Muslime im Justizvollzug - eine Kooperation zwischen dem ZITh und dem Institut für Kriminologie (IfK) der Universität Tübingen
Von Dr. Abdelmalek Hibaoui
Im gerade unterschriebenen Koalitionsvertrag zwischen Bündnis 90/Die Grünen und CDU in Baden-Württemberg steht: „Der Umgang mit islamistischen Radikalisierungstendenzen hat Auswirkungen in unseren Haftanstalten. Notwendig sind daher vorbeugende Maßnahmen zur Erkennung, Unterbringung und Betreuung dieser Häftlinge. Wir werden Präventionsmaßahmen zur Verhinderung der Verbreitung extremistischen Gedankenguts, etwa durch besonders qualifizierte Imame, unter den Mithäftlingen fördern.“
Die Mitarbeiter des IfK erkennen, dass sie zu wenige Kenntnisse über den Islam besitzen, um die Wechselwirkung von muslimischer Religionspraxis und religiös-politischer Radikalisierung untersuchen zu können. Daher legte sich die Kooperation mit dem ZITh unter der Leitung von Dr. Abdelmalek Hibaoui nahe. So entstand eine (zumindest deutschlandweit) einmalige, jedoch angesichts unterschiedlicher Perspektiven und Forschungszugänge sicher auch herausfordernde Kooperation von Kriminologie und Islamischer Theologie. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit eines problemorientierten Forschungsansatzes, der die Religionsausübung von Muslimen im Strafvollzug und die Prävention von Radikalisierung im Blick hat.
So entstand ein wertvolles Instrument für den Erstkontakt mit den muslimischen Gefangenen im Sinne eines persönlichen Fragebogens: Studierende des ZITh befragten die Gefangenen nach ihrer religiösen Praxis vor und während der Haft (Einhaltung der islamischen Speisevorschriften, Gebet, Fasten). Sie erkundigten sich nach ihren persönlichen Erfahrungen mit Diskriminierung und Radikalisierung (Wie stehen sie zum Salafismus?) Auch der Bedarf nach seelsorglicher Begleitung wurde eruiert. Diese Interviews mit Gefangenen führten die Studierenden in den JVAs Rottenburg und Adelsheim durch. Die Kooperation mit dem IfK wird vor allem für die Masterstudierenden „Praktische Islamische Theologie für Seelsorge und Soziale Arbeit“ eine spannende Option als Forschungsfeld darstellen.