Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW)

Das Treibhaus und wir: Wie sich die Risikowahrnehmung des Klimawandels durch Metaphern beeinflussen lässt

von Maximilian Irion

21.02.2023 · Zeit ist Geld, Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – Metaphern wie diese sind als implizite Vergleiche nicht nur sprachlich allgegenwärtig, sondern prägen auch maßgeblich unser Denken. In Bezug auf den Klimawandel können metaphorische Botschaften somit ein wichtiger Schlüssel sein, um unsere häufig gering ausgeprägte Risikowahrnehmung zu steigern. Doch wie müssen Metaphern gestaltet sein, damit wir den Klimawandel stärker als Bedrohung wahrnehmen und die Dringlichkeit umweltbewussten Verhaltens erkennen?

Mit dieser Frage habe ich mich in meiner Bachelorarbeit beschäftigt, die ich 2021 im Fach „Bildungswissenschaft und Bildungsmanagement“ an der Universität Freiburg verfasst habe. Darin habe ich untersucht, welche Metaphern sich als effektiv erweisen, um Umweltwissen, Risikowahrnehmung und umweltbewusste Verhaltensintentionen – insbesondere in Bezug auf alltagsnahes Verhalten wie dem Kauf umweltfreundlich hergestellter Lebensmittel – im Kontext des Klimawandels zu steigern. Der Klimawandel stellt eine der größten Herausforderungen unserer Zeit dar und kann nur dann bewältigt werden, wenn sich das menschliche Verhalten grundlegend ändert. Bedenkt man, dass der Klimawandel nicht nur die Lebensgrundlage gegenwärtiger, sondern auch zukünftiger Generationen bedroht, ist der Kampf gegen den Klimawandel im Sinne der intra- und intergenerationalen Gerechtigkeit unverzichtbar. Da Umweltwissen und Risikowahrnehmung unser Verhalten prägen, kommt erzieherischen Prozessen im Rahmen der Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) bzw. der Klimabildung eine zentrale Bedeutung zu. Metaphern, die sich auf Wissen und Risikowahrnehmung auswirken, könnten an dieser Stelle ein vielversprechendes Werkzeug sein. Doch wie genau müssen diese gestaltet werden?

Metaphern sind in der Klimabildung keineswegs ein neuer Ansatz: Die Prozesse der Erderwärmung werden allgemein durch den sogenannten „Treibhauseffekt“ beschrieben. Dabei handelt es sich um eine hochgradig metaphorische Darstellung, da die Vorgänge in der Erdatmosphäre anhand eines Treibhauses veranschaulicht werden. Die „Erde im Treibhaus“ scheint jedoch eine ungünstige Metapher zu sein, wenn es um die Vermittlung korrekten Umweltwissens geht. Lernende sehen die Ursache des Klimawandels – analog zu den Erwärmungsprozessen in einem Treibhaus – dementsprechend oftmals in einer dicker werdenden Treibhausgasschicht oder gar im Ozonloch und verkennen dabei die tatsächlichen physikalischen Vorgänge in der Atmosphäre (1). Falsche Vorstellungen über die Ursachen des Klimawandels können in der Folge zu nutzlosen Klimaschutzmaßnahmen führen – beispielsweise der Vermeidung von Sprühdosen zum Schutz der Ozonschicht, obwohl das Ozonloch unabhängig vom Klimawandel ist und lediglich eine erhöhte UV-Strahlung verursacht (2).

Gleichzeitig sollten Metaphern des Klimawandels das bedrohliche Ausmaß des Problems deutlicher unterstreichen. In einer Umfrage mit mehr als 6 000 deutschen Haushalten im Jahr 2020 gaben 31 % der Befragten an, dass der Klimawandel für ihre persönlichen Lebensbedingungen in den nächsten Jahrzehnten etwa gleich starke positive und negative Folgen haben würde (3). Diese und ähnlich niedrige Risikowahrnehmungen des Klimawandels stehen aber im Kontrast zu wissenschaftlichen Risikoabschätzungen, die zweifelsfrei nachweisen, dass auch Länder des Globalen Nordens zunehmend mit den drastischen Folgen des Klimawandels zu kämpfen haben (4).

