News aus der Fakultät
05.09.2023
Sechs neue Starting Grants des Europäischen Forschungsrats gehen nach Tübingen
Zwei Wissenschaftlerinnen und vier Wissenschaftler der Universität und des Universitätsklinikums werben mit ihren Projekten eine hochdotierte Förderung ein
Gleich sechs Mal konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität und des Universitätsklinikums Tübingen in der aktuellen Vergaberunde des Europäischen Forschungsrats (ERC) einen sogenannten Starting Grant einwerben. „Dies ist ein herausragender Erfolg für die Universität und den gesamten Forschungsstandort Tübingen“, sagte die Rektorin der Universität, Professorin Karla Pollmann, am Dienstag in Tübingen. Nie zuvor habe Tübingen in einer Auswahlrunde derart viele ERC-Grants gewinnen können, die mit ihrer hochdotierten Projektförderung zu den prestigeträchtigsten Förderformaten weltweit zählen.
Die neuen ERC Starting Grants:
- Dr. Christian Bentz, Seminar für Sprachwissenschaft
Projekt: „EVINE” zur Erforschung der Evolution der visuellen Kodierung von Informationen noch vor der Entwicklung von Schrift - Dr. Katrin Franke, Forschungsinstitut für Augenheilkunde
Projekt: „Eye to Action“ zur Erforschung der Verarbeitung visueller Informationen im Gehirn bei der Steuerung des Verhaltens - Professor Ralph Lütticke, Volkswirtschaftslehre
Projekt: „AIRMAC“ zur Einführung des Faktors Ungleichheit in der Einkommens- und Ver-mögensverteilung in makroökonomische Modelle von Wirtschaftszyklen - Dr. Lukas Mager, Medizinische Klinik, Innere Medizin I
Projekt: „SOAR” zur Erforschung von entzündlichen Darmerkrankungen und Darmkrebs - Professor Christian Schürch, Institut für Pathologie und Neuropathologie
Projekt: „CAR-TIME“ zur Erforschung der Immuntherapie mit CAR-T-Zellen bei Lymphdrü-senkrebs - Dr. Maria Spyrou, Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie
Projekt: „PROTOPEST“ zur Erforschung des Einflusses von Epidemien auf soziokulturelle Umbrüche in der Bronzezeit
Ihre Projekte werden jeweils über einen Zeitraum von fünf Jahren mit insgesamt bis zu 1,5 Millionen Euro, in der Medizin bis zu zwei Millionen Euro gefördert. Mit den Starting Grants stattet der ERC herausragende junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit zusätzlichen Mitteln in ihrer Forschungskarriere aus. „Besonders erfreut bin ich, dass die geförderten Forscherinnen und Forscher aus vier verschiedenen Fakultäten kommen“, sagte Pollmann: „Dies unterstreicht wieder einmal, dass Spitzenforschung und Exzellenz an der Universität Tübingen in einer großen Bandbreite von Themen stattfinden.“
„Die ERC Starting Grants beweisen eindrucksvoll, dass sich die Medizinische Fakultät bei der Nachwuchsarbeit auf einem richtigen Weg befindet. Umso erfreulicher ist es, dass die drei Grants aktuelle Themen aus der Medizin fördern, die zukünftig eine noch größere Rolle in Forschung und Gesellschaft spielen werden“, stellte Professor Bernd Pichler, Dekan der Medizinischen Fakultät, heraus.
