Alte Geschichte

Zum Tod von Hermann Eichele

Hermann Eichele war über Jahrzehnte eine Institution am Hegelbau. Vor allem die Spätarbeitenden, denen er sich gerne mit seinem Aliasnamen „Mac“ vorstellte, trafen den Nachtmenschen aus Passion, wenn er regelmäßig bis über Mitternacht hinaus seine Lehrveranstaltungen (die dementsprechend natürlich nicht vor dem nächsten Nachmittag stattfinden konnten) in seinem Büro vorbereitete, immer wieder unterbrochen von „Inspektionsgängen“ über die Wilhelmstraße und durch die Altstadt, um Pause zu machen – Hermann Eichele war ein unkonventioneller Mensch! Geboren 1944 in Heilbronn, nahm er 1963 an der Universität Tübingen das Studium der Fächer Klassische Sprachen und Geschichte auf. Schon damals rumorte es unter den Erstsemestern, sie lehnten sich gegen die Autoritäten auf und kritisierten die aus ihrer Sicht spießige Gesellschaft, eine Haltung, die dann fünf Jahre später in die 68er-Studentenproteste mündete und für viele prägend wurde, auch für Hermann Eichele.

Nach dem Studium ging Eichele zunächst in den Schuldienst und unterrichtete ab 1972 Latein und Geschichte am Stiftsgymnasium in Sindelfingen, bevor er 1975 an das damalige Historische Seminar der Universität Tübingen abgeordnet wurde, in die Abteilung für Alte Geschichte. Dort lehrte er anfangs als „Studienrat im Hochschuldienst“, schließlich als Akademischer Oberrat bis zu seiner Pensionierung 2012 und gab Übungen, Repetitorien und Proseminare zur griechischen, römischen und spätantiken Geschichte. In dieser Zeit war Hermann Eichele eine feste Größe für Generationen von Tübinger Geschichtsstudierenden, seine Lehrveranstaltungen waren Kult, er selbst bekannt für seinen Kenntnisreichtum und seinen feinsinnigen, ironischen Humor. Auf Äußerlichkeiten legte er keinen Wert, doch die akademische Freiheit war ihm wichtig, freilich mit hohem Anspruch – beim „Mac“ lernte man etwas! Legendär wurde eine von ihm geleitete Griechenlandexkursion im Februar 1984, und unvergessen bleiben auch seine Besuche bei den Clubhausfesten der Fachschaft.

Manch eine(r) kannte Hermann Eichele aus den Gaststätten der Tübinger Altstadt, oder wenn er die Bassgitarre in der Tübinger „Nervenband“ spielte, die auch schon mal am 1. Mai bei der Gewerkschaftskundgebung auf dem Tübinger Marktplatz rockte. Eichele blieb auch noch im Ruhestand präsent am Hegelbau, erst in der Coronazeit und danach machte er sich rar - es häuften sich die gesundheitlichen Beschwerden. Am Dienstag, den 28. Januar 2025 verstarb Hermann Eichele nach kurzem Krankenhausaufenthalt. Das Seminar für Alte Geschichte verliert mit ihm einen hochgeschätzten Kollegen und guten Freund.

Hartmut Blum