Leona Litterst
Kollegiatin im Graduiertenkolleg Bioethik
Dissertationsprojekt
"Neues Leben" aus dem Labor? Ethische Aspekte der Synthetischen Biologie
Diverse Fachbereiche wie die Gentechnologie, die Systembiologie und die Informationstechnologie bereiteten in den letzten Jahren die Grundlagen für die Etablierung eines neuen wissenschaftlichen Teilbereiches: die Synthetische Biologie. Als eigenständiges Fachgebiet besteht die Synthetische Biologie seit ungefähr dem Jahr 2000 und hat als neue wissenschaftlich-technische Fachrichtung die Zielsetzung des Nachbaues bereits vorhandener und des Konstruierens völlig neuartiger biologischer Strukturen, die so in der Natur nicht vorkommen. Sie kann demnach auch als (Bio-)Ingenieurwissenschaft aufgefasst werden.
Im Dissertationsprojekt stelle ich die heterogenen Herangehensweisen und Implikationen verschiedener Forschungsrichtungen der Synthetischen Biologie differenziert heraus. Demnach beschreibe ich im ersten Teil der Arbeit die fünf Hauptforschungszweige, beleuchte deren Technik, Ziele und Visionen sowie die Darstellung der jeweiligen Methode in der Öffentlichkeit. Zudem zeige ich auf, ob mit der Methode „neues Leben“ generiert werden kann.
Angesichts der rasanten Entwicklung der naturwissenschaftlichen Forschung in den letzten Jahren ist der parallele und dabei auch antizipierende ethische Diskurs von großer Bedeutung. Im zweiten Teil der Arbeit führe ich den ambivalenten Charakter der Synthetischen Biologie als bloßes und/oder gefährliches Spiel aus und stelle die verschiedenen Verantwortungsbereiche unterschiedlicher Akteure im Wissenschaftsfeld der Synthetischen Biologie in das Zentrum meiner Betrachtungen. Schließlich gelange ich im Rahmen einer differenzierten Betrachtung des Lebensbegriffs und der Biofakt-Typologie nach Karafyllis (2003; 2006) zu einer möglichen Kategorisierung der Objekte der Synthetischen Biologie nach den Kriterien „künstlich“ bzw. „natürlich“ sowie „nichtlebend“ bzw. „lebend“. Den Objekten der Synthetischen Biologie kommt in den verschiedenen Ansätzen der Naturethik ein je unterschiedlicher moralischer Status zu. Ich werde prüfen, inwiefern sich entsprechend unterschiedliche Regeln für den Umgang mit ihnen ergeben würden, aber auch Gemeinsamkeiten der ethischen Beurteilungen und Handlungsanweisungen herausarbeiten. Auch werde ich – unter Einbeziehung der oben aufgeführten Typologie – untersuchen inwiefern mit der Möglichkeit einer Herstellung von Lebewesen Handlungsmöglichkeiten entstehen, die das menschliche Selbstverständnis und das Verständnis von Natur und Leben fundamental verändern können.
Literatur:
Karafyllis, Nicole C. (2003): Das Wesen der Biofakte. In: Karafyllis, Nicole C. (Hrsg): Biofakte. Versuch über den Menschen zwischen Artefakt und Lebewesen. Paderborn: Mentis, S. 11-26.
Karafyllis, Nicole C. (2006): Biofakte - Grundlagen, Probleme, Perspektiven. In: Erwägen, Wissen, Ethik 17(4), S. 547-558.
Zur Person
Studium der Biologie an der Universität Hohenheim. Diplom im Januar 2011 im Bereich Mikro- und Molekularbiologie mit einer naturwissenschaftlichen Arbeit zur Charakterisierung und Klonierung der bakteriellen Membraninsertase YidC aus Rhodospirillum rubrum. Seit Juni 2011 Mitglied des Graduiertenkollegs Bioethik am IZEW und DFG-Stipendiatin.