Dr. Judith Benz-Schwarzburg
Dissertationsprojekt
Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Mensch und Tier: Kognitive Fähigkeiten bei Tieren und ihre ethische Relevanz für das Mensch-Tier-Verhältnis
Die Dissertation untersucht, inwiefern sinnvoll von Kultur, von Sprache und vom Vorhandensein einer Theory of Mind bei Tieren gesprochen werden kann und ob eine Verwandtschaft zwischen Mensch und Tier im kognitiven Bereich ethisch relevant ist.
Die Arbeit nimmt drei zentrale Aspekte tierischer und menschlicher Intelligenz gemeinsam in den Blick: Kultur, Sprache und das Vermögen, sich selbst und andere im Hinblick auf Meinungen und Wünsche einzuschätzen (Theory of Mind). Sie stützt sich auf eine breite empirische Grundlage, vor allem neuere Ergebnisse – etwa zum Werkzeuggebrauch bei Gorillas oder zum Sprachverständnis von Graupapageien – sollen berücksichtigt werden. Für jeden der drei Bereiche muss untersucht werden, ob das, was Tiere leisten, durch existierende Definitionen von Sprache, Kultur und Theory of Mind adäquat beschrieben werden kann. Die Ausgangshypothese ist, dass sich die empirischen Befunde angemessener interpretieren lassen, wenn man neue Konzepte vorschlägt, im Fall der Sprache beispielsweise eine veränderte Begriffstheorie, in welche die Art von Begriffen, über die Tiere verfügen, integrierbar ist.
Um die Relevanz der Frage nach kognitiven Fähigkeiten bei Tieren zu untersuchen, wendet sich die Arbeit im Anschluss zwei ausgewählten tierethischen Fragestellungen zu: der Frage nach einer besonderen Schutzwürdigkeit unserer nächsten Verwandten, der Menschenaffen und der Frage, ob und inwiefern eine ethisch zulässige, artgerechte Zootierhaltung kognitive Fähigkeiten von Tieren berücksichtigen sollte. Hier werden die Argumentation des Great Ape Projects und dessen Forderung, auch den Großen Menschenaffen Personale Rechte einzuräumen, untersucht, sowie der Vorschlag Thomas I. Whites, diese Forderungen auch auf Delphine zu übertragenen. Probleme und Chancen solcher Forderungen sollen sichtbar werden, während gleichzeitig die Relevanz kognitiver Fähigkeiten bei Tieren für unseren praktischen Umgang mit denselben im Blickfeld bleibt. Diese Relevanz zeigt sich besonders wenn es um die Frage einer artgerechten Tierhaltung geht, wo Enrichment als ethische Notwendigkeit auftritt und gleichzeitig auf einen wichtigen Zusammenhang von kognitiven Fähigkeiten und Leidensfähigkeit bei Tieren verweist.
Zur Person
Studium der Germanistik und Philosophie und Ethik an der Universität Tübingen 1999-2005. Staatsexamen im November 2005 mit einer linguistischen Zulassungsarbeit zu mentalen Ausdrücken in der Kindersprache und der daran ablesbaren Entwicklung einer Theory of Mind bei zwei- bis vierjährigen Kindern. Seit Frühjahr 2006 Promotion in Tübingen, erstbetreut durch Prof. Dr. Eve-Marie Engels (Universität Tübingen) und zweitbetreut durch Prof. Dr. Hanno Würbel, Institut für Ethologie und Tierschutz, Fachbereich Veterinärmedizin der Universität Gießen (von Januar 2006-April 2007 zweitbetreut durch Prof. Dr. Albert Newen, ehemals Universität Tübingen, jetzt Universität Bochum). Im August 2006 Aufnahme ins DFG Graduiertenkolleg „Bioethik“ des IZEW der Universität Tübingen und seit 2007 Mitglied im anschließenden Graduiertenkolleg zur „Selbstgestaltung des Menschen durch Biotechniken“. Judith Benz-Schwarzburg war außerdem Kollegiatin im Studienkolleg 2006/2007 des FORUM SCIENCIARUM der Universität Tübingen, das die biologischen und kulturellen Grundlagen menschlichen Denkens zum Thema hatte.
Kontakt
judith.benz[at]uni-tuebingen.de