Seminar Ethik und Ökologie – Die Ethik der „Relationalität“ und ihre Implikationen für die Ökologie
Nach einem ersten Workshop in Aix-en-Provence, bei dem die Gaia-Hypothese von Lovelock Margulis als globaler Rahmen für eine erneuerte Umweltethik hinterfragt wurde, wollen wir nun die theoretische Debatte, die in diesem disziplinären Feld geführt wird, anhand der Analyse verschiedener Umweltethiken veranschaulichen und dabei insbesondere auf die der "Relationalität" eingehen. Kann diese relationale Sichtweise, die auf einem Netz von Beziehungen einschließlich zwischen Wissensformen beruht, ein philosophisches System darstellen, das für die Ökologie mobilisierbar ist? Es sei daran erinnert, dass sich die Umweltethik mit dem menschlichen Verhalten gegenüber der Natur befasst und versucht, konkrete Antworten auf die Fragen zu geben, die ihr gestellt werden. Die Herausforderungen der gegenwärtigen ökologischen Krise sind zweifellos politischer und wirtschaftlicher Natur. Grundsätzlicher sind sie jedoch eine Frage der Werte und der Beziehung zum Leben. Durch die Betonung der Beziehung zum Lebenden kann der Mensch nicht von dem historischen Netz der durch Koevolution geknüpften Verbindungen getrennt werden, und seine Handlungen können nicht von der Natur losgelöst werden : „[A]s human beings, we are embodied in the functions of being related to the processes of natural resource degradation, by being an efficient cause.“[1] Dementsprechend legt eine Ethik der Relationalität den Schwerpunkt auf die Pflege von Beziehungen und Bindungen als Element der Antwort auf die durch die ökologische Krise aufgeworfene Wertefrage.
In diesem Rahmen drehen sich die verschiedenen Fragen, die wir gerne diskutieren möchten, um (sind aber nicht beschränkt auf) die folgenden Themen:
- Zuallererst: Wie kann eine relationale Sichtweise die Probleme der ökologischen Philosophie beantworten, mit denen wir derzeit konfrontiert sind?
- Wie steht es mit anderen ethischen Sichtweisen auf die Natur und die Ökologie?
- Mit dem Verlust der biologischen Vielfalt und dem Klimawandel ist die Ökologie zu einem Faktor geworden, der verantwortliches Verhalten bestimmt. Wie kann man in diesem Zusammenhang die Frage der Ethik mit einer erneuerten Ökologie verbinden, die in der Welt von morgen handlungsfähig ist?
- Wenn die Natur wissend ist, wie kann es dann zu einem Wissensaustausch zwischen ihr und dem Menschen kommen, und wie kann eine relationale Sichtweise dem Rechnung tragen?
- Kann die Vorstellung, dass die Natur Wissen besitzt, auf eine relationale Ethik angewendet oder ausgeweitet werden?
- Was sind die ethischen Implikationen einer solchen Annahme? Was sind die Vor-/Nachteile im Vergleich zu anderen Ethiken?
- … ?
Wir freuen uns auf Beiträge aus verschiedenen wissenschaftlichen Feldern und auf einen interdisziplinären Austausch.
Der Workshop ist Teil des Projekts Enjeux d'une Nouvelle Éthique en Écologie (ENEE), das von Thierry Rolland (AMU), Vanessa Weihgold (IZEW, UT) und Thomas Potthast gemeinsam geleitet und von der IUT, dem CGGG, dem ZfW und dem IZEW finanziert wird.
Datum und Ort: 6.06 bis 7.06.2024 an der Universität Tübingen
Programm
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an vanessa.weihgold@izew.uni-tuebingen.de.
[1] Baindur, M. (2015): Nature in Indian Philosophy and Cultural Traditions, New Delhi (Sophia Studies in Cross-cultural Philosophy of Traditions and Cultures), p. 207.