Zentrum für Islamische Theologie (ZITh)

ZITH Newsletter Ausgabe 2/2015 - 27.05.2015

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

ich freue mich, Ihnen heute den zweiten Newsletter im Jahr 2015 präsentieren zu dürfen. Das Zentrum für Islamische Theologie befindet sich nunmehr in seinem vierten Jahr und ist nach wie vor in vielen spannenden Aktivitäten involviert. Die Erweiterung des Lehrangebots und die Entfaltung des Forschungsspektrums konnten in diesem Zeitraum erfolgreich weitergeführt werden. So hat sich das neue Masterprogramm „Islamische Theologie im europäischen Kontext“ bereits als innovativer und vielseitiger Studiengang bewährt, der islamischen Theologen ein hohes Qualifizierungsniveau bietet. Die Wissenschaftler des ZITh haben an nationalen und internationalen Fachtagungen teilgenommen, sowie im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit aktiv gewirkt. Sowohl das gesellschaftliche Engagement des ZITh als auch die Internationalisierung seiner akademischen Ausstrahlung konnten auf diese Weise gezielt verstärkt werden.

Das Personal des ZITh konnte im Frühjahr 2015 durch internationale Forscher und vielversprechende Nachwuchswissenschaftler bereichert werden. Die postdoktorale Gruppe des ZITh wurde im April durch Dr. Amina Nawaz verstärkt. Frau Nawaz untersucht in Ihrem Forschungsvorhaben eine von Morisken verfasste Manuskriptsammlung und möchte anhand dieses historischen Fallbeispiels Aufschluss gewinnen über die Modalitäten und Bedingungen einer islamischen Theologie in einer prekären Minderheitssituation. Des Weiteren wurde die Assistentenstelle von Jun.-Prof. Erdal Toprakyaran mit Herrn Zana Aydin besetzt. Herr Aydin widmet sich in seiner Dissertation dem Thema „Osmanische Gelehrsamkeit im 18. Jahrhundert am Beispiel von Husayn Mimizade“. Frau Judit Kuschnitzki ist Assistentin von Prof. Mouez Khalfaoui geworden und beschäftigt sich mit sozial-politischen Transformationen im Nahen Osten. Frau Mervat Elsaei unterstützt in diesem Semester als Lehrbeauftragte für Arabisch Dr. Ibrahim Lashin bei der Durchführung der Arabisch-Seminare. Dr. Yazid Said ist für zwei Semester als T@T-Fellow am ZITh tätig. Er bietet im diesem Sommer-Semester ein Wahlpflicht-Seminar zum Thema “Faith and Reason in Islam and Christianity“ an.

Das ZITh etabliert sich zunehmend auch in der Stadt Tübingen als lokaler Ansprechpartner für den gesellschaftlichen Dialog. Das Zentrum ist als Partner des Bündnisses Tübingen & Vielfalt am 23. Mai mit einer öffentlichen Kundgebung am Marktplatz aufgetreten und hat durch den wissenschaftlichen Leiter des ZITh, Dr. Ruggero Vimercati Sanseverino, am Gespräch der Religionen teilgenommen.

Am Freitag den 05. Juni veranstaltet das ZITh seinen ersten „Tag der offenen Tür“. Das Motto lautet „Islam und Bildung in der Universität Tübingen“. Wir möchten damit auf die gesellschaftliche und bildungspolitische Bedeutung der islamischen Theologie in Tübingen aufmerksam machen und die Arbeit des Zentrums im Gespräch und Austausch mit der Öffentlichkeit thematisieren. Gästen und Interessierten soll ein unmittelbarer Einblick in die vielfältigen Aktivitäten des ZITh ermöglicht werden. Zudem gibt es die Gelegenheit, mit den Dozenten und Studierenden ins Gespräch zu kommen. Es ist uns dabei ein besonderes Anliegen, mit einer möglichst breiten Öffentlichkeit in den Dialog zu treten und diesen weiter auszubauen. Wir würden uns sehr freuen, Sie im Rahmen unserer Veranstaltung willkommen zu heißen und auch persönlich mit Ihnen ins Gespräch kommen zu dürfen.

