Nachrichtenarchiv
05.12.2016
Graduiertenkolleg "Ambiguität" veranstaltet Workshop – Literaturnobelpreisträgerin zu Gast
Herta Müller diskutiert über die Mehrdeutigkeit der Sprache
Ambiguität (dt. Doppel- und Mehrdeutigkeit) findet sich überall in der Kommunikation. Was genau passiert, wenn mehrere Bedeutungen gleichzeitig im Spiel sind, diskutieren Wissenschaftler des Graduiertenkollegs „Ambiguität: Produktion und Rezeption“ (GRK 1808) der Universität Tübingen am Freitag, den 16. Dezember 2016, im Literaturhaus und im Hospitalhof Stuttgart. Höhepunkt der Veranstaltung, die das GRK 1808 in Kooperation mit dem Literaturhaus Stuttgart geplant hat, ist ein Gespräch mit der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, zu dem die Öffentlichkeit herzlich eingeladen ist.
Thema des Gesprächs zwischen der Literaturkritikerin und Moderatorin Insa Wilke und Herta Müller wird ihr Werk „Vater telefoniert mit den Fliegen“ (2012) sein, über dessen Deutung in Literaturkreisen ausgiebig diskutiert wurde. Das Buch, das auch als poetisches Puzzle bezeichnet wird, besteht aus insgesamt 191 Collagen. Die Verse hat die Autorin aus Wortfetzen, die sie aus Zeitungen und Zeitschriften ausgeschnitten hat, zusammengesetzt. Ursprünglich hat Müller die Collagen als Postkarten aus dem Urlaub verschickt, deshalb wurden sie auch in diesem Format abgedruckt. Die Gedicht-Collage-Karten werfen zahlreiche Fragen auf, mit denen sich auch das GRK 1808 beschäftigt: Hat die Schriftstellerin bewusst Mehrdeutigkeiten in ihrem poetischen Werk angelegt? Und wenn ja, wo genau und mit welchem Hintergrund? Aufgrund der ungewöhnlichen Gestaltung der Gedichte spielt nicht nur die Interpretation der Sprache eine Rolle, sondern auch die Auswahl der grafischen Eigenschaften wie Schriftgröße, -farbe und -form sowie die Einordnung in Textsorten wie etwa Postkarte, Erpresserbrief, Gedicht, Rätsel oder Collage. Die Diskussion mit Herta Müller beginnt um 20 Uhr im Hospitalhof (Büchsenstr. 33, 70174 Stuttgart). Der Eintritt kostet regulär 12, ermäßigt 10 Euro.
Zusätzlich wird es tagsüber einen Workshop zum Thema „Ambiguität in Übersetzungen“ geben. Sind in der Originalsprache eines literarischen Werkes Doppeldeutigkeiten versteckt, stellt dies Übersetzer vor eine schwierige Aufgabe. Entweder sie versuchen, einen entsprechenden Ausdruck in einer anderen Sprache zu finden – falls es diesen überhaupt gibt – oder sie entscheiden sich bewusst gegen die Doppeldeutigkeit. In jeder Übersetzung besteht also auch die Gefahr, dass die Feinheiten eines Werkes unter den Tisch fallen. Über die Herausforderungen einer gelungenen Übersetzung diskutieren ab 14 Uhr im Literaturhaus Stuttgart (Breitscheidstraße 4, 70174 Stuttgart) die japanisch-deutsche Autorin Yoko Tawada, die in beiden Sprachen schreibt, Christa Schuenke, die unter anderem Shakespeares Sonette ins Deutsche übersetzt hat, und Shelley Frisch, die beispielsweise Hape Kerkelings „Ich bin dann mal weg“ ins Englische übertragen hat, sowie Elias Güthlein, Promovend im Graduiertenkolleg 1808. Der Workshop ist teilweise auf Englisch. Der Eintritt ist frei, um Anmeldung wird gebeten unter E-Mail info@literaturhaus-stuttgart.de
Das Graduiertenkolleg „Ambiguität – Produktion und Rezeption“ besteht seit Oktober 2013 an der Universität Tübingen. Es bringt unterschiedliche sprachbezogene Forschungsansätze zusammen, um zu verstehen, warum Kommunikation trotz oder sogar aufgrund von Mehrdeutigkeit gelingt, warum sie deshalb aber auch scheitern kann und welche Effekte durch Ambiguität ausgelöst werden. Im GRK arbeiten Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fachrichtungen wie der Linguistik, Philosophie, Literaturwissenschaft, Rhetorik und Psychologie zusammen.
Kontakt:
PD Dr. Angelika Zirker
Universität Tübingen
Graduiertenkolleg „Ambiguität: Produktion und Rezeption“ (GRK 1808)
Telefon: +49 7071 29-73260
angelika.zirker[at]uni-tuebingen.de
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