnheim, dass sehr stark auf Theologie ausgerichtet ist. Es gibt auch das Albrecht-Bengel-Haus. Das ist ein Wohnheim, das mit einem sogenannten evangelikalen Hintergrund gegründet worden ist. Also mit einer bestimmten Haltung, die das Verhältnis zu der akademischen Theologie in den eigenen Einrichtungen des Albrecht-Bengel-Hauses noch einmal diskutiert und da Studierende aus ganz Deutschland in diesem Haus sammelt.

C. J.: Und wie muss ich mir das vorstellen, wenn ich da als Studierender wohne? Ist es dann ein reines miteinander Wohnen oder werden dort auch Gesprächsrunden angeboten? Gibt es dort auch Lehreinheiten? Oder es ist tatsächlich einfach nur gemeinschaftliches Wohnen von Studierenden der Theologie?

V. L.: In beiden Häusern gibt es noch eigene Lehrveranstaltungen, die zusammen mit den anderen, die dort wohnen, besucht werden können. Ein eigenes Programm. Dazu kommt auch: die Leute, die dort studieren, die treffen von morgens bis abends Studierende, die am selben Thema sitzen. Das merken wir in der Fakultät. Das sind Menschen, die legen die Theologie nicht ab, wenn das Seminar beendet ist, sondern sie sind weiter im Gespräch und tragen die Frage weiter, wie es jetzt eigentlich mit den theologischen Themen steht.

C. J.: Also ein schönes, besonderes Angebot in Tübingen, wenn man Theologie studiert und die Möglichkeit hat, dort auch zu wohnen.

V. L.: Da ist Tübingen wirklich ausgezeichnet aufgestellt mit diesen Wohnhäusern. Und dazu gibt es natürlich auch viele, die in der Stadt verteilt sind. Es kann auch sein, dass man sagt, ich möchte mal andere Menschen treffen. Ich möchte vielleicht mal Mathematiker und Juristinnen treffen. Dazu ist die Möglichkeit in Tübingen genauso da.

C. J.: Wir haben Studierende auch gefragt, wie denn ihr Studienalltag so aussieht. Hören wir uns das doch mal an.

Studieninhalte (06:31)

Studi 1: Ich bin im ersten Semester bzw. ich fange jetzt mein zweites an, deshalb sieht bei mir der Studienalltag noch nach sehr viel Sprachenlernen aus.

Studi 2: Eine typische Studienwoche sieht bei mir so aus, dass ich die meisten Veranstaltungen zwischen Montag und Donnerstag habe. Die Vorlesungen finden in der Regel vormittags statt, während die Seminare und Übungen nachmittags stattfinden. Im Gegensatz zum Schulunterricht, ist es im Studium so, dass man sich genug Zeit einplanen sollte, um vor- und nachzubereiten.

Studi 3: Insgesamt finde ich, steckt meine Studienwoche in der evangelischen Theologie voller Austausch, teilweise persönlichem Austausch in Lerngruppen oder Vorbereitungsgruppen mit anderen Studenten.

A. B.: Jetzt haben wir gehört, wie Studierende hier ihren Studienalltag organisieren. Und da stellt sich natürlich die Frage: Was ist das inhaltlich? Welche Fachbereiche gibt es, wenn man mit der evangelischen Theologie beginnt?