In einer Studie mit 60 Studierenden habe ich den Einfluss verschiedener Metaphern-Arten auf die zu untersuchenden Variablen analysiert. Diese Metaphern wurden bildlich und inhaltlich in einem instruktionalen Text zu Ursachen und Folgen des Klimawandels dargeboten (s. Abbildung). Sie unterschieden sich zum einen darin, ob sie die Erdatmosphäre konventionell als Treibhaus (z. B. „Die Erde befindet sich in einem Treibhaus“) oder alternativ als Hitzeraum mit zunehmenden Hitzefängern (z. B. „Die Erde befindet sich in einem Hitzeraum“) konzeptualisierten. Hitzefänger kann man sich als fiktive Wärmequellen vorstellen, die – wie die Treibhausgase in der Atmosphäre – quer in einem Raum verteilt sind, Wärmestrahlung absorbieren und dadurch für zunehmende Erwärmung sorgen. Zum anderen wurden die Metaphern dahingehend variiert, ob der Mensch in die Prozesse der globalen Erwärmung involviert war (z. B. „Wir befinden uns in einem Treibhaus“) oder nicht (z. B. „Die Erde befindet sich in einem Treibhaus“). Die Studierenden wurden jeweils mit einer der insgesamt vier Metaphern konfrontiert, beantworteten anschließend Wissensfragen zum Text und gaben Auskunft zu ihrer Risikowahrnehmung sowie ihrer Bereitschaft zu umweltbewusstem Verhalten (siehe anbei Abbildung 1).

Unter Berücksichtigung des individuellen Vorwissens der Studierenden war erkennbar, dass Metaphern, die den Menschen involvieren, zu einer signifikant höheren Risikowahrnehmung führen als Metaphern, die den Menschen nicht involvieren. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Form die Erdatmosphäre konzeptualisiert wird. Verdeutlicht uns eine Metapher, dass wir selbst dem Klimawandel ausgesetzt und die Hauptleidtragenden sind, so nehmen wir den Klimawandel also stärker als Risiko wahr. Häufig treffen wir auf Karikaturen, die die Erde beispielsweise als kranke oder schwitzende Patientin darstellen. Solche Darstellungen vernachlässigen jedoch völlig, wie sehr wir in die Prozesse involviert und letztendlich selbst die Leidtragenden des Klimawandels sind. Diese Erkenntnis sollte in der öffentlich-medialen Kommunikation des Klimawandels stärkere Berücksichtigung finden.

Ebenso wurde deutlich, dass die Risikowahrnehmung mit der Bereitschaft zu umweltbewusstem Verhalten positiv zusammenhängt, also eine hohe Risikowahrnehmung auch mit einer hohen Bereitschaft zu umweltbewusstem Verhalten einhergeht. Deshalb macht es Sinn, auf eine Steigerung der Risikowahrnehmung abzuzielen, um damit auch indirekt umweltbewusste Verhaltensabsichten hervorzurufen. Paradoxerweise zeigte sich jedoch auch ein negativer Zusammenhang zwischen Risikowahrnehmung und Umweltwissen: Je mehr wir über den Klimawandel wissen, desto weniger nehmen wir ihn als Risiko wahr. Dieser scheinbare Widerspruch leuchtet nicht zuletzt im Kontext der Corona-Pandemie ein: Am Anfang der Pandemie wussten wir noch wenig über das Virus, schätzten das Risiko, daran zu erkranken, hoch ein und trauten uns kaum noch ohne mulmiges Gefühl in Supermärkte oder den öffentlichen Nahverkehr. Im Laufe der Zeit lernten wir mehr über das Virus, unsere Risikowahrnehmung nahm ab und wir kehrten zunehmend ins öffentliche Leben zurück. Im Zuge dieser Erkenntnis sollten wir uns deshalb fragen, welches Umweltwissen an Bildungseinrichtungen vermittelt werden sollte, ohne dass die Risikowahrnehmung des Klimawandels zurückgeht.

