Zentrum für Islamische Theologie (ZITh)

Islamisches Recht - Denkanstöße und Reformansätze

Die internationale Konferenz “The Reform of Islamic Law”

Von Debora Müller



Vom 9. bis 10. Oktober 2015 fand die internationale Konferenz “The Reform of Islamic Law: Approaches, Challenges and Methods” in der Neuen Aula der Universität Tübingen statt. Eingeladen hatte Prof. Mouez Khalfaoui vom Lehrstuhl für Islamisches Recht des Zentrums für Islamische Theologie.


Das Ziel der Konferenz bestand darin, einerseits die Reformansätze bezüglich des Islamischen Rechts zu besprechen, anderseits die Zusammenarbeit zwischen dem ZITh und nationalen und internationalen Forschungsinstitutionen zu stärken und weitere Forschungsangelegenheiten zu thematisieren. Die Konferenz versteht sich als Auftaktveranstaltung für eine geplante Konferenz- und Publikationsreihe zum Islamischen Recht.


Die Referenten der Konferenz kamen aus den USA, Südafrika, Frankreich, der arabischen Welt und Deutschland. Als Sprache bedienten sich die Teilnehmenden des Englischen, wobei Fachgespräche zum Teil auf Arabisch geführt wurden. Die Vielfalt der Referenten zeigte sich aber nicht nur in der Unterschiedlichkeit ihrer Heimatländer oder Themen, sondern auch in der Art, ihre Vorträge zu halten. Dr. Lahcen Daaifs klar strukturierter Vortrag und Muhammad Ashfaqs untermalende Präsentation erleichterten den Zuhörern das Verständnis und beispielsweise Prof. Abdullahi An-Na’ims anschauliche Darstellung und Vertrautheit mit dem Thema ließen ihm leicht folgen.


Die Themen reichten von geschichtlichen Themen wie Prof. Ebrahim Moosas „Imagining Islamic law as Ethics: From Fazlur Rahman to Taha Abdurrahman“ über immer brisante Themen wie Noha Abdel-Hadys Vortrag „The Formation of Legal Genre: The Case Study of Fiqh an-Nisa“ bis zur Moderne mit Muhammad Ashfaqs „Reforming Islamic Banking and its Role in modern legal Thinking“.


Der Gastgeber selbst, Prof. Mouez Khalfaoui, hinterfragte in seinem Vortrag „Has the Method of Teaching Islamic Law ever changed?“ die Methoden islamischer Gelehrter und die Zukunft dieser Disziplin sowohl in Europa als auch weltweit. Durch den Vortrag und die anschließende Diskussion wurde klar gestellt, welche Konzeptionen für den Unterricht des Islamischen Rechts in Deutschland vorhanden sind, welche Zusammenhänge zum hiesigen Recht es gibt und insbesondere, welche Unterschiede und Ähnlichkeiten zu anderen Ländern bestehen (England und USA).


Der aus Sudan stammende bekannte Prof. An-Na’im hielt neben seinem Vortrag „How to reform a comprehensive global normative System?“ auch noch eine öffentliche Vorlesung am Abend. Diese war der Thematik der Vereinbarkeit von Islam und Menschenrechten gewidmet: „Islam and Human Rights? Refraiming the Question on both Sides of the Issue?“.


Am Abend füllte sich der Hörsaal mit Studierenden der Islamischen Theologie, aber auch der Orientalistik und anderer Fachrichtungen, um Prof. An-Na’im zuzuhören. Dieser brachte die Zuhörer mit einer eingängigen Geschichte ins Thema ein und erzählte dann von seiner kontroversen Haltung gegenüber dem Thema. Er selbst sei lange Zeit überzeugt gewesen, der Islam sei bei dieser Debatte das Problem, doch nach vielen Jahren habe er festgestellt, dass auch die Menschenrechte Problematiken aufwiesen. In diesem Zusammenhang gab er zu bedenken, dass manche Autoren sich bemühten, die Unvereinbarkeit von Islam und Menschenrechten nachzuweisen, doch diese Unvereinbarkeit müsse nicht gelten, wenn an den Menschenrechten auch manches verändert würde.
Er appellierte an die Zuhörer, sich nicht vorschreiben zu lassen, dass sie sich auf eine gewisse Weise zu verhalten hätten, weil ein „islamischer Staat“ es ihnen befiehlt, da es einen solchen gar nicht gäbe. Eine Institution könne niemals religiös sein, sondern nur die Menschen, die dort arbeiteten, bzw. auf ein Land bezogen, nur die Menschen, die darin lebten. Sein Credo war Toleranz als gläubige Muslime zu üben und dabei den eigenen Glauben nicht zu verleugnen, doch auch Verständnis zu haben, wenn für andere Menschen der Koran eben nur ein Buch sei. Tags darauf schloss er an seine Ausführungen vom Abend an, doch konnte in seinem Vortrag auch Neues entdeckt werden von denjenigen, die schon in den Genuss seiner Ausführungen gekommen waren.


Nicht nur bei Prof. An-Na’im, sondern während der ganzen Konferenz konnten viele Teilnehmer aus Tübingen, aber auch von außerhalb verzeichnet werden, um die Beiträge zur Reform des Islamischen Rechts zu hören. Als prominentester Gast gab sich der Islamwissenschaftler Josef Van Ess die Ehre. Er ließ es sich nicht nehmen, der Einladung zum Gespräch mit den Referenten zu folgen und revanchierte sich seinerseits mit einer exklusiven Stadtführung, bei der er die geschichtsträchtigen Gebäude der Orientalistik den Gästen näherbrachte. Bei diesem Zusammensein herrschte ein buntes Sprachgemisch aus Deutsch, Englisch und Arabisch.


Erwähnenswert ist, dass ein Drittel der Referenten dieser Konferenzen (Dozenten und Doktoranden) Bezug zum ZITh haben, sei es als derzeitige Lehrende, Forschende oder Doktoranden, die immer noch mit dem Zentrum verbunden sind. Die Moderation aller Sitzungen wurde durch Mitarbeiter des Lehrstuhls für Islamisches Recht übernommen, was der Nachwuchsförderung des Lehrstuhls und des Instituts dienen soll.