Am vergangenen Wochenende hat Doreen Daume in Klagenfurt für ihr Gesamtwerk den Österreichischen Staatspreis für literarisches Übersetzen entgegengenommen. Den Feuilletons war es höchstens eine kleine Notiz wert. Das sagt schon viel über den Status dieser Autoren, die mit zwei Sprachen arbeiten und ohne die fremdsprachige Literaturen gar nicht zu entdecken wären.
Ja, auch Übersetzer sind Autoren, betonen die Österreicherin und ihr polnischer Kollege Andrzej Kopacki. Beide arbeiten zur Zeit als Gastdozenten auf Zeit am Slavischen Seminar der Uni Tübingen mit Studenten an Fragen des Übersetzens, ein akademisches Vorprogramm der „Ersten Tübinger Übersetzerwoche.“
Daume ist begeistert von den sprachlichen Fähigkeiten ihrer Polnisch-Studenten. Theaterstücke hat sie ihnen mitgebracht, „Die Elchjagd“ von Michal Walczak, einem jungen Warschauer Theaterautor, „Daily Soup“ von dem Autorenduo Amanita Muskaria, „eine klaustrophobe Familientragödie, alle haben es schon erlebt“.
Ein bisschen spekuliert Daume auch darauf, von den Studenten selbst ein wenig Jugendsprache mitzubekommen. Und es funktioniert: „Meine Übersetzung schaut blass aus gegenüber ihrer“, stellt sie zufrieden fest. Obwohl es für die meisten Studenten die erste Erfahrung mit Übersetzen war, hätten sie sofort kapiert, dass sie „nicht am Text kleben“, sondern umgangssprachliche Entsprechungen finden sollten. Fürs Theaterstück mag die Gruppenarbeit produktiv sein. „Einen wirklich poetischen Text will man nicht mit anderen abstimmen“, sagt Daume. Weil die Übersetzung eben „eine wirklich eigene Kreation in der Zielsprache“ ist, wie Kopacki unterstreicht.
„Treu und schön“ soll eine Übersetzung sein, und Kopacki, selbst Lyriker, zieht als Übungsmaterial gern Gedichte heran, weil dort auch in der Übersetzung „etwas Ganzes, Geschlossenes“ entstehen muss. Ton, Inhalt, das Alter des Autors, die sprachlichen Tricks, die Epoche, das lyrische Ich, all das muss jenseits der getreuen Wort-Wiedergabe mitschwingen. Gerne zitiert Kopacki den kolumbianischen Literaturnobelpreisträger Gabriel García Márquez. Der meinte, die englische Übersetzung von „Hundert Jahre Einsamkeit“ sei besser als sein spanisches Original.
Die Anerkennung des Übersetzens als eigene literarische Gattung, nichts weniger vertritt Kopacki. Auch eine ausgezeichnete Übersetzung könne schließlich als Klassiker kanonisiert werden. Und ebenso wie das Schreiben ist das Übersetzen „ein sehr einsamer Job“. Bestimmt tausend Seiten, sagt Kopacki, habe er „in die Schublade übersetzt“, immerhin, er konnte ein paar deutsche Autoren in Polen bekannt machen. Bei Insidern – denn „die literarische Kritik bespricht eher amerikanische Romane“.