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30.01.2023
Mutige Theorien und viel Kleinarbeit
Tübinger Förderpreis für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie zeichnet Archäologin Briana Doering aus: Neue These zur Migration indigener Völker in Alaska bewiesen
Der Tübinger Förderpreis für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie geht in diesem Jahr an Briana N. Doering, Juniorprofessorin an der Universität Wyoming, USA. Die Wissenschaftlerin wird für ihre Dissertation „Evaluating the Social and Environmental Processes of the Athabascan Migration“ ausgezeichnet. In dieser erforscht sie die Migration der indigenen Dene/Athabascan: Vor etwa 1500 Jahren hatten diese ihre Heimat in Alaska und Yukon verlassen und waren in den amerikanischen Südwesten ausgewandert. Briana Doering stellte eine neue These zu den Ursachen auf und bewies diese in gründlicher Kleinarbeit und unter der Anwendung verschiedener Methoden.
Briana N. Doering studierte am Barnard College der Columbia Universität (New York) den Bachelor Anthropologie und absolvierte an der Universität Michigan (Ann Arbor) den Master „Anthropologische Archäologie“. Dort schloss sie 2020 ihre Promotion ab und ist seitdem als Juniorprofessorin in der Abteilung Anthropologie an der Universität Wyoming tätig. Sie forscht in Alaska unter anderem an Fragen zu Migration, indigener Archäologie, Mensch-Tier-Beziehungen, räumlicher Organisation, Resilienz und Anpassung.
In ihrer Dissertation stellt die Archäologin eine neue These zur Migration der indigenen Dene/Athabascan auf, die durch archäologische, sprachliche, genetische und mündlich überlieferte Daten belegt ist. Lange war die gängige Meinung, diese Sprachgruppe hätten wegen eines Vulkanausbruchs ihre Heimat verlassen. Doering stellt in Frage, dass hier ein plötzliches dramatisches Umweltereignis zugrunde lag. Stattdessen ging sie von einem allmählichen Prozess aus, der durch soziale Faktoren ausgelöst wurde: eine wachsende Bevölkerung und eine Reorganisation von Gruppen im Zusammenhang mit der Verwandtschaftsstruktur.
Um ihre These zu überprüfen grub sie vier archäologische Stätten mit fünf Zeitkomponenten aus, die an der Stelle des damals ausbrechenden Vulkans liegen. Sie führte jeweils eine gründliche Lithographie-Analyse durch, um festzustellen, ob und wie sich die Werkzeugherstellung und die Auswahl des Rohmaterials veränderten. Zudem analysierte sie Isotope von Lipiden in Feuerstellen und verband dies mit Studiendaten zur Zusammensetzung der damaligen Ernährung. Eine umfangreiche Metadatenanalyse von zwei Radiokarbondatenbanken (aus den USA und aus Kanada) gab ihr Aufschluss darüber, wie sich die Nutzung von Stätten und Landschaften im Verhältnis zur Anzahl und Größe der Stätten verändert hatte.
Doerings Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die Dene/Athabascan schon vor dem fraglichen Vulkanausbruch in Bewegung waren, bereits in den Jahrhunderten davor lassen sich Veränderungen nachweisen: Die Steinwerkzeuge wurden spezialisierter, die Menschen nutzten die Ressourcen des Hoch- und Tieflandes intensiver und verließen sich zunehmend auf den Fischfang. Zusätzlich untersuchte Doering die Verwandtschaftsstrukturen der Dene/Athabascan-Gruppen und stellte fest, dass damit verbundene Veränderungen in der sozialen Organisation das Bevölkerungswachstum erklären könnten.
Der mit 5000 Euro dotierte Förderpreis für Urgeschichte und Quartärökologie ist von der Mineralwassermarke EiszeitQuell gestiftet und wird in diesem Jahr zum 25. Mal vergeben.
Kontakt:
Professor Nicholas Conard
Universität Tübingen
Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (HEP)
Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters
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Pressekontakt:
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