Wir vom ZITh wünschen Ihnen für das laufende Semester weiterhin viel Erfolg bei Studium und Lehre und für den Monat Ramadan eine segensreiche Fastenzeit.

Bei der Lektüre des Newsletters wünsche ich Ihnen viel Freude!

Ihr

Ruggero Vimercati Sanseverino

Wissenschaftlicher Leiter


Nachrichten

Am 20. Januar war der bekannte Islamwissenschaftler Professor em. Josef van Ess zu Gast am ZITH und teilte seine Überlegungen über die Islamische Theologie und ihre Zukunftsperspektiven in Deutschland mit den Studierenden.

Am 29. Januar hielt Tobias J. Jocham im Historischen Lesesaal der Universitätsbibliothek einen Vortrag über die Tübingen Koranhandschrift MA VI 165 und die Erforschung der koranischen Textgeschichte im Rahmen des Akademienvorhabens Corpus Coranicum. Jocham hatte im Rahmen des Projekts "Coranica" eine Probenkampagne von C14-Analysen früher Qurʾān-Handschriften organisiert. Dadurch war die überraschende Datierung der Tübinger Handschrift auf das siebte Jahrhundert ermöglicht worden.

Am 3. Februar referierte Dr Claire Norton, Dozentin der St Mary's Universität London zum Thema "(In)tolerant Ottomans: polemic, perspective and the reading of primary sources".

Am 11. Februar besuchten Prof. Albrecht Fuess, Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Nah- und Mittelost-Studien der Philipps-Universität Marburg, und die Schüler eines Gymnasiums im Rahmen ihres Französisch-Kurses zusammen mit ihrer Lehrerin die Villa Köstlin. Prof. Fuess referierte über Musik und Islam in Frankreich. Seinem Vortrag konnte entnommen werden, dass die musikalische Entwicklung der jungen Muslime in den letzten Jahrzehnten auch politische und soziale Hintergründe hat.

Dr. Ruggero Vimercati Sanseverino nahm im Rahmen der Forschungsgruppe "Der Prophet des Islams im Spiegel seiner Gemeinde: Lehren, Geschichte, Praktiken und zeitgenössische Herausforderungen" (Le Prophète de l’islam au miroir de sa communauté: Doctrines, histoire, pratiques et enjeux contemporains) am 9. März an einem Symposium im IREMAM in Aix-en-Provence (Frankreich) teil. Er präsentierte einen Beitrag zu dem Thema "Als Adam um die Fürsprache des Propheten bat: Zeitgenössische Kontroversen um ein Hadith" (Adam demandant l’intercession du Prophète: controverses contemporaines autour d’un hadith).

In der französischen Zeitschrift "Cahiers de l'islam" (Paris) wurde am 14. März ein Interview mit Dr. Ruggero Vimercati Sanseverino zum Thema "Heiligkeit im Islam und in Fez" veröffentlicht. Zudem wurde sein 2014 veröffentliches Buch "Fès et sainteté de la fondation au Protectorat: hagiographie, tradition spirituelle et héritage prophétique dans la ville de Mawlay Idris" vorgestellt. In dem Gespräch ging es vordergründig um das islamische Verständnis von Heiligkeit (al-walāya, al-ṣalāḥ) bzw. von der idealen Beziehung des Menschen zu Gott, insbesondere wie es in der hagiographischen Literatur zum Ausdruck kommt. Dabei ist laut Dr. Vimercati Sanseverino das Paradigma der muhammadanischen Nachfolge, das je nach Kontext und gesellschaftlichem Bedarf entsprechen interpretiert und reaktualisiert wird, bestimmend für die sunnitische Auffassung menschlicher Vollkommenheit und Gnadenerfahrung. Daran anschließend ging es um die Bedeutung der awliyā‘ Allāh ("die Freunde Gottes") als lebendige Verkörperung des prophetischen Ideals in Zeiten gravierender gesellschaftlicher und sozioreligiöser Umbrüche.