V. L.: Der Beginn, das wurde schon eben von der einen Kommilitonin angesprochen, besteht meistens erst einmal darin, sich die alten Sprachen anzueignen. Es wird kaum jemanden geben, der oder die Latein, Griechisch und Hebräisch vom Abitur mitbringt. Manche bringen Latein mit, ganz wenige noch zusätzlich Griechisch, sodass erstmal diese Sprachen nachgeholt werden müssen, um dann vorbereitet zu sein auf diese unterschiedlichen Fachbereiche. Wir haben zum einen zwei Fachbereiche im Feld der biblischen Wissenschaft: Altes und Neues Testament. Da geht es darum, diese Texte im Original und in ihrem religionsgeschichtlichen Kontext kennenzulernen. Also zu schauen: Was steckt dahinter, dass es die Sinnflutgeschichte gibt und schon eine viel ältere mesopotamische Geschichte, in der auch so etwas Ähnliches vorkommt wie die Sintflut? Wie kommt das? Wie rutscht das in die Bibel hinein? Dann gibt es den Bereich, den ich selbst vertrete, die Kirchengeschichte, wo es darum geht, die zweitausend Jahre Entwicklung des Christentums seit den Anfängen verstehend nachzuvollziehen. Unter anderem auch die Frage, warum haben wir heute unterschiedliche Konfessionen? Warum haben wir in Tübingen nebeneinander eine evangelische und eine katholische Fakultät? Das hat historische Hintergründe. Und natürlich hat das auch aktuelle Gründe. Da sind wir im Bereich der systematischen Theologie, wo es darum geht zu sehen: Wie steht das Christentum eigentlich heute da? Wie kann man heute das Christentum verstehend wissenschaftlich erklären und durchbuchstabieren? Eine Studentin hatte vorhin gesagt: „Ich habe mich schon immer für Philosophie interessiert." Die wird wahrscheinlich viel Spaß an der systematischen Theologie haben, wo es auch darum geht, Theologie philosophisch zu reflektieren. Und dann gibt es noch den Bereich der Praktischen Theologie, in dem darüber nachgedacht wird, wie sind die Arbeitsfelder – die klassischen Arbeitsfelder Pfarramt und Lehramt – in der heutigen Gesellschaft? Auch, was bedeutet es heutzutage, am Sonntagvormittag Verkündigung zu betreiben, wenn man vielleicht in Sachsen oder Thüringen in einem Umfeld ist, in dem den allermeisten Menschen dieser Sonntag nichts Religiöses mehr sagt?

A. B.: Sie haben schon die Sprachen angesprochen. Das ist auch ein Feld, das nach sehr viel Arbeit klingt. Und man könnte ja fragen, wozu denn diese ganzen alten Sprachen, die niemand mehr spricht, wenn doch eigentlich alles schon übersetzt ist? Was würden Sie sagen, warum ist es wichtig, diese Sprachen zu können?

V. L.: Ich beobachte gerade an der jetzigen Generation, die jetzt ins Studium kommt, dass sie beneidenswerterweise über Sprachen verfügen, wenn es beispielsweise darum geht, Filme zu gucken. Ich sehe das bei vielen jungen Menschen. Wenn die wissen, da ist ein Film ursprünglich auf Englisch gedreht, dann gucken sie den auch lieber auf Englisch, weil da mehr Geschmack des Originals drin ist, weil man mehr mitkriegt, wie das ursprünglich tatsächlich gedacht und gefühlt worden ist, obwohl es den Film auch synchronisiert gibt. Diese Synchronisation kann meistens das Original nicht wirklich voll wiedergeben. Und so ähnlich ist es mit dem biblischen Text auch, ganz besonders beim Alten Testament. Die hebräische Sprache funktioniert ganz anders als die deutsche Sprache, ist in der grammatischen Struktur ganz anders. Aber auch beim Neuen Testament; das Griechische hat andere Möglichkeiten zu differenzieren. Wenn ich also ganz genau verstehen will, worum es geht, dann kann ich mich auf keine Übersetzung, sie mag noch so gut sein, verlassen, sondern dann muss ich in das Original schauen. Im Lateinischen gilt dann sogar, dass viele der lateinischen Texte nicht übersetzt sind. Und natürlich gilt genauso für das Lateinische, das ich genauer verstehe, wenn ich in das Original hineinschaue.

A. B.: Das war ein schönes Beispiel mit dem Film. Vielleicht kennt das der ein oder andere auch, dass man manchmal merkt, wenn Ironie so ganz seltsam ins Deutsche übersetzt ist und im Englischen, wie Sie das auch als Beispiel genannt haben, das nochmal ganz andere Bedeutungsnuancen hat. So kann ich mir das auch gut vorstellen.

