Zentrum für Islamische Theologie (ZITh)

ZITh Newsletter Ausgabe 1/2016 - 15.07.2016

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

Wir freuen uns, Ihnen heute den ersten Newsletter im Jahr 2016 präsentieren zu dürfen. Inzwischen ist es als feste Tradition etabliert, dass wir zum Ende des Semesters etwas ausführlicher von den Aktivitäten des ZITh berichten. Das Wintersemester war wie immer besonders reich an spannenden Veranstaltungen: Die Öffentliche Tagung “Theologie des Zusammenlebens. Was können Christentum und Islam dazu beitragen?” im April, die Ringvorlesung “Women and Religion”, die Vorlesungsreihe von Prof. Dr. Timothy J. Winter im Mai, um nur ein paar Highlights zu nennen.

Als Mitglieder der Post-doc Gruppe am ZITh möchten wir Sie auf eine außergewöhnliche Forschungsreise aufmerksam machen:

Vom 19.-22. Mai organisierte unsere Post-doc Gruppe in Zusammenarbeit mit der Fakultät der Geschichte der Universität Vilnius ein Workshop mit dem Titel „Exploring Tatar Manuscripts in Central-Eastern Europe: Comparative Perspectives on Devotional Manuscripts in Medieval and Early Modern Times“. Der Workshop bot die einmalige Möglichkeit, einen wenig erforschten Bereich des europäischen Islam zu untersuchen. Die tatarische Manuskripten-Sammlung umfasst verschiedene literarische Genres: u.a. Koran mit interlinearen Übersetzungen, tafsīr, hamā’il (Anthologien über mehrere religiösen Themen), taǧwīd, duʿā'. Diese Literatur bietet ein breites Spektrum an komparativen Studien vor allem im Bereich Aljamiado Literatur (Literatur in iberoromanischen Sprachen, die in arabischer Schrift verfasst ist).

Die Tataren in Osteuropa stellen ein Beispiel von gelungenem Zusammenleben dar und zählen zum muslimischen Kulturerbe Europas (die ersten registrierten Siedlungen im Großfürstentum Litauen stammen aus dem Jahre 1305-1341). In dieser Hinsicht können die Tataren vielleicht auch ein Vorbild für den religiösen Pluralismus in der Europäischen Union sein. Im Rahmen des Workshops haben die Teilnehmer zwei tatarische Dörfer in der Nähe von Vilnius mit ihren Moscheen und Friedhöfen besucht, was aufregende und unvergängliche Erinnerungen hinterließ.

Im WS 2016/2017 startet ein in Deutschland bisher einzigartiger Studiengang: Der Master of Arts "Praktische Islamische Theologie für Seelsorge und Soziale Arbeit". Dieser ist ein Novum in der akademischen Landschaft, besonders in der (deutschsprachigen) islamischen und islamisch-theologischen Wissenschaft.

Zu guter Letzt möchten wir Dr. Francesco Chiabotti für seine neue Lehrstelle im INALCO in Paris und Dr. Yazid Said für seine neue Stelle an der Universität Liverpool gratulieren und wünschen ihnen viel Erfolg und alles Gute für die Zukunft.

Liebe Leserinnen und Leser, wir wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre.

Dr. Fatih Ermis und Dr. Samer Rashwani


Nachrichten

Gründung einer neuen Bücherreihe mit dem renommierten akademischen Herausgeber Mohr Siebeck

Zusammen mit Samuela Pagani und Sohaira Siddiqui ist Prof. Dr. Lejla Demiri Mit-Herausgeberin der neuen Bücherreihe "Sapientia Islamica: Studies in Islamic Theology, Philosophy and Mysticism". Während das Interesse am intellektuellen Erbe der islamischen Zivilisation zunimmt, haben eine wachsende Zahl von Publikationen Licht auf die immer noch sehr unzureichend abgebildete Welt der mittelalterlichen und späteren muslimischen Intellektuellen geworfen. In dieser neuen Bücherreihe sollen eben solche Werke, die dieses intellektuelle Erbe vor allem nach dem sogenannten "goldenen Zeitalter" und in bisher kaum beachteten geographischen Orten thematisieren, veröffentlicht werden.

