Ein deutscher Arzt in China
Im Oktober 1900 erreichte der deutsche Chirurg Georg Clemens Perthes mit einem Marineschiff China. Er war Teil einer Eingreiftruppe mehrerer Kolonialmächte, die den sogenannten ‚Boxer-Aufstand‘ niederschlugen und Teile Chinas besetzten. Als Georg Perthes China erreichte, waren die Kampfhandlungen zwischen den Aufständischen, dem chinesischen Heer und der Kolonialarmee bereits beendet. Als Militärarzt war es seine Aufgabe ein Lazarett in Beijing zu organisieren; außerdem eröffnete er im Januar 1901 in Zusammenarbeit mit London Missionary Society eine Praxis für chinesische Patienten. Für diese machte er in Form eines großformatigen Wandanschlags auf gelbem Papier in chinesischer Sprache Werbung. Georg Perthes schrieb bis Juli 1901 regelmäßig Briefe an seinen akademischen Ziehvater Friedrich Trendelenburg und er führte Tagebuch. Aus seinen Briefen und Tagebucheinträgen stellte Perthes das Buch Briefe aus China zusammen, dass er im Stile eines Reiseberichts in ‚exotische‘ Länder verfasste und 1903 veröffentlichte.
Georg Perthes hinterlässt Spuren in Tübingen
Im Jahre 1910 erhielt Perthes einen Ruf nach Tübingen, wo er als Professor für Chirurgie und als Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik bis zu seinem Tod 1927 lehrte. Er beschäftigte sich unter anderem mit Kieferchirurgie und, aus Erfahrungen in China und dem Ersten Weltkrieg, mit der Operation von Schussverletzungen.
Als das Universitätsarchiv im Juli 2022 Sammlungsbestände aus dem Institut für Ethik und Geschichte der Medizin übernahm, fanden sich auch Unterlagen der Medizinhistoriker Eberhard Stübler und Gerhard Fichtner, die als Direktoren des Instituts Sammlungstätigkeiten betrieben hatten. So waren wohl auch 14 Schachteln aus dem Besitz von Georg Perthes in diese Sammlung gelangt. Zwischen Korrespondenz und Dokumenten zu Perthes’ Forschungs- und Lehrtätigkeit lag ein unscheinbarer Briefumschlag mit der Aufschrift „Briefe aus China 1899/1901 an Geheimrat Trendelenburg“. Darin fanden sich neben dem chinesischen Wandanschlag acht Briefe, über die Perthes zwischen August 1900 und März 1901 Kontakt nach Europa hielt.
Koloniale Objekte im Nachlass eines Tübinger Chirurgen
Der Wandanschlag, Perthes’ Briefe und sein Reisebericht entstanden im Kontext des als ‚Boxeraufstand‘ bekannt gewordenen Kolonialkriegs gegen das Kaiserreich China. Der Aufstand war infolge von Unwetterkatastrophen in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts ausgebrochen, die mehrere chinesischen Provinzen heimgesucht hatten. Die religiöse Sekte Fäuste der Gerechtigkeit des Himmels gewann daraufhin Zulauf und rebellierte gegen ausländische Einflüsse, die sie als Ursache für die Katastrophen ausmachte. Nachdem die Aufständischen Unterstützung von der chinesischen Regierung erhielten und im Sommer 1900 das europäische Botschaftsviertel Beijings belagerten, holten die Vereinigten Acht Staaten zum Gegenschlag aus und erklärten China den Krieg. Neben europäischen Kolonialmächten und den USA kämpften Soldaten aus Japan auf Seiten dieser Allianz. Während deren Besetzung Beijings kam es zu Plünderungen, Strafaktionen und tödlichen Zwischenfällen. Die Besatzer sahen ihre gewaltsame Herrschaft als notwendig für die Rückkehr zum Friedenszustand, vielen Chinesen erschien das Handeln der Kolonialtruppen willkürlich.
Diese Eindrücke lassen sich in den Dokumenten aus Perthes’ Besitz nachvollziehen. Denn während seine Briefe eine nüchterne europäische Sicht auf die Zustände in Beijing bieten und er seiner ärztliche Tätigkeit aus wissenschaftlichem Interesse nachging, versuchte der Text des Wandanschlags ein positives Licht auf die europäischen Besatzer zu werfen. Für seinen Reisebericht schließlich griff Perthes bewusst auf Stereotype und Stilmittel zurück, um sein deutsches Publikum zu begeistern: Er beschrieb die ‚Exotik‘ der bereisten Orte, verglich wertend europäische mit lokalen Gegebenheiten, rechtfertigte die ausgeübte Gewalt und kritisierte lediglich andere Kolonialmächte. So bieten diese Archivalien aus der Provenienz des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin unerwartetes und erkenntnisreiches Quellenmaterial für die Erforschung des historisch relevanten und aktuell vieldiskutierten Themas Kolonialismus. Der Splitternachlass Georg Perthes ist im Bestand UAT 576/ 82-89 im Juli 2022 erschlossen worden und kann im Universitätsarchiv eingesehen werden.
Literatur:
Georg Perthes eröffnete im Januar 1901 in Beijing eine Praxis für chinesische Patienten. Für diese machte er in Form eines Wandanschlags Werbung, den ein chinesischer Beamter verfasst hatte und die im Januar 1901 in hundertfacher Ausführung aushängt wurde. Ein Exemplar schickte Perthes samt Übersetzung nach Deutschland.
„Nachdem die Kriegerischen Unruhen in Beijing ausgebrochen sind, sind die meisten Aerzte entflohen und doch sind die Krankheiten unter den Einwohnern nicht weniger geworden. Es fehlt an Aezten und an Arzenei und es fehlt an Geld um die Kosten der Behandlung zu bestreiten. Es folgt nur zu oft der Tod der Krankheit. In Hinblick auf diese traurigen Verhältnisse beabsichtigt ein deutscher Militärarzt […] in seiner freien Zeit nach dem Dienste freie Sprechstunde abzuhalten und zwar im Raum der Tsung, in der […] Gun Nien Chulung im inneren des Stadtteils Lo Chien Chulung auf der Nordseite des Weges um 11 Uhr Vormittags, beginnend am 12. Tage des Monats (Nb 2. Januar) jeden zweiten Tag. Es wird beides, äussere und innere Krankheiten behandeln, besonders aber die äusseren. Wenn der Kranke nicht gehen kann, so sendet jemand nach Fan Dja Isar [?] in Gui Gangs Haus und fragt nach Wong Sching Pu damit er den dt. Offizier einlade, den Kranken zu besuchen.“
Universitätsarchiv Tübingen 576/86
Georg Perthes berichtet seinem akademischen Ziehvater und Briefpartner Friedrich Trendelenburg von seinen Bemühungen, eine Abberufung aus China zu erlangen, um zum Sommersemester 1901 in Leipzig zu sein. Auf dem zweiten Blatt schreibt Perthes: „Ich kann es mir nicht versagen, eine Abschrift der Annonce beizulegen, die in echt chinesischem Stile von einem chinesischen Beamten verfasst, jetzt in ca 100 geschriebenen Exemplaren an den Strassenecken Beijings klebt. Doch bitte ich diese unverschämte Reklame nicht dem ärztlichen Bezirksvereine zu verraten!“
Universitätsarchiv Tübingen 576/86
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