C. J.: Schön, Sie hatten ja verschiedene Fachbereiche, verschiedene Disziplinen schon genannt, wie einen historischen Zugang, einen philosophischen Zugang. Können Sie an ein, zwei kleinen Beispielen – vielleicht ein Seminar, ein Thema oder eine konkrete Fragestellung – kurz erklären, wie so ein methodischer Zugang ist? Mit welchen konkreten Fragen beschäftige ich mich zum Beispiel, wenn ich kirchenhistorisch ein Seminar besuche oder philosophisch in dem Bereich unterwegs bin?

V. L.: Also kirchenhistorisch kann ein Thema sein: Die Mystik von Frauen im Mittelalter. Was sind das für Texte, was sind das für Gestalten, die davon ausgehen, es gibt eine intensive Einigung mit Gott? Gott kommt in mein Leben, kommt sogar in meinen Körper hinein, kommt in meine Seele hinein. Wie drücken diese Frauen sich aus? Das kann ein Seminarthema sein. Ein ganz anderes Seminarthema im Bereich Systematische Theologie am Übergang zur Religionsphilosophie kann sein: Gottesbeweise. Kann ich überhaupt die Existenz Gottes beweisen? Wie hat das Anselm von Canterbury versucht? Wieso hat Immanuel Kant gesagt, mit dem Gottesbeweis sieht es eher schwierig aus? Wie kommt es, dass trotzdem noch im 20. und 21. Jahrhundert Religionsphilosophen sagen, es gibt die Möglichkeit, Gott zu beweisen? Das wird dann jeweils anhand der entsprechenden Texte durchdiskutiert. Und um vielleicht dann doch noch das dritte Feld mit der Exegese, mit den biblischen Fächern, zu öffnen. Da kann ein Thema etwa sein: Wie ist das Verhältnis des Apostels Paulus zu seinen Gemeinden? Wir kennen aus der Bibel einen Römerbrief, wir kennen zwei Korintherbriefe. Wie sieht das in den Gemeinden aus, wenn Paulus schildert, da wird auf eine bestimmte Weise das Abendmahl gefeiert? Was steht sozial dahinter, dass die Leute offensichtlich Schwierigkeiten damit haben, ihr Essen irgendwo hinzubringen und gemeinsam zu essen? Da sind Arme und Reiche beieinander. Daraus kann man Rückschlüsse auf die soziale Situation der Gemeinden ziehen.

C. J.: Zusammengefasst, im Endeffekt sind es dann textwissenschaftliche Zugänge, es sind gesellschaftliche Zugänge, historische Zugänge. Je nachdem eben, aus welchem Bereich man sich das jeweilige Thema genau erschließt?

V. L.: Das Methodenspektrum ist tatsächlich sehr, sehr breit. Auch das Feld, was man abschreitet. Es geht vom Alten Orient im zweiten, dritten Jahrtausend vor Christus bis in die unmittelbare Gegenwart mit soziologischen Theorien der Gegenwart. Es ist schon – nicht ein Rundumschlag, das klingt ein bisschen blöd – es ist eine Tour, die durch viele, viele Wissensfelder hindurchführt.

A. B.: Wie ist das denn, wenn man sich so ganz wissenschaftlich der Theologie annähert? Sie haben schon angesprochen, der eigene Glaube spielt auch eine Rolle bei den meisten Studierenden, vielleicht auch bei allen. Was passiert, wenn man mit seinem Glauben ins Hadern kommt? Passiert das vielen? Haben Sie, das schon miterlebt?

