Zentrum für Islamische Theologie (ZITh)

Synergien entdecken – Unterschiede erforschen

Ein deutsch-türkischer Workshop zur Islamischen Religionspädagogik

Von Ismail H. Yavuzcan

Anlässlich des deutsch-türkischen Wissenschaftsjahres 2014 organisierten Dr. Ismail H. Yavuzcan vom Zentrum für Islamische Theologie (ZITH) Tübingen und Prof. Dr. Bülent Uçar vom Institut für Islamische Theologie (IIT) Osnabrück einen deutsch-türkischen Workshop zur Islamischen Religionspädagogik, der vom 08. bis 09.01.2015 an der Eberhard Karls Universität Tübingen stattfand. Ziel des eineinhalbtägigen Workshops war es, im Gespräch mit Religionspädagogen aus der Türkei „zu durchleuchten, ob sich Synergien durch die bilateralen Fachdisziplinen ergeben und sich daraus evtl. Möglichkeiten für die Entwicklung gemeinsamer Projekte und Ansätze eröffnen“ lassen. Außerdem sollten Unterschiede und gegenläufige Entwicklungen diskutiert werden.


Der Workshop wurde durch Begrüßungsreden der Veranstalter und durch Prof. Dr. Erdal Toprakyaran, Direktor des ZITH Tübingen, und Prof. Dr. Nevzat Aşıkoğlu, Religionspädagoge und neuer Vorsitzender der DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion), eröffnet. Das erste Panel befasste sich mit dem Stand und der Zukunft der Religionspädagogik in Deutschland und der Türkei. Unter der Leitung von Prof. Dr. Bülent Uçar referierte zunächst Dr. Ismail H. Yavuzcan zum Stand und zur Entwicklung der Islamischen Religionspädagogik (IRP) in Deutschland. Neben gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Islamischen Religionsunterricht (IRU) machte Yavuzcan auf die gesellschaftliche Rolle des IRU aufmerksam. So wies er darauf hin, dass 65% der muslimischen Jugendlichen keine religiöse Sozialisation durch Schule und Moschee erfahren. Er betonte ausdrücklich, dass die islamischen Religionsgemeinschaften durch die Veröffentlichung von Positionspapieren einen Beitrag für die IRP und den IRU leisten könnten. Zudem machte er abschließend auf die Notwendigkeit theoretischer sowie empirischer Arbeiten aufmerksam. Cemal Tosun, Professor für Religionspädagogik an der Universität Ankara, konnte aufgrund eines Flugausfalls wegen schlechten Wetterbedingungen selbst nicht anreisen. Sein Vortrag wurde aber durch einer seiner Studenten vorgelesen. Tosun unterstrich u.a., dass der Religionsunterricht in der Türkei vielmehr der Religionskunde gleiche und der türkische Religon-Kultur-Ethik (DIKAB) Unterricht stark verändert wurde und nun auch Gemeinsamkeiten zwischen Sunniten, Schiiten und Aleviten betonen würde. In der anschließenden Diskussion unterstrichen viele Teilnehmer, dass den Aleviten in der Türkei ein eigenständiger Religionsunterricht zugestanden werde müsse oder zumindest im Unterricht die Aleviten selbst zu Wort kommen müssten bzw. von alevitischen Lehrern unterrichtet werden müssten.


Anschließend referierte der Vorstandsvorsitzende im DITIB-Bundesverband und Botschaftsrat für Religiöse Angelegenheiten der Republik Türkei Prof. Dr. Nevzat Aşıkoǧlu zum Thema "Islam din eǧitiminde çerçeve şartlar, imkanlar ve zorluklar“. Er betonte u.a., dass die Religionsgemeinschaften gleichberechtigt an der politischen und organisatorischen Ausrichtung des Islamischen Religionsunterrichtes (IRU) beteiligt werden sollten. Prof. Dr. Yaşar Sarıkaya von der Justus-Liebig-Universität Gießen konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht selbst an dem Workshop teilnehmen konnte, sein Vortrag wurde von Melahat Kişi M.A. vorgetragen. Dr. Nurten Kimter von der theologischen Fakultät Çanakkale referierte über Fragen der Religiosität im Hinblick auf die Erziehungseinstellungen und –stil. Khaled Radhouani, wissenschaftlicher Mitarbeiter am ZITH in Tübigen, referierte über islamische Erziehungsprinzipien. Ass. Prof. Dr. Mizrap Polat betonte im Panel am Freitag die Bedeutung von sufitischen Stufen für die Kompetenzdefinitionen in der Religionspädagogik. Halid Akpinar M.A., der an der Universität Wien promoviert, hielt einen Vortrag über empirische Messinstrumente zur Messung von Religiosität.


Im letzten Panel wurden unter der Leitung von Dr. Ismail H. Yavuzcan zwei empirische Arbeiten vorgestellt. Im ersten Vortrag stellte Melahat Kişi M.A., wissenschaftliche Mitarbeiterin am IIT an der Universität Osnabrück, eine Forschungsskizze zur Geschlechterforschung im IRU vor. Im Anschluss daran gab Elif Medeni M.A., Doktorandin an der Universität Wien, Einblicke in ihre explorative Fallstudie zu Erziehungs- und Bildungskonzepten islamischer Schulen in Österreich.