Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW)

Universität Tübingen im Zeichen Nachhaltiger Entwicklung: EMAS-Zertifikat, Nachhaltigkeitspreise und Sustainability Lecture

Am 26.11.2024 stand Nachhaltige Entwicklung im Fokus an der Universität Tübingen: Mit der EMAS-Zertifizierung, Nachhaltigkeitspreisen für Abschlussarbeiten und Sustainability Lecture von Prof. Ulrich Brand wurden Engagement und Visionen für eine nachhaltige Zukunft gefeiert. Zugleich ging der Blick auf globale Herausforderungen und lokale Verantwortung.

Prof. Samuel Wagner, Prorektor für Nachhaltige Entwicklung, eröffnete die Veranstaltung. Er betonte in seinem Grußwort die besondere Verantwortung von Universitäten im Bereich der Nachhaltigen Entwicklung und dass die Universität Tübingen diese Verantwortung durch exzellente Forschung, die (Aus)Bildung von Change Agents und als nachhaltige Organisation aktiv wahrnimmt.

Den Aspekt nachhaltiger Organisation machte die feierliche Übergabe des erneuerten EMAS-Zertifikats durch Dr. Wolfgang Epp von der IHK Reutlingen sichtbar. Mit diesem Umweltmanagementsystem arbeitet die Universität seit 2011 daran, ihre Umwelt- und Ressourcenbilanz kontinuierlich zu verbessern.

Die Verbindung von Lehre und Forschung zeigte sich in der jährlichen Verleihung der Nachhaltigkeitspreise für Abschlussarbeiten. Diese geschah bereits zum 14. Mal für Bachelor- und Masterarbeiten, in diesem Jahr erstmalig auch für eine Dissertation. Die große Zahl an Einreichungen unterschiedlichster Disziplinen verdeutlicht, wie breit Themen Nachhaltiger Entwicklung an der Universität bearbeitet werden.

In der Kategorie Bachelorarbeiten analysierte Leon Flemming (Geographie) die sozialräumliche Ungleichheit der Hitzebelastung im Stadtgebiet von Tübingen, Marie Luise Geisbusch (Geoökologie) untersuchte die Auswirkungen von Renaturierungsmaßnahmen auf die Vegetation von Mooren und Benedikt Sanwald (Germanistik) setzte sich anhand zweier literarischer Werke mit dem Artensterben auseinander.

In der Kategorie Masterarbeiten analysierte Mara Buchstab (Public Policy and Social Change) die ideelle Entwicklung der SPD im Hinblick auf das „Ökosoziale Wachstumstrilemma“, Jörg Müller (Medienwissenschaft) widmete sich der Nutzung alter Objektive an modernen Kameras und Freya Reiß (European Management) erforschte die Ursachen und Mechanismen von Greenwashing in ausgewählten Unternehmen des Eurostoxx600.

In ihrer Dissertation untersuchte Dr. Beatrice Ellerhoff (Physik), wie historische Klimasimulationen genutzt werden können, um Temperaturschwankungen auf lokaler bis globaler Ebene zu verstehen und zukünftige Auswirkungen des Klimawandels präziser vorherzusagen.

Ein Höhepunkt des Abends war die Sustainability Lecture des Politikwissenschaftlers Prof. Ulrich Brand von der Universität Wien zum Thema „Kapitalismus am Limit? Zu den Widersprüchen der imperialen Lebensweise". Er sprach über die drängenden ökologischen und sozialen Herausforderungen unserer Zeit und thematisierte die grundlegenden Ursachen der Klimakrise und mögliche Wege hin zu einer nachhaltigeren und solidarischen Gesellschaft.

Brand skizzierte das Konzept der „monströsen Normalität“, welches beschreibt, wie tief die destruktive Ausbeutung von Menschen und Natur in unsere Gesellschaft und Wirtschaft eingebettet ist. Er plädierte er für einen Ansatz, der auf starke Nachhaltigkeit und eine solidarische Lebensweise setzt.

Zentrales Problem ist nach Brand die „imperiale Lebensweise“. Konsumgüter – von Handys über das billige Schnitzel bis hin zu günstiger Kleidung – basieren oft auf der Ausbeutung von Arbeitskräften und Ressourcen in anderen Teilen der Welt. Brand machte klar, dass diese von ökonomischen und politischen Strukturen vorangetrieben werden. Er warnte vor der fortgesetzten und noch zunehmenden Instrumentalisierung des Globalen Südens als Materiallager für den Globalen Norden.

Schließlich skizzierte Brand die gesellschaftlichen Voraussetzungen für eine solidarische und nachhaltige Zukunft. Dazu gehörte u.a. die Neugestaltung des Mobilitätssystems mit einem stärkeren Fokus auf den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel und kurzen Wegen. Wichtig sei hierbei, Nachhaltige Entwicklung nicht mit Verzicht gleichzusetzen, sondern als Möglichkeit zu sehen, neue lebenswerte Perspektiven zu schaffen.

Seine Kernbotschaft: Ein Wandel ist möglich, erfordert jedoch tiefgreifende Veränderungen in Wirtschaft, Politik und Lebensweise – weg von einer destruktiven Praxis als Normalität hin zu einer solidarischen und nachhaltigen Gesellschaft.

Verfasst von: Lydia Solomon, Celine Wagner, Kerstin Schopp und Prof. Thomas Potthast