V. L.: Das passiert jedenfalls einigen, gehört vielleicht in gewisser Weise insgesamt dazu, dass man mindestens kleine Krisen hat. Und bei manchen wächst es sich zu großen Krisen aus, die dann auch ganz unterschiedlich ausgehen könnten. Das Erste, was passieren sollte, ist natürlich, dass man sich an Freunde, Freundinnen, vielleicht Lehrende an der Fakultät wendet und offen das Gespräch sucht und sagt, hier und da habe ich Schwierigkeiten. Mit einem selbst, kann es den Weg finden, – das habe ich leider erlebt – dass Menschen sagen, ich kann jetzt nicht mehr hinter dem Theologiestudium stehen. Das ist dann persönlich schwierig für die Personen, oft muss man aber sagen, auch ein Stück Persönlichkeitsentwicklung. Die Menschen sagen sich dann, jetzt habe ich eine Position gefunden, wenn auch eine andere, als ich vor ein paar Jahren dachte. Bei den allermeisten ist es der Fall, dass der eigene Glaube reift. Wenn ich in der Lage bin, Dinge genauer zu verstehen, genauer zu begründen und merke mein Glaube sitzt doch noch einmal tiefer als etwa die Frage, ist jetzt dieser Brief tatsächlich vom Apostel Paulus geschrieben oder nicht. Wir gehen heute davon aus, dass etwa die Briefe an Timotheus, die auf Paulus zurückgeführt werden, biblisch tatsächlich nicht von ihm stammen. Das kann manche sehr irritieren. Die Frage ist aber, hängt mein Glaube daran fest? Ist das wirklich die Frage? Und wenn ich dazu dränge zu sehen, mein Glaube sitzt noch einmal tiefer, dann ist das ein ganz wichtiges Stück der eigenen Entwicklung.

C. J.: Wir haben auch Studierende gefragt, welche persönlichen Voraussetzungen sie mitbringen beziehungsweise was sie am Studium so begeistert. Vielleicht hören wir da mal kurz herein.

Persönliche Voraussetzungen (15:42)

Studi 1: Mich begeistert, dass man sich in seinem Studium mit der Bibel beschäftigen kann und da einfach so viel drüber lernen kann und sich mit so vielen wichtigen zentralen Lebensfragen auseinandersetzt.

Studi 2: Ich habe evangelische Theologie online angefangen zu studieren und habe im Vergleich zu meinen anderen Lehramtsfächern sehr schnell gemerkt, dass in der evangelischen Theologie doch die größte Offenheit unter den Studierenden da ist und ich sehr viele neue Leute kennengelernt habe, auch online.

Studi 3: Ich finde, es ist ein echt schönes Studium für mich, weil ich meinen Interessen nachgehen kann. Theologie ist außerdem sehr vielfältig, also von der Kirchengeschichte hin bis zur Auslegung und Übersetzung der Bibel ist wirklich alles mit dabei.

Studi 4: Zusammengefasst kann man sagen, wenn man evangelische Theologie studiert, hat man ein sehr abwechslungsreiches, ein sehr freies, aber auch ein sehr wissenschaftliches Studium und man sich auf jeden Fall mit kritischen Fragen auseinandersetzen wird.

C. J.: Also was ich bei all den Aussagen von Studierenden raushöre, ist, dass ganz viele einen sehr persönlichen Zugang zu diesem Studium haben und sich das von anderen Studienfächern unterscheidet. Ich glaube, weil viele sich durch diesen gemeinsamen Glauben und auch das gemeinsame Diskutieren mit ganz persönlichen Fragen auseinandersetzen.

V. L.: Das ist definitiv so. Und wir hatten ja eben schon das Thema, was macht das mit mir? Haben von der Krise her gedacht. Aber es gibt den großen, breiten, normalen Weg, in dem jede wissenschaftliche Frage und jede wissenschaftliche Antwort in irgendeiner Weise doch etwas mit meinem Glauben zu tun hat und ich mich persönlich dazu stellen muss. Das macht dieses Studium faszinierend. Das macht das wirklich zu einer Reise der eigenen Lebensentwicklung.

C. J.: Es ist vermutlich nicht zwingend nötig, selbst evangelisch zu sein und selbst einen starken Glauben zu haben. Aber wahrscheinlich haben es die meisten Studierenden, oder?

