Fachbereich Chemie

Oberflächenanalytik

Grundlagen

Das Verhalten der Oberflächen von Materialien ist in vielen Fällen mit ausschlaggebend für deren Einsatz. Korrosionserscheinungen können durch spezielle Oberflächenbehandlungen beseitigt werden. Modifizierte Oberflächenzusammensetzungen oder Oberflächenbeschichtungen können das Adhäsionsverhalten von Polymeren oder das optische Verhalten von Gläsern prägen. Die heterogene Katalyse, das Arbeitspferd der synthetischen Chemie, basiert auf chemischen Prozessen an Oberflächen. Generell stellen Oberflächen Nahtstellen zwischen dem Material und seiner Umgebung dar, und die Oberflächenreaktivität bestimmt mit, wie gut das Material für seine zugemessene Funktion geeignet ist. Die Entwicklung des erforderlichen Verständnisses von Oberflächen und ihres Verhaltens erfordert Techniken, die das Studium der chemischen und physikalischen Eigenschaften von Oberflächen und deren Unterscheidung von Volumeneigenschaften ermöglichen. Heute findet man eine Vielzahl von hoch innovativen Technologien, die in Forschung, Fertigung oder Qualitäts­kontrolle extrem stark von der Anwendung solcher Techniken der Oberflächenanalytik profitieren.

Oberflächenempfindlichkeit

Unter einer Oberfläche versteht man je nach untersuchtem Phänomen die erste Atomlage, die ersten 1 bis etwa 10 Lagen oder die obersten ca. 100 nm eines Festkörpers. Die Oberflächen­empfindlichkeit, d. h. die relative Empfindlichkeit für diesen Anteil des untersuchten Materials wird durch die Art und Stärke der Wechselwirkung einer Sonde mit der Probe bestimmt, sie bestimmen die Informations­tiefe der Methode. Für die Untersuchung von Oberflächen nutzt man Photonen, Elektronen oder Ionen/Atome bestimmter Energie, die durch ihre Wechselwirkung mit dem Material spezifische Signale aus Photonen, Elektronen oder Ionen/Atomen erzeugen (siehe Abbildung).

So zeichnen sich niederenergetische Elektronen mit Energien ~100 eV durch sehr hohe Wechselwirkungs­quer­schnitte mit Festkörpern und damit hohe Oberflächenempfindlichkeit aus. Sie werden in der nieder­energeti­schen Elektronen­beugung (LEED) zur Bestimmung von Oberflächenstrukturen und in der Photo­elektro­nen­spektro­skopie (PES) für die Element- und Bindungsanalytik benutzt. Beim Tunnelprozess von Elektronen zwischen Probenatomen und der Spitze eines Rastertunnel­mikroskopes (STM) ist die Wechsel­wirkung auf die unmittelbar am Prozess beteiligten Atome begrenzt, und die Empfindlichkeit für vertikale Abstände und damit für Oberflächenkorrugationen auf atomarer Skale ist extrem hoch. Neben Elektronen werden aber auch Photonen vom Infrarot bis zur Röntgenstrahlung und Ionen/Atome zur Ober­flä­chen­analyse genutzt. Dabei werden die Energiebereiche oder die Anre­gungs-/Detektions­geo­metrien in geeigneter Weise angepasst, um die Information zur Oberfläche optimal gewinnen zu können.

Verschiedene Gruppen des Fachbereiches Chemie nutzen solche Methoden. In der AG Chassé des IPTC werden Methoden der Oberflächenanalytik kombiniert eingesetzt, um Grund­lagen­forschung für Dünnschichttechnologien voran zu treiben.

Weitere Informationen unter AG Chassé.

[1] Orientation and electronic properties of organic molecules on polycrystalline substrates (Feature article)
H. Peisert, I. Biswas, M. Knupfer, T. Chassé, physica status solidi (b) 246 (2009)1529-1545.

[2] Structure and Self-assembly of Alkanethiols on III-V semiconductor (110) surfaces,
D. Zerulla, T. Chassé, Journal of Electron Spectroscopy and Related Phenomena 172 (2009) 78-87.

[3] GaN nucleation on 6H-SiC(0 0 0 1)-(√ 3 × √ 3)R30°: Ga and c-sapphire via ion-induced nitridation of gallium: Wetting layers, A. Sidorenko, H. Peisert, H. Neumann, T. ChasséSurf. Sci., 601 (2007) 4521.