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Die Harmonium Comedists – die Tübinger Antwort auf die Comedian Harmonists

Am Anfang stand ein Harmonium – so könnte man den Beginn der siebenköpfigen Bänkelsängergruppe beschreiben. Kurt Besserer, ein Mitglied des Ensembles, hatte das Instrument von seinem Schwiegervater geerbt. Diente das Harmonium zuvor der Erbauung, rückte es nun in den Mittelpunkt der heiteren musikalischen Probenabende im Hause Besserer. Bei den Auftritten verzichtete man aber meistens auf das sperrige Harmonium und begnügte sich mit dem meist vorhandenen Klavier, ergänzt durch Streichinstrumente und weiteres „tonerzeugendes Gerät“ (von der Blockflöte bis zum Alphorn).

Im Gegensatz zu den weltberühmten Comedian Harmonists, die sich durch eine makellose Perfektion auszeichneten, huldigte das Tübinger Ensemble nach eigenen Aussagen dem „musikalischen Plusquamperfektionismus“. 

Als musikalischer Leiter fungierte Arnold Feil, der von 1979 bis 1988 als Professor für Musikwissenschaft an der Universität Tübingen tätig war. Für die Auswahl der Texte und die musikalischen Arrangements zeichnete Hans Hornung, der bis 1988 an der Fachhochschule für Bibliothekswesen in Stuttgart lehrte, verantwortlich. Bei den Texten der Moritaten knüpfte Hans Hornung an die Bänkellieder von Pfarrer Michael von Jung (1781-1858) aus Kirchberg an der Iller an. Pfarrer von Jung war bekannt für seine gesungenen Beerdigungspredigten, die er mit der Laute begleitete.

Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte die Gruppe 1976 auf dem Holzmarkt in Tübingen als Benefizkonzert für die Straffälligenhilfe. Zum festen Bestandteil gehörte für viele Jahre das Katakombenkonzert in der Rathausgarage beim Tübinger Stadtfest. Am 15.Juli 1995 traten die Harmonium Comedists im Rahmen eines Katakombenkonzerts zum letzten Mal in der Öffentlichkeit auf. 

Auf die Frage „Warum machen Professoren so etwas“ antwortete Hans Hornung folgendes: 

  • Aus Lust am Hineinschlüpfen in eine andere Identität
  • Als Kontrastprogramm zu Beruf als Hochschullehrer
  • Gemeinschaftserlebnis
  • Aus Freude am Basteln (Montieren von Programmzetteln, Notenschreiben).

Von 1997 bis 2012 übergab Hans Hornung Aufführungsmaterialien (Noten und Moderationstexte) sowie Fotos, Presseartikel, Programme und Plakate dem Universitätsarchiv Tübingen zur dauernden Aufbewahrung. Der Bestand UAT 865 (Harmonium Comedists) umfasst 159 Archivalieneinheiten (ca. 1,3 laufende Meter). Er ermöglicht einen guten Einblick in das breit gefächerte thematische Repertoire der Bänkelgesänge. Die Moderationstexte legen beredtes Zeugnis ab von Hans Hornungs Sprachkunst und Wortwitz. 

Quellen und Literatur:

  • Bestand UAT 865: Harmonium Comedists.
  • Ekkehard Melk, Tübinger Vordergründe mit Hintersinn. Akademische Komödianten mit und ohne Harmonium, in: Tübinger Blätter 1993/94, S. 81-83 (L XV 198).
  • Ekkehard Melk, Professoren als passionierte Bänkelsänger, in: Stuttgarter Zeitung vom 06.02.1993.