Frau Prof. Dr. Lejla Demiri vertritt seit April 2015 das ZITh im Wissenschaftlichen Beirat des Forum Scientiarum. Das Forum ist eine Einrichtung der Universität Tübingen zur Förderung des Dialogs zwischen den Wissenschaften in Forschung und Lehre.

Am 20. April fand am ZITh das Treffen der Koordinatoren der Zentren für Islamische Theologie statt. Dr. Ruggero Vimercati Sanseverino leitete das Treffen, zu dem jeweils Vertreter aus den Standorten Frankfurt, Osnabrück, Münster, Erlangen und Paderborn kamen. Die Themen "Forschung, Lehre und Öffentlichkeitsarbeit" wurden im gegenseitigen Austausch erörtert, wobei es vor allem um die Frage ging, in welchen Bereichen die verschiedenen Zentren verstärkt miteinander kooperieren können bzw. welche Herausforderungen nur gemeinsam bewältigt werden können.

Am 29. April hielt die Juristin Dr. Kirsten Wiese einen Vortrag über die jüngste Kopftuch-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Im Januar 2015 hatte das Gericht auf die Klage zweier Pädagoginnen in Nordrhein-Westfalen hin entschieden, dass ein pauschales Verbot religiöser Bekundungen in öffentlichen Schulen durch das äußere Erscheinungsbild von Pädagoginnen und Pädagogen mit deren Glaubens- und Bekenntnisfreiheit nicht vereinbar ist. Von einer äußeren religiösen Bekundung müsse eine hinreichend konkrete Gefahr der Beeinträchtigung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität ausgehen, um ein Verbot zu rechtfertigen. Wiese hat über Kopftuchverbote bei Lehrerinnen promoviert und ist Mitglied der Humanistischen Union, die eine strikte Trennung von Kirche und Staat fordert.


Am 5. Mai hielt Dr. Ayman Shihadeh, Dozent der Islamwissenschaft an der SOAS der Universität London, einen Vortrag zum Thema "Die Entstehung der erläuternden Berichterstattung über Avicenna". In seinem Vortrag untersuchte Shihadeh die Beziehung zwischen Philosophie und Theologie im 12. Jahrhundert anhand des frühesten Kommentars über Ibn Sinas "Isharat" von Sharaf al-Din al-Mas'udi.

Am 23. Mai 2015, dem Jahrestag der Verabschiedung des deutschen Grundgesetzes, fand auf dem Tübinger Marktplatz eine große öffentliche Kundgebung unter dem Motto „Ja zur Vielfalt“ statt. Das überparteiliche „Tübinger Bündnis für Respekt und Mitmenschlichkeit“, das auch vom ZITH unterstützt wird, wollte damit, gerade in Zeiten steigender Flüchtlingszahlen, ein starkes Zeichen für den interkulturellen wie interreligiösen Dialog und ein friedliches Zusammenleben in der Gesellschaft setzen. Neben verschiedenen kulturellen Beiträgen gab es gesellschaftspolitische Redebeiträge sowie ein „Gespräch der Religionen“, an dem auch Dr. Vimercati Sanseverino, wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Islamische Theologie, teilnahm.


Die zweibändige Enzyklopädie "Muhammad in history, thought and culture", an der Dr. Ruggero Vimercati Sanseverino mit zwei Beiträgen mitwirkte, wurde mit den "US 2015 RUSA Award for 'Outstanding Reference Sources'" ausgezeichnet. Die Auszeichnung wurde 1958 in den USA gegründet, um die Publikationen hervorragender Referenzwerke zu würdigen und an öffentliche und wissenschaftliche Bibliotheken zu empfehlen. Die ausgewählten Titel sind wertvolle Nachschlagewerke und eignen sich im besonderen Maße für die Aufnahme in Referenzsammlungen jeglicher Art von Bibliothek.