Mehr darüber: https://www.mohr.de/verlag/aktuelles/detail/a-new-book-series-with-mohr-siebeck

GIS-Preis an Dr. Francesco Chiabotti

Seit Januar 2013 versucht eine neu gegründete akademische Institution mit dem Namen GIS (Groupement d’Intérêt Scientifique) dem Studium des Islam und der islamischen Welt in Frankreich eine neue Dynamik zu verleihen. Diese Institution hat es sich zur Aufgabe gemacht eine Vielzahl wissenschaftlicher Einrichtungen, die sich mit der Kultur der islamischen Welt beschäftigen, zu koordinieren und zu vernetzen. Dazu wurde im Jahr 2015 ein Kongress in Paris abgehalten Ein weiterer Kongress ist für 2017 angedacht. Im Mai 2016 verlieh die GIS einige Preise für die beste, an einer französischen Universität geschriebene, Doktorarbeit über die islamische Welt. Unser Mitarbeiter Dr. Francesco Chiabotti wurde im Rahmen dessen für seine Doktorarbeit über den einflussreichen Ṣufi und Theologen al-Qushayri geehrt. Die Verleihungszeremonie fand unter der Schirmherrschaft des Innenministeriums im “Senat de la République” in Paris statt. Das Innenministerium hat sich besonders für eine erneute Dynamisierung des Islamstudiums in Frankreich stark gemacht. Zehn neue Juniorprofessuren wurden geschaffen. Diese Maßnahmen werden die Entwicklung der islamischen und arabischen Studien in Frankreich in den kommenden Jahren nachhaltig prägen.

Mehr darüber: http://majlis-remomm.fr/conseil-scientifique

Die erste Abschlusszeremonie des ZITh

Am Freitag, den 13. Mai 2016, fand die erste Abschlusszeremonie des Zentrums für Islamische Theologie in Tübingen statt. 12 BachelorabsolventInnen und 2 Masterabsolventen erhielten an diesem Nachmittag im Pfleghofsaal der Innenstadt ihre Zeugnisse. [mehr]

Eramus+ Partnerschaft mit der Universität von Leiden

Das ZITh hat im Juli einen Kooperationsvertrag mit der Universität von Leiden abgeschlossen. Die Eramus+ Partnerschaft bietet den Studierenden und Dozenten des ZITh die Möglichkeit, einen akademischen Aufenthalt an dieser für islamische Studien traditionsreichen und renommierten Universität zu verbringen. Zudem ist es nunmehr für Studierende möglich, ihr Auslandssemster dort zu absolvieren. Die internationale Ausstrahlung des ZITh wird mit dieser Partnerschaft weiter verstärkt werden.

Neuwahlen des Zentrums-Vorstandes

Am vergangenen Mittwoch, den 13. Juli 2016 fanden die Neuwahlen des Zentrumsdirektors und seines Stellvertreters statt. Dabei wurde Prof. Dr. Erdal Toprakyaran in seinem Amt als geschäftsführender Direktor bestätigt, Prof. Dr. Lejla Demiri wurde ebenfalls für eine weitere Periode von zwei Jahren als stellvertretende Direktorin wiedergewählt.


Studium und Lehre

Interreligiöse Flüchtlingsseelsorge

Im Rahmen des Seminars "Interkulturelle Seelsorge" im WS 2015/2016 fand zusammen mit christlichen und muslimischen Studierenden eine Exkursion in die Flüchtlingsunterkunft Tunzhofer Straße des CARITAS-Verbandes Stuttgart statt. [mehr]

Das Gefängnis als Ort der islamischen Seelsorge

Im Rahmen des Seminars: „Seelsorge im Islam - Herausforderung der praktischen Theologie in pluralistischer Gesellschaft“ unternahmen 17 Studierende am 30. Mai 2016 unter Leitung von Dr. Abdelmalek Hibaoui eine Exkursion zur JVA Stuttgart-Stammheim. [mehr]


Forschung

Muslime im Justizvollzug - eine Kooperation zwischen ZITh und dem Institut für Kriminologie (IfK) der Universität Tübingen

Im Rahmen der Kooperation des IfK und des ZITh entstand unter der Leitung von Dr. Abdelmalek Hibaoui ein wertvolles Instrument für den Erstkontakt mit muslimischen Gefangenen im Sinne eines persönlichen Fragebogens. [mehr]


Studierende und Fachschaft

Von Pyramiden und Kleinbusabenteuern

Die drei Studentinnen, Rabia Özarslan, Leila Younis und Elif Binici, verbrachten im Rahmen des Bachelorstudiums ein Semester in Ägypten an der Al-Azhar Universität. Was sie dort erlebten, schildern sie in einem Reisebericht. [mehr]

Facebookseite der Fachschaft FAITH

In diesem Semester hat die Fachschaft der Islamischen Theologie Tübingen (FAITH) mit ihrem neuen Logo eine Seite auf Facebook ins Leben gerufen. Dort werden regelmäßig relevante Informationen für Studierende geteilt. Jede Woche werden dort zusätzlich MitarbeiterInnen des Zentrums mit ihren Aufgaben vorgestellt und nach ihren Lieblingswitzen gefragt. Darüber hinaus wird auch wöchentlich ein/e Studierende/r interviewt und in einem Beitrag vorgestellt. Weitere Formate sind in Planung.