Der Dekan der Philosophischen Fakultät, Professor Jürgen Leonhardt, sagte: „Der nunmehr fünfte ERC-Grant im Seminar für Sprachwissenschaft innerhalb der letzten zehn Jahre bestätigt die große Bedeutung und internationale Sichtbarkeit der Tübinger Linguistik. Ebenso zeigt er, wie auch in die-sem Bereich historische und systematische Forschungsansätze immer mehr zusammenwachsen.“
Professor Ansgar Thiel, Dekan der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, erklärte: „Wir freuen uns sehr, dass Ralph Lütticke in seinem ERC-Projekt `Aggregate and Idiosyncratic Risk in Macroeconomics´ das gesellschaftlich hochrelevante Thema der Ungleichheit in einem makroökonomischen Kontext aufgreifen wird. Seine Forschungsansatz ist sehr innovativ, und sein Erfolg illustriert die Forschungsexzellenz der Tübinger Wirtschaftswissenschaft.“
„Der von Maria Spyrou eingeworbene ERC Starting Grant ‚PROTOPEST‘ verbindet in idealer Weise zwei zentrale Forschungsthemen in der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, die Mikrobiologie und die soziokulturelle Geschichte des Menschen. Ich freue mich besonders, dass hier eine junge, internationale Forscherin mit diesem Projekt erfolgreich war“, sagte Professor Thilo Stehle, der Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät.
Christian Bentz – Die Anfänge der visuellen Kodierung von Informationen
Bevor die Schrift erfunden wurde, konnte Sprache nicht aufbewahrt werden. Christian Bentz geht jedoch davon aus, dass sich bereits zuvor eine wichtige Komponente der menschlichen Sprachfähi-gkeit entwickelt hatte, die Fähigkeit, Symbole zu kombinieren. In seinem Projekt „The Evolution of Visual Information Encoding“ (EVINE) – Die Evolution der visuellen Kodierung von Informationen – will er erforschen, ob Spuren dieser Fähigkeit erhalten geblieben sind. Dafür nutzt er statistische Methoden in der quantitativen Linguistik.
In der Altsteinzeit besiedelten Menschen von Afrika aus viele weitere Gebiete der Erde. „Auf ihrem Weg haben sie bearbeitete Gegenstände hinterlassen, auch Artefakte genannt, die ein Fenster in ihre Gedankenwelt öffnen“, sagt Bentz. Einige dieser Artefakte tragen frühe Beispiele der visuellen Informationskodierung: geometrische Muster. Von den Neandertalern sind solche Belege kaum bekannt. Sie tauchten erst in der Mittelsteinzeit Afrikas in Verbindung mit der heute noch lebenden Menschenform, dem Homo sapiens, auf.
Als diese Menschen in der späten Altsteinzeit nach Mitteleuropa einwanderten, nutzten sie bereits Steine, Perlen, Knochenfragmente und Figurinen als Ausdrucksform und Informationsträger. Beispiele finden sich in der Eiszeitkunst aus den Schwäbischen Höhlen. „Diese Alltagsgegenstände sind vielfach mit geometrischen Zeichen versehen. Wie stark verbreitet sie waren, wird bei heutigen Sammlungen im großen Stil deutlich“, sagt Bentz. Sicherlich könnte manches Muster aus ästhetischen Gründen entstanden sein. „Das schließt jedoch die Kodierung von Informationen nicht aus“, erklärt der Wissenschaftler. Er will den Informationsgehalt solch geometrischer Zeichen auf Artefakten objektiv messen, unabhängig von der Bedeutung, welche die Menschen darin gesehen haben könnten. So möchte er belegen, dass diese Muster von einer echten Schrift klar zu unterscheiden sind. Außerdem will er mehr darüber erfahren, ob es in der Entwicklung der Zeichen in der späten Altsteinzeit vor rund 35.000 bis 15.000 Jahren erkennbare Übergänge gab – rund 10.000 Jahre bevor Menschen die ersten Schriften erfanden.
Dr. Christian Bentz
Philosophische Fakultät – Seminar für Sprachwissenschaft
christian.bentz@uni-tuebingen.de
Katrin Franke – Vom visuellen Reiz zum Verhalten
Für ihr Projekt „Tracing Visual Computations from the Retina to Behavior” (Eye to Action) – Erforschung der Verarbeitung visueller Informationen von der Netzhaut bis zum Verhalten – erhält Katrin Franke eine Förderung des ERC von rund 1,8 Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren. Sie hat den ERC Starting Grant am Universitätsklinikum und der Medizinischen Fakultät Tübingen eingeworben und ist derzeit als Research Assistant Professor am Baylor College of Medicine, Houston (USA) tätig.
