Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW)

Nachhaltige Entwicklung an Hochschulen fördern – Impulse aus dem Projekt HochN

Nachhaltige Entwicklung (NE) ist eine drängende gesellschaftliche Aufgabe – von der globalen bis zur lokalen Ebene. Hochschulen sind wie alle Institutionen gefordert, sich mit den damit verbundenen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Dies gilt gleich dreifach: (1) In Forschung und Lehre sollten Themen der NE in allen Disziplinen bearbeitet werden, um wissenschaftsbasierte Analysen von und Lösungsansätze für Problemlagen beizutragen. (2) Hochschulen haben eine besondere Aufgabe in der (Aus)Bildung von Menschen, die Führungsrollen übernehmen und die idealerweise als change agents dazu beitragen, den notwendigen Wandel der Gesellschaft zu befördern. (3) Als öffentliche und öffentlich wahrgenommene Institutionen können – und sollten – Hochschulen sogar als Vorbilder hinsichtlich praktizierter Nachhaltigkeit der eigenen Einrichtung dienen.

Bisherige Ansätze blieben lange isoliert auf einzelne Hochschulen beschränkt, und sie sind stark von Bundesland-abhängigen Rahmenbedingungen beeinflusst. Es fehlte an einer übergreifenden Perspektive auf Möglichkeiten, wie es komplexen Organisationen wie Hochschulen gelingen kann, den Prozess einer NE anzustoßen und dauerhaft und in allen Handlungsfeldern in die eigene Organisation zu integrieren, sowie hochschul-übergreifend dabei in aktiver Vernetzung zu sein und voneinander zu lernen. Auch Wege, möglichst viele Akteur*innen für Engagement für NE zu gewinnen, sind wichtig, um die Hochschullandschaft tatsächlich zu transformieren. Gesamtziel des Vorhabens HOCHN war vor diesem Hintergrund daher die Förderung Nachhaltiger Entwicklung an Hochschulen in Deutschland bezüglich aller relevanten Handlungsfelder: Forschung, Lehre, Betrieb, Governance, Nachhaltigkeits-Berichterstattung, Transfer sowie Vernetzung. Im Einzelnen wurden a) ein Netzwerk zum Erfahrungsaustausch bzgl. nachhaltigkeitsorientierter Hochschulentwicklung etabliert, b) ein gemeinsames Nachhaltigkeitsverständnisses für Hochschulen erarbeitet und vorgelegt, c) für alle Handlungsfelder integrative Leitfäden zur nachhaltigen Hochschul­entwicklung erstellt.

Für das Handlungsfeld Lehre war die Universität Tübingen durch das Ethikzentrum gemeinsam mit der Universität Bremen zuständig. Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) gilt als einer der zentralen Hebel für die notwendige gesellschaftliche Transformation hin zu einer NE. Daher wurden empirisch fundierte, praxisorientierte Modelle für curriculare Integration sowie für Qualitätssicherung in BNE entwickelt, in der Anwendung durch Weiterbildungs- u.a. Formate mit Praxisakteur*innen erprobt und weiterentwickelt, und im Leitfaden „Bildung für Nachhaltige Entwicklung in der Hochschullehre“ sowie im HochN-Wiki veröffentlicht. Vier Zugangsweisen werden dabei angeboten: 1. Kernelemente der Hochschul-BNE – ein Orientierungsrahmen, 2. Eine Taxonomie von BNE-Implementierungsansätzen mit unterschiedlicher Integrationstiefe und unterschiedlichen Lehrkontexten von der Einzelveranstaltung bis zum Studiengang, 3. Inhaltliche und formatbezogene Gestaltungsräume für BNE in einer Matrix von disziplinär bis transdisziplinäre, von wissens- bis transformationsorientiert, und 4. Anregungen zu einer Analyse der Lehr-Lern-Kultur und Gestaltungsoptionen in Hochschulen für BNE. Ferner wurde aus HochN heraus die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltigkeit an Hochschulen gegründet, die Vernetzungsmöglichkeiten und interaktive Veranstaltungen fortführt. Für die Universität Tübingen bedeutete das Projekt die Möglichkeit, Anregungen für einen gesamtinstitutionellen NE-Ansatz konkret auszuprobieren, und insbesondere für das BNE-Zertifikat „Studium Oecologicum“ wurden die Erkenntnisse unmittelbar konzeptionell und praktisch umgesetzt.