Veranstaltungen und Aktivitäten

Vom Klosterleben bis zur Flüchtlingsthematik

Vom 30. April bis zum 4. Mai besuchten elf Studierende und vier MitarbeiterInnen des ZITh gemeinsam mit etwa gleich vielen Studierenden des CMC das Lay Centre at Foyer Unitas in Rom. Die Studienreise trug den Titel „Christians and Muslims in Dialogue“ und ermöglichte Studierenden verschiedener Konfessionen und Religionen in den Dialog zu treten. [mehr]

Vortragsreihe von Dr. Timothy J. Winter

Vom 10. bis zum 30. Mai 2016 hielt Dr. Winter am ZITh das Seminar „Reflections on Islamic Theology: Historical and Contempary Perspectives“. Dabei referierte er in sieben Sitzungen zu wichtigen und aktuellen Themenfelder der Islamischen Theologie. [mehr]

Ringvorlesung "Women and Religion"

Im Sommersemester 2016 lädt die Gleichstellungskommission am Zentrum für Islamische Theologie eine Reihe internationaler Wissenschaftlerinnen, die große Leistungen in der Forschung erreicht haben, ein an einer Vortrags- und Seminarreihe mit dem Titel „Women and Religion" teilzunehmen. [mehr]

Vorträge von Prof. Dr. Lejla Demiri am Lay Centre in Rom

Im Rahmen der Vortragsreihe 2016 des Vincent Pallotti Institute "Mercy beyond Boundaries" gab Prof. Dr. Lejla Demiri am 10. und am 17. März 2016 im Lay Centre at Foyer Unitas in Rom zwei Vorträge zum Thema "Barmherzigkeit in den muslimischen Schriften".

Vorträge von Dr. Fatih Ermiş an der Istanbul Şehir Universität

Dr. Fatih Ermiş unternahm vom 29.02.16 bis zum 18.03.16 eine drei wöchige Reise nach Istanbul im Rahmen des Erasmus Vertrags mit der Istanbul Şehir Universität. Er hielt dort eine Serie von Vorträgen über den berühmten Sufi-Text Gulšan-i Rāz von Maḥmūd Šabistarī (1288-1340). Die Vorträge wurden sowohl von Studenten der Şehir Universität als auch von Studenten anderer Universitäten in Istanbul besucht. In diesen Vorträgen wurden Grundbegriffe der islamischen Mystik erörtert.

Prof. Dr. Rusmir Mahmutćehajić am ZITh, 24. und 25. Mai 2016

Am 24. und 25. Mai 2016 hielt Professor Dr. Rusmir Mahmutćehajić zwei Gastvorträge am ZITh. Rusmir Mahmutćehajić ist ein bosnischer Wissenschaftler, Autor und ehemaliger Politiker. Er war als Professor für Elektrotechnik, sowie als Professor für islamische Phänomenologie tätig und war Dekan der Fakultät für Elektrotechnik an der Universität Osijek. Sein erster Vortrag mit dem Titel “Scientist and the God within two modern propositional systems, theological and scientific: A Muslim view“ behandelte die essenzielle Frage nach der Beziehung zwischen Glaube und Wissenschaft. Als Physiker und muslimischer Denker in beiden Gebieten beheimatet, nutzte er seine Expertise, um herauszuarbeiten, wie groß die Unterschiede zwischen moderner Wissenschaft und klassischer Tradition im Hinblick auf „Wissen“ sind. Prof. Mahmutćehajić führte aus, dass aus klassischer Sichtweise Wissen und Wissenschaft mit einer Transformation des eigenen Selbst durch den Erwerb des Wissens einhergehen. Mahmutćehajićs metaphysische Perspektive auf den Koran ist stark geprägt von der aktuellen Rückbesinnung auf das klassische Denken, die er u.a. bei Autoren wie René Guénon und Hossein Nasr fand. Als frühere Quelle für seinen Ansatz könnte man Kosmogonie und Metaphysik des Ibn Arabi heranziehen. Sein zweiter Vortrag fand im Rahmen des Seminars “Scriptual Reasoning“ statt, welches von Prof. Lejla Demiri und Prof. Christoph Schwöbel (evang. Fakultät) gehalten wird. Hier präsentierte Professor Mahmutćehajić seine Deutung des „Thronverses“ (Q. 2, 255), die er ebenfalls auf seinen zweidimensionalen, wissenschaftlich-theologischen Ansatz stützte..