Visuelle Reize prasseln permanent auf uns ein. Unser Gehirn hat es mit einer gigantischen Menge an Informationen zu tun, die selektiert und verarbeitet werden müssen. Bereits in der Netzhaut, dem ersten Verarbeitungszentrum des visuellen Systems, extrahieren neuronale Schaltkreise zahlreiche Merkmale aus der Umgebung und bilden bis zu 40 Kanäle zum Gehirn. Bisher ist jedoch eines der Grundprinzipien des Sehens grundsätzlich unklar, nämlich wie das Gehirn diese vielfältigen Kanäle des Auges verarbeitet und verhaltensrelevante Informationen identifiziert.
Hier setzt Katrin Frankes Forschung an: Ihr Ziel ist es, Antworten auf das Rätsel zu liefern, welche Art von Berechnungen das Gehirn durchführt, um visuelles Verhalten zu ermöglichen. Im weiteren Sinne ist ein tiefes Verständnis des gesunden Sehsystems der Schlüssel zur Entwicklung neuer Behandlungsstrategien für degenerative Erkrankungen des visuellen Systems. Beispielsweise müssen Computerchips zur Wiederherstellung des Sehvermögens idealerweise den physiologischen neuronalen Code wiederherstellen. Diesen zu entschlüsseln, ist eines der Forschungsziele.
Dr. Katrin Franke
Medizinische Fakultät – Forschungsinstitut für Augenheilkunde
Baylor College of Medicine
katrin.frankespam prevention@bcm.edu
Ralph Lütticke – Ungleichheit als neue Größe in makroökonomischen Modellen
Bisher wurden in vielen wirtschaftswissenschaftlichen Modellen etwa bei der Untersuchung von Rezessionen Faktoren wie Unternehmen oder Privathaushalte aggregiert verwendet, um sie handhabbar zu machen. In seinem ERC-Projekt „Aggregate and Idiosyncratic Risk in Macroeconomics” (AIRMAC)– Aggregierte und idiosynkratische Risiken in der Makroökonomie – will Ralph Lütticke die Modelle ausdifferenzieren. „Nimmt man für die privaten Haushalte einen Busfahrer und einen Ban-ker in die Rechnung auf, wird deutlich, dass Ungleichheit eine Rolle spielt. Diese Berufsgruppen ha-ben nicht nur unterschiedliche Einkommen, sondern werden auch von Rezessionen unterschiedlich getroffen“, erklärt er.
Häufig setzten in der Vergangenheit mangelnde Rechenkapazitäten Grenzen. „In den vergangenen zehn Jahren sind bereits Modelle entstanden, in die Ungleichheit einbezogen wurde“, berichtet er. „Zunächst wurden aber die Haushalte so behandelt, als würden sie etwa eine anbrechende Rezession gar nicht mitbekommen.“ Lütticke will in neuen Modellen abbilden, wie aggregierte Risiken individuelle Entscheidungen beeinflussen.
Die dafür nötigen Algorithmen will Lütticke als einen Werkzeugkasten entwickeln, der auch der Politik für die Berechnung praktischer Fragen aus der Geld- oder Fiskalpolitik zur Verfügung steht, um etwa die Auswirkungen von Transferzahlungen auf die Wirtschaftskreisläufe zu prüfen. Die neuen Computeralgorithmen sollen gerade die Perspektive eines einzelnen Haushalts auf die Wirtschaft insgesamt zulassen, um zum Beispiel zu klären, wer arbeitslos werden könnte oder wessen Haus-preise stärker schwanken, und wie dies Entscheidungen am Arbeits- oder Immobilienmarkt beeinflusst. Bei der Entwicklung der grundsätzlichen Methodik mit der ERC-Förderung legt Lütticke Daten von Bürgern aus den USA zugrunde, die eine der einflussreichsten Ökonomien der Welt darstellen, sowie aus Dänemark, wo der Staat zahlreiche Daten der Bürger erhebt.
