Fachbereich Wirtschaftswissenschaft

Top News

20.06.2018

Erforschung der Trends in Afrika und im Nahen Osten, 1700 - 1970: Wie groß war der koloniale Einfluss?

Einerseits sind der Nahe Osten und Afrika aus europäischer Sicht wichtige Weltregionen: Handel, Migration, Gedankenaustausch, aber auch Kriege und koloniale Aktivitäten prägten die Beziehung. Andererseits ist in der wirtschaftshistorischen Forschung über diese beiden Weltregionen deutlich weniger bekannt als über andere Weltregionen, wie Amerika oder Ostasien.

Karte Naher Osten

Eine der wichtigsten Variablen für die wirtschaftliche Entwicklung ist die Bildung, insbesondere die Komponente Rechnen, die im Mittelpunkt dieses Projekts steht. Unter Rechnen verstehen wir hier die Fähigkeit, grundlegende Berechnungen durchzuführen. Wie können wir Einblicke in die Entwicklung der Rechenfertigkeiten in Afrika südlich der Sahara sowie in Nordafrika und im Nahen Osten gewinnen? Jüngste Fallstudien haben gezeigt, dass die Altersangaben der Afrikaner (Baten und Fourie 2014, Austin 2016) und der Bevölkerung des Osmanischen Reiches (Ghanem 2015, Heyberger und Baten 2017) Einblicke in die Entwicklung der Grundrechenarten seit dem achtzehnten Jahrhundert geben können. Die Idee ist, Quellen zu verwenden, die es erlauben, den Anteil der Personen zu berechnen, die in der Lage sind, ihr genaues Alter und nicht ein gerundetes Alter anzugeben, als Indikator für die Rechenfähigkeit. Während es viele methodische Herausforderungen gibt, ist der erwartete Mehrwert für unser Verständnis von globaler Entwicklung und Unterentwicklung groß (zum methodischen Ansatz siehe unten).
Tatsächlich haben Hanushek und Woessmann (2012) argumentiert, dass mathematische und naturwissenschaftliche Fähigkeiten die wichtigsten Determinanten des Wirtschaftswachstums in den einzelnen Ländern sind.


Dieses Forschungsprojekt wird diese Lücke schließen, indem es bestehende und neue Quellen untersucht, um die Tendenzen der Rechenleistung in den Ländern Afrikas und des Nahen Ostens zwischen ca. 1700 und 1970 zu rekonstruieren. Dieser Zeitraum wurde gewählt, weil zum einen Daten verfügbar sind und zum anderen ein wesentlicher Wechsel zwischen verschiedenen kolonialen Regierungssystemen und unabhängigen Regierungen stattfand. Die beiden Hauptziele sind daher

(1) die Rekonstruktion von Rechenleistungstrends für eine beträchtliche Anzahl von Ländern und

(2) die Bewertung der Auswirkungen des Kolonialismus, der ein wichtiger Aspekt der gemeinsamen Geschichte zwischen Afrika, dem Nahen Osten und Europa ist.

Dieses Forschungsprojekt am Lehrstuhl Wirtschaftsgeschichte von Prof. Jörg Baten wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert und für 18 Monate bewilligt.

Zurück