Dr. Robert Bauer
Dissertationsprojekt
Sucht zwischen Krankheit und Willensschwäche
In der theoretischen Diskussion werden teilweise diametral unterschiedliche Konzeptionen von Abhängigkeit postuliert [vgl. 1,2]. Vor allem ein moralisch-volitionales und biomedizinisches scheinen sich dabei gegenüber zu stehen [3]. Dabei ist bisher die Frage nach dem Einfluss des Willens auf den Krankheitsverlauf noch ungeklärt. So schreibt Hyman [4]: „In fact, there is substantial evidence for a disease model, but the disease model per se does not resolve the question of voluntary control.“
Abhängige müssen in Maßnahmen der Suchthilfe häufig für einen Rückfall Rede und Antwort stehen. Eine solche Verantwortungsaushandlung geschieht gegenüber den professionellen Mitarbeitern und es scheint plausibel, dass deren Verständnis von Abhängigkeit einen Einfluss auf die Verantwortungszuschreibung und letztliche Entscheidung im weiteren Umgang mit dem Abhängigen hat. Neben eines Literaturreviews bisheriger Studien soll daher mithilfe einer quantitativen postalischen Untersuchung die interprofessionellen Ansichten von professionellen Mitarbeitern in der Suchthilfe zu Ursachen der Abhängigkeit, der Verantwortung von Abhängigen sowie gegenüber verschiedenen therapeutischen Optionen erhoben werden. Zudem sollen mithilfe der Aufarbeitung psychologischer und neurobiologischer Forschungsergebnisse zur Moralität und Willenskraft die Möglichkeiten und Grenzen eines „moralischen“ Suchtmodells auf modernem Stande ausgelotet und darauf aufbauend eine ethische Stellungnahme zum Themenkomplex „Schuld am Rückfall“ in der Behandlung von Abhängigen vollzogen werden.
[1] Schaller, K: Addiction is a Choice. Chicago 2000
[2] Leshner, AI: Addiction is a brain disease, and it matters. Science 1997; 278: 45-47
[3] Medicine and Morals, Craving and Compulsion. Sub Use Misuse 2004; 39 (3): 437-60
[4] Hyman SE. The Neurobiology of Addiction: Implications for Voluntary Control of Behavior. AJOB 2007;7:8-11
Publikationen
Schleidgen S., Jungert, M., Bauer, R.: „Mission: Impossible? On Empirical-Normative Collaboration in Ethical Reasoning“ Ethical Theory and Moral Practice 2010; 13: 59-71
Bauer, R., Eppler, N., Wolf, J.: „Implications of Understandings of Addiction: An Introductory Overview“ In: Hoffstadt, C., Bernasconi, R. (Eds.)(2009): On the edge of addiction. Freiburg: 13-30
Bauer, R., Gharabaghi A.: „Neuroprothesen zur therapeutischen Modulation von Emotion und Motivation“ in E. Hildt, E.M. Engels (Eds.)(2009): Der implantierte Mensch. Freiburg: 31-52
Kuhn, J., Bauer, R., Pohl, S., Lenart, D., Huff, W., Kim, E.H., Klosterkoetter, J., Sturm, V.: „Observations on Unaided Smoking Cessation after Deep Brain Stimulation of the Nucleus Accumbens“ European Addiction Research 2009; 15: 196-201
Bauer R., Pohl S., Klosterkötter J., Kuhn J.: „Abhängigkeitserkrankungen im Kontext der Tiefen Hirnstimulation – eine literaturgestützte systematische Auswertung“ Fortschr Neurol Psychiat 2008; 76: 396-401
Bauer R., Schreib A.: „Pädagogische Identität(en)“ In: Rapold, Monika (Ed.)(2007): Pädagogische Identität, Netzwerke und Verbandsarbeit. Hohengehren: 67-80
Vorträge (Auszug)
„Is the science needed for empirical ethics science?“ Soesterberg, Niederlande (25.08.2009)
„Retrospektive Beobachtungen zur Beendigung des Zigarettenkonsum nach Tiefer Hirnstimulation des Nucleus Accumbens“ München (27.03.2009)
„A short psychological view on the power of personal moral judgment” Utrecht, Niederlande (15.11.2008)
„Ethische Orientierung in der professionellen Versorgung von chronisch mehrfach beeinträchtigten Abhängigen” Frankfurt a.M. (28.10.2008) (invited)
„Neue und alte Herausforderungen an die pädagogische Identität” Bamberg (02.07.2008)
„Die Attribution von Verantwortung an Rauschmittelsüchtige durch Therapeuten. Eine Funktion des Suchtbildes?“ Mannheim (14.06.2008)
„Addiction between illness and weakness of will” Tartu, Estland (11.09.2007)
„Willensfreiheit und Erziehung – ein kontradiktorisches Verhältnis?” Bamberg (16.05.2007) (invited)
Poster & Abstracts
Bauer, R.:“Die Attribution von Verantwortung an Rauschmittelsüchtige durch Therapeuten. Eine Funktion des Suchtbildes?” Poster während dem 1. Deutschen Suchtkongress (13.06.2008)
Rezensionen
Bauer, R: “Buchbesprechung: Die Pflicht zu Führen. 9 Gebote der Bildung von Bernhard Bueb” auf
http://propaed-ev.de/index.php/component/content/article/45-besprechungen/122-buchbesprechung-bernhard-bueb-qvon-der-pflicht-zu-fuehren-neun-gebote-der-bildungq
(19.09.2008)
Zur Person
Seit 2009:
Mitglied in der European Post-Graduate School in Addiction Research, finanziert durch die Volkswagen Stiftung an der Dresden International University
Seit 2007:
Mitglied im Graduiertenkolleg Bioethik (GRK 889) finanziert durch die DFG am IZEW Tübingen.
2005 - 2007:
Nebentätigkeit im stationären Rehabilitationszentrum für Drogenkranke Schloss Bettenburg, Manau
2001 - 2007:
Studium der Dipompädagogik mit Schwerpunkt Sozialpädagogik an der Otto-Friedrich-Universität, Bamberg
Mitgliedschaften
2. Vorstand propäd e.V., dem Verein zur Förderung der Professionalität von Pädagogen und Pädagoginnen an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Mitglied in der DG-SAS, der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit in der Suchthilfe
Kontakt
robertsadresse[at]googlemail.com