V. L.: Formalrechtlich ist es tatsächlich so, dass man für die Abschlüsse Mitglied einer evangelischen Kirche sein muss. So sind die Regelungen in Deutschland. Was das Inhaltliche angeht, gibt es eben auch unter denjenigen, die Mitglieder in der Kirche sind, natürlich diejenigen, die näher dran sind, und diejenigen, die mehr Distanz haben. Und diejenigen, die mehr Distanz haben, das sind nicht die schlechtesten.

C. J.: Muss ich mich schon ganz früh festlegen, ob ich Richtung Lehramt gehen möchte oder ob ich mir eventuell auch eine Arbeit als Pfarrer vorstellen kann oder in einem ganz anderen Bereich?

V. L.: Es gibt immer Wechsel und Wechselmöglichkeiten. Viele Veranstaltungen sind für beide Studiengänge nutzbar. Den größten Unterschied macht wahrscheinlich das Lernen des Hebräischen aus. Für das Lehramt muss man nicht Hebräisch lernen. Das heißt, man hat dann auch alttestamentliche Veranstaltungen, die auf den deutschen Text zurückgreifen und nicht auf den hebräischen. Das müsste man dann, wenn man vom Lehramt Richtung Pfarramt wechselt, noch einmal ändern.

A. B.: Jetzt haben wir schon durch die verschiedenen Studiengänge, die es in dem Fach gibt, das ein oder andere berufliche Feld kennengelernt. Vielleicht können wir uns da anhören, was Studierende denn so für Pläne haben, was sie nach dem Studium machen möchten.

Berufsperspektiven (18:56)

Studi 1: Ich möchte vor allem Religionslehrerin werden. Ich finde es so schön, wenn man in das Klassenzimmer reingehen kann und die Schüler erst einmal ankommen dürfen. Das ist ein Fach, wo es wirklich um die Schüler geht und gar nicht groß um die Leistungen.

Studi 2: Nach dem Studium möchte ich gern in das Vikariat gehen. Das ist eine praktische Ausbildung für angehende Pfarrerinnen. Ich möchte Pfarrerin werden seit meiner Konfirmation.

Studi 3: Eine Möglichkeit, die ich mir eventuell auch vorstellen kann, ist, eine Weiterbildung zur Schulseelsorge zu machen. Das heißt, da noch tiefer zu gehen.

A. B.: Man merkt schon an den Tönen, dass Pfarrer/Pfarrerin oder Lehrer/Lehrerin wohl überwiegt. Was kann man denn außerhalb dieser Bereiche noch machen?

V. L.: Das sind im Grunde dann individuelle Entwicklungen, die auf diesen klassischen Berufsfeldausbildungen aufbauen. Es sind viele Theologinnen und Theologen etwa in den Bereich von Stiftungen gegangen, wo es um gesellschaftliche Betrachtung geht. Es gibt viele, die im Verlagswesen arbeiten. Es gibt tatsächlich auch Personen, die in der freien Wirtschaft im Personalmanagement arbeiten. Auch deswegen, weil Theologie als ein Fach gilt, in dem man relativ viele unterschiedliche Horizonte wahrnimmt, und das hilft im Personalmanagement. Insofern gilt Theologie auch von der Arbeitgeberseite als ein Studium, das für relativ viele Kompetenzen ausbildet, ohne, dass man sagen kann, von Theologie her ist, außerhalb von Kirche und Schule, genau das das Feld, in dem man arbeiten kann.

C. J.: Ist es verpflichtend, während des eigenen Studiums schon Praxiserfahrung zu sammeln? Muss man Praktika machen?

V. L.: Also im Lehramt ist es sogar so, dass wir in Tübingen ein Praxissemester haben, in dem die Studierenden tatsächlich intensive Erfahrungen mit der Schule machen. Im Pfarramt ist es auch so, dass ein Praktikum mindestens in einer Gemeinde erwartet wird. Dazu wird gerade vonseiten der württembergischen Landeskirche erwartet, dass in der Regel schon vor dem Studium praktische Erfahrungen im Sinne eines FSJ oder dergleichen gemacht werden, dass man also nicht allein den intellektuellen Weg wählt.