Termine und Veranstaltungen

Synergien entdecken - Ein deutsch-türkischer Workshop zur Islamischen Religionspädagogik


Anlässlich des deutsch-türkischen Wissenschaftsjahres 2014 organisierten Dr. Ismail H. Yavuzcan vom Zentrum für Islamische Theologie (ZITH) Tübingen und Prof. Dr. Bülent Uçar vom Institut für Islamische Theologie (IIT) Osnabrück einen deutsch-türkischen Workshop zur Islamischen Religionspädagogik, der vom 08. bis 09.01.2015 an der Eberhard Karls Universität Tübingen stattfand. Ziel des eineinhalbtägigen Workshops war es, im Gespräch mit Religionspädagogen aus der Türkei "zu durchleuchten, ob sich Synergien durch die bilateralen Fachdisziplinen ergeben und sich daraus evtl. Möglichkeiten für die Entwicklung gemeinsamer Projekte und Ansätze eröffnen" lassen. Außerdem sollten Unterschiede und gegenläufige Entwicklungen diskutiert werden. [mehr]

Religion und Menschenrechte - Die Weltethos-Konferenz in Tübingen

Am 18. und 19. Februar 2015 kamen hochrangige Vertreter aus Politik, Religion und Wissenschaft im Weltethos Institut in Tübingen zusammen, um über das heikle Zusammenspiel von Religionen und Menschenrechten zu diskutieren. Der Genfer Think Tank „Universal Rights Group“, der von unserem Direktor, Herrn Erdal Toprakyaran, seit 2013 beraten wird, hatte gemeinsam mit dem Zentrum für Islamische Theologie der Universität Tübingen zu einem geschlossenen Politikforum eingeladen. Unter den gut 30 Teilnehmern waren auch sieben internationale Stipendiaten und Alumni der Baden-Württemberg Stiftung, welche die einmalige Chance nutzten, mit anerkannten Menschenrechtsexperten ins Gespräch zu kommen. [mehr]

Ankündigungen

Gesprächsforum christlicher und muslimischer TheologInnen

Das nächste Treffen ist am 24.6. von 18-20 Uhr im Zentrum für islamische Theologie.
Auf Ihre Teilnahme freuen sich Prof. Hilberath und Dr. Abdallah.

Tag der offenen Tür: Islam und Bildung in der Universität Tübingen

Am Freitag, den 5. Juni, veranstaltet das ZITH einen Tag der offenen Tür. Beginn ist um 14.00 Uhr mit einem feierlichen Empfang im Festsaal der Neuen Aula. Anschließend können im Foyer des Festsaals Infostände besucht und Auskünfte eingeholt werden. Ab 16.30 Uhr besteht die Gelegenheit, das Zentrum für Islamische Theologie (Rümelinstr. 27, 72070 Tübingen) zu besuchen und sich über die verschiedenen Studiengänge sowie Praktikumsmöglichkeiten, Auslandsstudium und Stipendien zu informieren.

Das offizielle Veranstaltungsprogramm finden Sie hier.

Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.

Crashkurs: The Cosmological Argument in Analytic Philosophy and Traditional Kalām

Das Zentrum für Islamische Theologie bietet vom 24. bis 28. August 2015 einen fünftägigen Intensivkurs zum Thema "The Cosmological Argument in Analytic Philosophy and Traditional Kalām" an.

Der Kurs findet auf Englisch statt und richtet sich hauptsächlich an NachwuchswissenschaftlerInnen, DoktorandInnen und Masterstudierende der Theologie, der Philosophie und verwandter Disziplinen. In Ausnahmefällen können auch BA-Studierende im Hauptstudium teilnehmen.

Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Wenn Sie sich anmelden möchten, schreiben Sie bitte bis zum 30. Juni 2015 eine E-Mail mit Ihrem vollständigen Namen und Ihrem Fachbereich bzw. Studiengang, Fachsemester und Matrikelnummer an Frau Riester (michaela.riester[at]zith.uni-tuebingen.de). Senden Sie außerdem ein kurzes Schreiben mit (max. 1 Seite), in dem Sie Ihren akademischen Hintergrund und Ihre Motivation zur Teilnahme darstellen.


Nähere Informationen zum Kurs finden Sie unter diesem Link.