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31.07.2019

Wie Meeressedimente zur Bildung von Treibhausgasen beitragen

Forschungsteam der Universität Tübingen untersucht Mikroben und chemische Prozesse an Küsten als natürliche Quelle für Lachgas

Probennahme aus dem Sediment der dänischen Ostseeküste

Lachgas (Distickstoffmonoxid) ist als Treibhausgas fast 300 Mal so schädlich wie Kohlendioxid. Neben menschengemachten Einflüssen wie der Freisetzung aus Düngemitteln sowie Auto- und Industrieabgasen gibt es auch natürliche Quellen. Bisher kennt man jedoch längst nicht alle Prozesse der Lachgasbildung und deren Größenordnung. Nun hat ein Forschungsteam in der Geomikrobiologie unter der Leitung von Professor Andreas Kappler und Dr. Caroline Schmidt vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Universität Tübingen eine bedeutende Quelle für das klimaschädliche Gas ausgemacht. Es fand heraus, dass nicht allein die Aktivität von Bakterien, sondern auch chemische Prozesse in Sedimenten der Meeresküste zur Bildung von Lachgas führen. Dieser Quelle ist dort bis zu einem Viertel des gebildeten Lachgases zuzuschreiben. Herkunft und Umfang der Produktion klimaschädlicher Gase sind wichtige Informationen, um die künftige Klimaentwicklung einzuschätzen. Die Studie wird in der Fachzeitschrift Scientific Reports veröffentlicht.

„Bisher ging man davon aus, dass in klassischen marinen Küstensedimenten Lachgas hauptsächlich als Zwischenprodukt bei der Umsetzung von Nitrat durch Bakterien entsteht“, sagt Andreas Kappler. Doch habe man damit nicht den ganzen Umfang der Gasbildung erklären können. Ungeklärte Lachgasquellen hätten sich auch bei verschiedenen Studien an natürlichen Systemen wie den Böden von Reisfeldern und an Flusssedimenten ergeben. In der neuen Studie nahm das Forschungsteam Sedimentproben von der dänischen Ostseeküste und stellte im Labor in einem künstlichen Mikrokosmos die draußen herrschenden Bedingungen nach. In der kontrollierten Umgebung ließen sich die ablaufenden Einzelprozesse identifizieren und mengenmäßig erfassen.

Nur die Ausgangssubstanzen stammen von Mikroorganismen

Dabei zeigte sich, dass für einen erheblichen Teil der Lachgaserzeugung die chemische Denitrifika-tion (Chemodenitrifikation) verantwortlich ist. Als Denitrifikation wird ansonsten die mikrobielle Um-wandlung des im Nitrat gebundenen Stickstoffs zu molekularem Stickstoff und Stickoxiden wie dem Lachgas bezeichnet. „Zwar werden die Ausgangssubstanzen der Chemodenitrifikation, zweiwertiges Eisen und Nitrit, ebenfalls durch mikrobielle Prozesse im Sediment gebildet“, erklärt Caroline Schmidt. Doch die Umsetzung zu Lachgas geschehe ohne Beteiligung von Mikroorganismen. Die chemische Reaktion laufe spontan ab. „Dabei wird extrem schnell Lachgas gebildet und freigesetzt“, sagt die Forscherin. Der Umfang der Lachgasbildung durch diese Reaktion könne die bisher rätsel-hafte Herkunft des klimaschädlichen Gases erklären.

„Wir müssen alle durch Menschen verursachten und natürlichen Quellen der Bildung von Treib-hausgasen verstehen, um die künftige Klimaentwicklung abschätzen zu können“, betont Kappler. Schmidt ergänzt: „Die Studie verdeutlicht, wie Prozesse auf kleinster Skala – Interaktionen zwischen Mikroorganismen und der Sedimentchemie – massive Auswirkungen auf globale Umwelt-phänomene wie die Treibhausgasemission haben können.“

Publikation:

Otte JM, Blackwell N, Ruser R, Kappler A, Kleindienst S, Schmidt C. 2019. Cause and effects of N2O formation by nitrite-induced (chemo)denitrification in coastal marine sediment. Scientific Reports, 31. Juli 2019, https://dx.doi.org/10.1038/s41598-019-47172-x 

Kontakt:

Universität Tübingen 
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Zentrum für Angewandte Geowissenschaften
Prof. Dr. Andreas Kappler
+49 7071 29-74992
andreas.kapplerspam prevention@uni-tuebingen.de 

Dr. Caroline Schmidt
+49 7071 29-75496
caroline.schmidtspam prevention@uni-tuebingen.de 

Pressekontakt:

Eberhard Karls Universität Tübingen
Hochschulkommunikation
Dr. Karl Guido Rijkhoek
Leitung

Janna Eberhardt
Forschungsredakteurin
 +49 7071 29-77853
Telefax +49 7071 29-5566
janna.eberhardtspam prevention@uni-tuebingen.de 

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