Prof. Dr. Ralph Lütticke
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät – Volkswirtschaftslehre, insb. Wirtschaftstheorie
ralph.luettickespam prevention@uni-tuebingen.de
Lukas Mager – An der Schnittstelle von Mikrobiom- und Krebsforschung
Lukas Magers Projekt „Systematic Triangulation of Pathobiont-Host-Interactions“ (SOAR) – Systematische Dreiecksvermessung von Pathobiont-Wirt-Wechselwirkungen – beschäftigt sich mit der Erforschung von entzündlichen Darmerkrankungen und Darmkrebs. Dafür erhält er über einen Zeitraum von fünf Jahren eine Förderung des ERC in Höhe von rund zwei Millionen Euro. Das Forschungsprojekt startet im März 2024.
Chronische Darmerkrankungen sowie Krebs sind häufig mit genetischen Faktoren, aber auch dem Mangel an mikrobieller Vielfalt im Darm eng verbunden. Das Mikrobiom, also die Gesamtheit aller Mikroorganismen in unserem Körper, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Gewisse Bakterien, sogenannte Pathobionten, können die Entstehung von Krankheiten begünstigen oder die Wirksamkeit von Therapien schmälern. Bislang ist noch wenig über solch krankheitsrelevante Bakterien sowie deren Wechselwirkung mit genetischen Risikofaktoren von Betroffenen bekannt.
Lukas Magers Ziel ist es, Pathobionten, zu identifizieren und deren Interaktion mit genetischen Risikofaktoren zu analysieren. Mithilfe von maschinellem Lernen will er gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe Übereinstimmungen zwischen genetischem Risiko und Pathobionten finden, welche die Krankheitsentwicklung fördern. Schlussendlich können die gewonnenen Erkenntnisse zu einem späteren Zeitpunkt dabei helfen, Bakterien im Rahmen einer Therapie von entzündlichen Darmerkrankungen und Darmkrebs zu verwenden.
Die Forschung von Lukas Mager und seiner Max-Eder-Nachwuchsgruppe setzt an der Schnitt-stelle zwischen den Bereichen Mikrobiom und Krebs an. Er gehört zwei Tübinger Exzellenzclustern an, die sich einerseits mit der Mikrobiomforschung (Controlling Microbes to Fight Infection – CMFI) und andererseits mit der Krebsforschung (Image-Guided and Functionally Instructed Tumor Therapies – iFIT) auseinandersetzen. Darüber hinaus ist er mit seinem Labor im neuen M3 Forschungszentrum der Medizinischen Fakultät beheimatet, das drei bislang getrennte Themenfelder synergistisch vereint: die Malignom-, Metabolom- und Mikrobiomforschung.
Dr. Lukas Mager
Medizinische Fakultät – Medizinische Klinik, Innere Medizin I
Exzellenzcluster CMFI und iFIT
lukas.mager@med.uni-tuebingen.de
Christian Schürch – Effizienz der CAR-T-Zelltherapie bei Lymphdrüsenkrebs
Christian Schürchs Projekt „Drivers and Brakes of CAR T Cell Efficacy Determined by the Tumor Immune Microenvironment“ (CAR-TIME) – Wie das Immunmikromilieu des Tumors die Effizienz von CAR-T-Zellen beeinflusst – wird vom ERC mit insgesamt rund 1,5 Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren gefördert. Von Januar 2024 an wird er damit die Immuntherapie mit CAR-T-Zellen bei Lymphdrüsenkrebs erforschen.
Immuntherapien mit genetisch modifizierten T-Zellen, sogenannten CAR-T-Zellen, werden künftig eine immer größere Rolle in der Behandlung von Krebs spielen. So zeigt die Therapie bei der häu-figsten Art des Lymphdrüsenkrebses, dem diffus großzelligen B-Zell-Lymphom, vielversprechende Ansätze. Leider profitieren jedoch nicht alle Patientinnen und Patienten von der Behandlung. Zudem handelt es sich um eine äußerst kostspielige Therapie, und es kann unter Umständen zu schwerwie-genden Nebenwirkungen kommen. Deshalb ist es umso wichtiger, vorab herauszufinden, welche Patientinnen und Patienten für die Therapie in Frage kommen, um so den Behandlungserfolg zu maximieren, wertvolle Zeit zu sparen und Komplikationen zu vermeiden.
