Dr. Michael Jungert
Dissertationsprojekt (2012 abgeschlossen)
Personen und ihre Vergangenheit. Gedächtnis, Erinnerung und personale Identität.
Obwohl der enge Zusammenhang von Gedächtnis, Erinnerung und personaler Identität in der philosophischen Diskussion spätestens seit John Locke weitestgehend unbestritten ist, bleiben die Strukturen und Bedingungen dieses Zusammenhangs zumeist unklar. Dieser Forschungs- lücke liegen drei Ursachen zugrunde: 1. Die mangelnde Differenzierung zwischen unter- schiedlichen Formen von Gedächtnis und Erinnerung, 2. die einseitige Fokussierung auf den Aspekt der diachronen Identität und 3. die fehlende Integration empirischer Ergebnisse in die philosophische Theoriebildung.
Der Autor entwickelt auf der Grundlage dieser Problemanalyse einen Ansatz, der die Bedeutung von Gedächtnis und Erinnerung als konstitutive Kriterien personaler Identität aufzuzeigen vermag. Durch die Differenzierung verschiedener Gedächtnisformen, die Charakterisierung der biographischen Identität im Sinne eines evaluativen Selbstverhältnisses von Personen sowie durch die eingehende Berücksichtigung der psychologischen Gedächtnisforschung entsteht eine empirisch fundierte philosophische Theorie zur Rolle von Gedächtnis und Erinnerung bei der Konstituierung und Aufrechterhaltung personaler Identität.
Informationen zur Druckfassung der Arbeit: www.degruyter.com/view/product/211076
Zur Person
Dr. Michael Jungert studierte Philosophie, Geschichte und Biologie an den Universitäten Bamberg und Erlangen-Nürnberg. Magister Artium (Universität Bamberg, 2006) und Promotion (Universität Tübingen, 2012) in Philosophie. Von 2006 bis 2009 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Philosophie I der Universität Bamberg, von 2007 bis 2010 Promotionsstipendiat im DFG-Graduiertenkolleg Bioethik am Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW) der Universität Tübingen. 2009/2010 forschte er als Visiting Fellow am Department of Philosophy der Harvard University. Von 2012 bis 2015 war er wissenschaftlicher Referent bei der Studienstiftung des deutschen Volkes in Bonn sowie von 2014 bis 2015 Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Wissenschaftstheorie der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seit Oktober 2015 leitet er als Geschäftsführer das Zentralinstitut für Wissenschaftsreflexion und Schlüsselqualifikationen (ZiWiS) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Wissenschaftsphilosophie, der Philosophie des Geistes und der Psychologie sowie in der Angewandten Ethik und Metaethik.
Weitere Informationen zu Forschung und Veröffentlichungen:
https://www.ziwis.fau.de/institut/michael-jungert/
http://uni-erlangen.academia.edu/MichaelJungert
Publikationen (Auswahl)
Jungert, M. (2017): “Neurophilosophy or Philosophy of Neuroscience? What Neuroscience and Philosophy can and can´t do for each other”, in: Hildt, E., Leefmann, J. (Hg.): The Human Sciences after the Decade of the Brain. Perspectives on the Neuro-Turn in the Social Sciences and the Humanities (Elsevier).
Jungert, M. (2015): „Memory, Personal Identity, and Memory Modification”, in: Ranisch, R., Rockoff, M., Schuol, S. (Hg.): Selbstgestaltung des Menschen durch Biotechnologien. Tübingen: Francke, S. 129-140.
Jungert, M. (2014): „Das erinnerte Selbst – Personale Identität, Persönlichkeit und autobio-graphisches Gedächtnis“, in: Friedrich, O., Zichy, M. (Hg.): Persönlichkeit. Neurowissen-schaftliche und neurophilosophische Fragestellungen. Münster: Mentis, S. 189-206.
Jungert, M. (2013): „Mental Realities – The Concept of Mental Disorder and the Mind-Body Problem, in: Frontiers in Psychology 4:80 (doi: 10.3389/fpsyg.2013.00809) .
Jungert, M. (2013): Personen und ihre Vergangenheit. Gedächtnis, Erinnerung und personale Identität (Quellen und Studien zur Philosophie, Bd. 117). Berlin/Boston: De Gruyter.
Schleidgen S., Jungert M., Bauer R. & Sandow V. (Hg.) (2011): Human Nature and Self Design. Paderborn: Mentis.
Jungert M. (2010/22013): „Was zwischen wem und warum eigentlich? Grundsätzliche Fragen der Interdisziplinarität“, in: Jungert M., Romfeld E., Sukopp T. & Voigt U. (Hg.): Interdisziplinarität. Theorie, Praxis, Probleme. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 1-12.
Jungert M., Romfeld E., Sukopp T. & Voigt U. (Hg.) (2010/22013): Interdisziplinarität. Theorie, Praxis, Probleme. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft (Rezensionen von Dieter Birnbacher in Ethik in der Medizin 02/2011, S. 169-170, von Kai Vogeley in Spektrum der Wissenschaft 04/2011, S. 104 sowie von Anneke Meyer in Philosophisches Jahrbuch 01/2012, S.184-186).
Schleidgen S., Jungert M. & Bauer R. (2010): „Mission: Impossible? On Empirical-Normative Collaboration in Ethical Reasoning“, in: Ethical Theory and Moral Practice 13 (1), S. 59-73.