Zwischen den verschiedenen Metaphern ergaben sich allerdings keine direkten Unterschiede in Hinblick auf das Umweltwissen. Durch den impliziten Vergleich parallelisieren Metaphern stets zwei Konzepte, die nicht identisch sind. Dies begünstigt die Entstehung von Fehlvorstellungen – beispielsweise die Auffassung, dass dicker werdende Treibhausgasschichten ursächlich für den Klimawandel sind, anstatt quer in der Atmosphäre verteilte Treibhausgase. Versucht man jedoch, solche Fehlvorstellungen zu widerlegen und damit gezielt abzubauen, so bieten sich Metaphern als effektive Werkzeuge an, um komplexe Sachverhalte wie die Entstehung des Klimawandels anhand von greifbaren und alltagsnahen Konzepten zu illustrieren. In Bezug auf die Bereitschaft zu umweltbewusstem Verhalten erzielten die Metaphern-Arten keine unterschiedlichen Effekte. Ob ich bereit dazu bin, mich für autofreie Städte einzusetzen oder umweltfreundlich hergestellte Produkte zu kaufen, lässt sich nicht durch eine bloße metaphorische Darstellung beeinflussen, sondern hängt offensichtlich von vielfältigen Faktoren ab.

Metaphern sind somit keine didaktischen Wundermittel im Kampf gegen den Klimawandel – das wäre ja auch zu schön, wenn sich ein solch gigantisches Problem durch einfache metaphorische Darstellungen lösen könnte. Während sich Umweltwissen und Bereitschaft zu umweltbewusstem Verhalten nicht ohne weiteres beeinflussen lassen, sorgen allerdings Metaphern, die den Menschen involvieren, für eine höhere Risikowahrnehmung. Dieses Potential sollte in der Klimabildung genutzt werden, um zu verdeutlichen, wie sehr wir selbst vom Klimawandel und seinen Auswirkungen betroffen sind. Es geht nicht um den Schutz des Klimas, sondern vielmehr um den Schutz des Menschen vor dem Klima. Mit einer realistischeren und stärker den wissenschaftlichen Tatsachen entsprechenden Risikowahrnehmung wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu umweltbewussterem Verhalten getan. Insbesondere in Ländern des Globalen Nordens, in denen die Folgen des Klimawandels unterschätzt werden oder durch technische Erfindungen wie Klimaanlagen abgemildert werden können, wären Metaphern dementsprechend ein effektives Mittel, um frühzeitig die Vulnerabilität gegenüber dem Klimawandel zu verdeutlichen, bevor die Folgen noch stärker zutage treten.

Abbildung 1

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Literatur: 

(1) Niebert, K. & Gropengiesser, H. (2013). Understanding and communicating climate change in metaphors, Environmental Education Research, 19:3, 282-302, DOI: 10.1080/13504622.2012.690855

(2) Niebert, K., Gropengießer, H. (2011). “CO 2 Causes a Hole in the Atmosphere": Using Laypeople’s Conceptions as a Starting Point to Communicate Climate Change. In: Leal Filho, W. (eds) The Economic, Social and Political Elements of Climate Change. Climate Change Management. Springer, Berlin, Heidelberg. doi.org/10.1007/978-3-642-14776-0_37

(3) Osberghaus, D., Achtnicht, M., Bubeck, P., Frondel, M., Kükenthal, V. C., Larysch, T. & Thieken, A. (2020). Klimawandel in Deutschland:Risikowahrnehmung und Anpassung in privaten Haushalten 2020. Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. www.zew.de/publikationen/klimawandel-in-deutschland-risikowahrnehmung-und-anpassung-in-privaten-haushalten-2020.

(4) Eckstein, D., Künzel, V., Schäfer, L. & Winges, M. (2019). Globald Climate Risk Index 2020. Who suffers Most from Extreme Weather Events?  Weather-related Loss Events in 2018 and 1999 to 2018. Germanwatch. https://www.germanwatch.org/en/17307
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