C. J.: Und machen auch viele Studierende ein Auslandssemester?

V. L.: Das machen sehr viele. Die meisten natürlich im englischsprachigen Ausland, weil es sich von der Sprache her ergibt. Aber wir haben von Tübingen aus beispielsweise auch Verbindungen mit der protestantischen Fakultät in Straßburg. Das heißt, wer im Französischen fit ist, hat dort wunderbare Möglichkeiten. Wir haben viele Studierende, die nach Rom gehen. Wir haben die Studierenden, die nach Israel gehen, also auch diejenigen, die dort auf Ivrit, dem modernen Hebräisch, studieren. Die kriegen bei uns in der Fakultät auch Kurse in modernem Hebräisch, sodass sie da schon einigermaßen vorbereitet sind. Das nutzen sie und in der Regel kommen begeistert zurück.

A. B.: Wechseln viele während des Studiums die Hochschule und ist das wichtig in der evangelischen Theologie?

V. L.: Es ist jedenfalls gut, mal zu wechseln, ein oder zweimal zu wechseln, weil man dann noch einmal lernt, dass man das, was man in Tübingen als selbstverständlich gelernt hat, vielleicht in Greifswald, Göttingen oder in Münster auf ganz andere Weise betrachtet. Das gehört auch mit dazu, dass man in Geisteswissenschaften immer von einer bestimmten Perspektive her Dinge betrachtet, dass die Methode bestimmte Perspektiven enthält und da sind die Standorte jeweils unterschiedlich. Also es empfiehlt sich, für den eigenen Weg zu wechseln. In der Theologie ist das Wechseln auch relativ einfach. Dadurch, dass die evangelische Kirche in Deutschland eine Rahmenordnung für die kirchlichen Abschlüsse erlassen hat, orientieren sich die verschiedenen Fakultäten tatsächlich in etwa an demselben Lehrplan.

A. B.: So lernt man dann unterschiedliche Denkschulen kennen.

V. L.: Genau und wird dadurch auch kräftig herausgefordert.

C. J.: Ich glaube, ich habe keine weitere Frage momentan. Alex, wie ist es bei dir?

A. B.: Also für mich sind alle Fragen bestens beantwortet.

V. L.: Okay, prima.

C. J.: Klasse, ja, dann sage ich ganz lieben Dank, Herr Leppin, dass Sie da waren und dass Sie uns so viel Spannendes über das Studium der evangelischen Theologie berichtet haben. Ich hoffe, Ihr Hörerinnen und Hörer konntet einiges mitnehmen für Euch, falls Ihr Euch für das Studium interessiert. Und falls Ihr noch Fragen habt, schreibt uns eine E-Mail, die findet Ihr bei uns in den Shownotes und ansonsten ganz lieben Dank und…

A. B.: …bis zum nächsten Mal!

V. L.: Genau. Und an die Hörenden, fragen Sie auch gerne direkt in der Evangelisch-Theologischen Fakultät nach, auch da werden Sie immer Antwort bekommen. Wir freuen uns über Ihr Interesse und freuen uns auf Sie!

Shownotes

„hochschulreif“ spricht mit Prof. Dr. Volker Leppin über die folgenden Themen: 
01:05 Persönliche Motivation
06:31 Studieninhalte
15:42 Persönliche Voraussetzungen
18:56 Berufsperspektiven

Individuelle Unterstützung bei der Studienwahl findet Ihr bei der Zentralen Studienberatung der Universität Tübingen. Infos zu allen Studiengängen an der Universität Tübingen gibt es im Verzeichnis der Studiengänge.

Bei Fragen, Anregungen oder Kritik schreibt uns an: hochschulreif@uni-tuebingen.de