Alte Geschichte

Das Tübinger Lykien-Projekt

Die Keramikfunde der Feldforschungen auf dem Territorium von Kyaneai

Die Keramikfunde aus dem Forschungsgebiet umfassen einen Zeitraum von der Archaik bis in spätbyzantinische und osmanische Zeit. Hinzu kommen einige wenige, noch nicht exakt klassifizierte Scherben aus den seit 1995 durchgeführten Grabungen auf dem Avsar Tepesi, die wohl noch prähistorischer Zeit (5.-3. Jt. v. Chr.) angehören.

Sowohl die Grabungen auf dem Avsar Tepesi als auch die Befundaufnahme an der Oberfläche brachten einige Fragmente mit Kreis-bzw. Halbkreisdekor zutage, die gut mit aus Milet bekannter Ware des 7.Jhs. v. Chr. zu vergleichen sind. Sowohl aus dem Umland von Kyaneai als auch vom Avsar Tepesi stammt eine Reihe von Fragmenten großformatiger Gefäße, die Streifen- und Wellenbanddekor in dunkelbrauner bisgraubrauner Mattfarbe aufweisen und noch archaischer Zeit angehören. Die Kontexte vom Avsar Tepsi sind wenig aussagekräftig: einige Fragmente sind als Einzelstücke an der Oberfläche aufgelesen worden; Fragmenteaus der Grabung wurden in Vergesellschaftung mit attischer Importkeramik vom ausgehenden 6. bis zur Mitte des 4. Jhs. v. Chr. gefunden.

Attische Importware ist auf dem Avsar Tepesi seit der 2. Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. belegt. Zur attischen Ware des 5. und 4. Jhs. v. Chr. zählen eine Reihe von Kylikes, Skyphoi, Schalen mit Stempeldekor sowie einige rotfigurige Fragmente.

Bei den Grabungen der Kampagne 1995 kamen mehrere Fragmente zutage, die sich zu einer fast vollständig erhaltenen großen Schale mit geknickter Wandung zusammensetzen ließen (Abb.). Der schwarzfigurige Dekor zeigt außen einen Fries aus Reitern zwischen schreitenden Figuren im langen Gewand. Im Innentondo ist ein einzelner Reiter dargestellt. Dieflüchtige Ausführung der Figuren läßt die Schale der Haimon-Gruppe, die häufig nach Kleinasien exportiert hat, zugehörig erscheinen.

Die Oberflächenkeramik aus dem Umland von Kyaneai bietet dagegen ein anderes Bild: die klassische Zeit ist nur durch wenige rotfigurige und schwarzgefirnißte Fragmente guter Qualität (wohlattischer Import) vertreten. Häufiger dagegen tritt Schwarzfirnisware der spätklassischen und hellenistischen Zeit auf. Unter der hellenistischen Ware finden sich zudem Fragmente von Unguentarien und Reliefbechern.

Die frühe und mittlere Kaiserzeit ist durch eine Reihe von Sigillata-Fragmenten (vor allem ESB) belegt. Der Großteil der Keramikfunde aus dem Umland gehört der mittleren bis späten Kaiserzeit an. Relativ hoch ist auch der Anteil spätrömischerund frühbyzantinischer, meist unverzierter Gebrauchsware. Dekorierte byzantinische und osmanische Keramik tritt dagegen seltener auf und ist auf größere Siedlungen wie Kyaneai und Hoyran beschränkt.

Literatur:

  1. I. Mader, Keramik der Feldforschungen im Gebiet von Kyaneai aus den Jahren 1989-1992, in: F. Kolb (Hg.), Lykische Studien 3 (Asia Minor Studien 24), Bonn 1996, 87-127
  2. I. Mader, Keramik der Feldforschungen auf dem Gebiet von Kyaneai Teil II: Die Funde aus den Jahren 1993/4, in: F. Kolb (Hg.), Lykische Studien 4 (Asia Minor Studien 29), Bonn 1998, 91-123
  3. B. Rückert, Keramik der Kampagne 1995, in: F. Kolb (Hg.), Lykische Studien 5 (Asia Minor Studien 41), Bonn 2000, 95-136
  4. B. Böhlendorf-Arslan, Keramik der byzantinischen und osmanischen Epoche aus der Polis Kyaneai, ebenda, 137-162
  5. B. Rückert, Keramik der Feldforschungs-Kampagnen 1996 und 1997, in: F. Kolb (Hg.), Lykische Studien 6 (Asia Minor Studien 48),Bonn 2003, 111-134
  6. B. Rückert, Die Keramik aus den Grabungen auf dem Avsar Tepesi 1996/1997, ebenda, 135-161
  7. B. Rückert / F. Kolb (Hg.), Probleme der Keramikchronologie des südlichen und westlichen Kleinasien in geometrischer und archaischer Zeit. Internationales Kolloquium Tübingen 24.-26. März 1998 (Antiquitas Reihe 3, Bd. 44), Bonn 2003