Mehr darüber: http://www.rusmirmahmutcehajic.ba/index.php?option=com_content&view=article&id=56

Runder Tisch am Institut du Monde Arabe in Paris

Dr. Ruggero Vimercati Sanseverino leitete am 22. Mai einen Runden Tisch über das Thema „Le Pouvoir des saints“ im Rahmen der „Rendez-vous de l’Histoire du monde arabe“ am Institut du Monde Arabe in Paris. Am Runden Tisch nahmen außerdem Prof. Micheal Laffan (Universität von Princeton), Dr. Alexandre Papas (CNRS) und Dr. Hassan Majdi (Universität von Agadir) teil. Es wurde über die Figur des muslimischen Heiligen (al-wali) und seine Bedeutung für die Geschichte und die Zukunft des Islams in Marokko, Tibet, Indonesien und Süd-Afrika diskutiert. Die „Rendez-vous“ wurden letztes Jahr von dem ehemaligen französischen Kulturminister Jack Lang ins Leben gerufen, um im Sinne einer öffentlichen Akademie dem breiten Publikum die Gelegenheit zu bieten, sich über die Forschung über die arabische Welt zu informieren und mit Spezialisten ins Gespräch zu kommen. Die Veranstaltung zieht bis zu 5000 Besucher an. Dieses Jahr gab es über 60 Runde Tische und drei Ausstellungen sowie mehrere Live Übertragungen.

Konferenz "Argumentation and Theology"

Am 22. Februar 2016 fand am ZITh die Konferenz "Argumentation and Theology" statt, die von Herrn Serkan Ince organisiert und im Rahmen der Exzellenzinitiative gefördert wurde.

Die islamische Theologie ist in ihren Wurzeln eine beweisführende Disziplin und hat ihren Ursprung in der dialektischen Argumentationstheorie. Doch in der gegenwärtigen islamischen Theologie wird die argumentative und analytische Perspektive der islamischen Theologie vernachlässigt. Die kleine Konferenz hat Forscher zusammengebracht, die im Rahmen der islamisch-theologischen Argumentationstheorie forschen. Langfristiges Ziel der Maßnahme ist die Etablierung einer neuen Argumentationstheorie, welche der islamischen Theologie dazu verhelfen kann, ihre argumentativen und analytischen Wurzeln wieder zu entdecken.

Die Themen der Konferenz beschränkten sich auf theologische Argumentationen und Argumentationstheorien. Sie diskutierten die Etablierung der Logik (als Syllogistik) in die islamische Theologie und die Entwicklung von spezifisch, theologischen Beweistheorien, sowie die Funktion der theologischen Argumentation.

Folgende Experten haben an der Konferenz teilgenommen:

Christoph Lumer(University of Siena), Himmet Taşkömür (Harvard University), Mark Swanson (Lutheran School of Theology at Chicago), Mehmet Kadri Karabela (Queen's University), Yossef Schwartz (Tel Aviv University) und Amir Dziri (Universität Münster). Herr Josef van Ess hielt eine kurze Eröffnungsrede.


Ankündigungen

Tagung "Islamic Theology – Past, Present and Future. Global Challenges and Prospective Synergies in the Academic Study of Islam"

Das ZITh veranstaltet im Rahmen der diesjährigen Mercator Sommer-Akademie in Tübingen eine internationale Tagung vom 23.07.2016 – 24.07.2016 zu dem Thema "Islamic Theology – Past, Present and Future. Global Challenges and Prospective Synergies in the Academic Study of Islam". Die Konferenz ist in sechs Panels gegliedert, welche die Themen post-klassische Koranexegese, Hadith und prophetische Tradition, Anwendung des Islamischen Rechts, Maturiditischer Kalam, Islamische Aufklärung und neue Konfiguration des akademischen Studiums des Islams in Europa behandeln. Wir freuen uns, dass wir internationale und renommierte WissenschaftlerInnen für die Tagung gewinnen konnten, so dass es mit Sicherheit ein spannendes und einmaliges akademisches Ereignis wird.

Bei Interesse können Sie sich gerne unter sommerakademie(at)zith.uni-tuebingen.de anmelden.