Christian Schürch und sein Team wollen das Rätsel lösen, warum die Therapie mit CAR-T-Zellen nicht gleichermaßen erfolgreich bei allen Patientinnen und Patienten anschlägt. Sie gehen der Vermutung nach, dass das Tumormikromilieu, also das unmittelbare Umfeld eines bösartigen Tumors, von Betroffenen, die auf eine CAR-T-Zelltherapie ansprechen, grundverschieden ist zu denjenigen, bei denen die Therapie keinen Erfolg zeitigt. Durch die umfassende Analyse der Interaktion von Mik-romilieu und CAR-T-Zellen will Schürch neue Ansatzpunkte für den Therapieerfolg identifizieren und mögliche Kombinationsimmuntherapien entwickeln.
Prof. Dr. Christian Schürch
Medizinische Fakultät – Institut für Pathologie und Neuropathologie
christian.schuerchspam prevention@med.uni-tuebingen.de
Maria Spyrou – Einfluss von Epidemien auf soziokulturelle Umbrüche in der Bronzezeit
Vor 4.000 bis 3.000 Jahren gab es große soziokulturelle Umbrüche in den prähistorischen menschlichen Gesellschaften, das ist durch archäologische Funde aus Europa, dem Nahen Osten und Asien belegt. Bisher wurden vor allem Veränderungen von Umwelt oder Wirtschaft, Kriege oder Wande-rungsbewegungen der Menschen als Motor solcher Entwicklungen gesehen. Obwohl es Hinweise auf Epidemien in dieser Zeit gibt, wurden deren Ursachen und Bedeutung kaum Beachtung ge-schenkt. In ihrem Projekt „Infectious disease outbreaks as contributors to socio-cultural transformations in the 2nd millennium BCE” (PROTOPEST) will Maria Spyrou den Einfluss des Ausbruchs von Infektionskrankheiten auf Umwälzungen erforschen und so dieser hochdynamischen Periode unserer Geschichte eine neue Dimension hinzufügen.
Die Wissenschaftlerin setzt bei alter DNA an: Menschliche Skelettteile enthalten nicht nur die genetische Information der Menschen selbst, sondern auch die aller Krankheitserreger, die sie bei ihrem Tod in sich trugen. „Über einen Abgleich dieser DNA-Sequenzen mit Informationen aus öffentlichen Datenbanken können wir Spuren zahlreicher Krankheitserreger identifizieren, deren Genom, Evolution und Übertragung untersuchen“, erklärt Spyrou. Die Fortschritte sowohl in der Analyse großer Mengen genetischer Daten wie auch die Gewinnung der DNA aus sehr alten Knochen machten das Projekt möglich.
Mehr als 600 menschliche Skelette sollen untersucht werden wie auch die Überreste von Tieren, die in den menschlichen Gemeinschaften lebten. „Wie bei heutigen pandemischen Viren und bei histori-schen Pandemien dienten Tiere verschiedenen Krankheitserregern als Reservoir. Diese wurden immer wieder auf Menschen übertragen“, sagt die Wissenschaftlerin.
Maria Spyrou will archäologische, osteologische und genetische Daten vor allem aus der Mittleren und Späten Bronzezeit über den großen geografischen Bereich von Europa bis Asien gewinnen. Ihr Ziel ist es, das Wechselspiel zwischen Infektionskrankheiten und menschlichen Gesellschaften besser zu verstehen. Sie will erforschen, wie Krankheitserreger auftraten und sich verbreiteten und wie prähistorische Gemeinschaften darauf reagierten. Das soll zu einer umfassenden Darstellung eines Zeitraums in unserer Vergangenheit beitragen, als kaum schriftliche Aufzeichnungen gemacht wurden.
Dr. Maria Spyrou
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät – Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie
maria.spyrou@ifu.uni-tuebingen.de
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